Theaterdirektor Tobias Ehinger (l.) und Tilmann Insinger vom Amt für Stadterneuerung werben für die "Stadtbühne" im Süden der City.

Theaterdirektor Tobias Ehinger (l.) und Tilmann Insinger vom Amt für Stadterneuerung werben für die "Stadtbühne" im Süden der City. © Oliver Volmerich

Neues Cityquartier „Stadtbühne“: Feierabendmarkt ist erst der Anfang

rnSerie Cityquartiere

Dortmunds City steht vor einem Wandel. Wie soll der aussehen? Dazu haben Dortmunder und Stadtplaner Ideen für neun Quartiere entwickelt. Wir stellen sie vor. Dieses Mal: das Theaterviertel.

Dortmund

, 11.09.2022, 10:52 Uhr / Lesedauer: 3 min

Dieses Viertel ist ein bisschen anders, sagt Tilmann Insinger vom Amt für Stadterneuerung. Tatsächlich ist es ein Stadtviertel, das man als solches kaum wahrnimmt.

Es gibt kaum Geschäfte, ein wenig Wohnen, aber ganz viel Grün und Kultur. Als „die große Stadtbühne“ sehen die Experten von Stadt+Handel das Quartier zwischen Kleppingstraße und Hövelstraße, Kuh- beziehungsweise Prinzenstraße und Wall.

Vom Theater-Komplex (links) übe den Stadtgarten bis zum Stadthaus (rechts) reicht das Cityquartier, das die Experten als „Stadtbühne“ ausgemacht haben.

Vom Theater-Komplex (links) übe den Stadtgarten bis zum Stadthaus (rechts) reicht das Cityquartier, das die Experten als „Stadtbühne“ ausgemacht haben. © Hans Blossey

Das mit der Bühne kann man wörtlich nehmen. Denn davon gibt es gleich mehrere. „Wir sind sogar eine der größten Bühnen in ganz Deutschland“, hebt Theaterdirektor Ehinger mit Stolz hervor. Neben dem Opernhaus gibt es Schauspiel- und Studiobühne. Und eine „Junge Bühne“ als Anbau ans Schauspiel ist fest in Planung.

Das Opernhaus ist Zentrum des Theater-Karrees.

Das Opernhaus ist Zentrum des Theater-Karrees. © Oliver Volmerich

Für Tilmann Insinger gibt es über den Theaterkomplex hinaus in dem Quartier ganz im Süden der City, aber auch noch viele andere Bühnen im übertragenen Sinne. „Der Stadtgarten ist die grüne Bühne als größte Grünfläche der City, vor dem Stadthaus treffen sich die Hochzeitsgesellschaften, es ist als Sitz der Stadtverwaltung die administrative, das Rathaus die politische Bühne der Stadt.“

Auf dem Friedensplatz werden auch immer wieder echte Bühnen aufgebaut - für Demonstrationen, aber auch für ganz besondere Konzertabende wie beim Stadtfest „Dortbunt“ und demnächst wieder zur Museumsnacht.

Bei den Cityring-Konzerten wurde der Friedensplatz schon mehrfach zur großen Klassik-Bühne.

Bei den Cityring-Konzerten wurde der Friedensplatz schon mehrfach zur großen Klassik-Bühne. © Stephan Schuetze

„Freizeit gestalten auf den Bühnen der City“ ist deshalb das Motto der Stadtplaner für das Quartier. Bei Ehinger rennen sie damit offene Türen ein. „Kultur mitten im Stadtzentrum ist eine große Chance“, ist er überzeugt. „Das Quartier hat das Potenzial, nach außen hin auszustrahlen.“

Hier standen die Prachtbauten

Es ist dafür auch ein Ort mit Tradition. Dort, wo heute das Schauspielhaus steht, wurde 1904 der mächtige Theaterbau von Martin Dülfer eröffnet, direkt daneben stand seit 1900 als weiterer Prachtbau die Dortmunder Synagoge. „Eine Zierde der Stadt für ewige Zeiten“ sollten sie sein.

Die historische Postkarte zeigt die Alte Synagoge und links das erste Stadttheater von Architekt Martin Dülfer.

Die historische Postkarte zeigt die Alte Synagoge und links das erste Stadttheater von Architekt Martin Dülfer. © Stadtarchiv

Doch sie fiel schon 38 Jahre später dem Rassenwahn der Nationalsozialisten zum Opfer, wurde auf Beschluss des Stadtrats abgerissen. Heute erinnert ein Mahnmal und der Name des Theatervorplatzes an diesen besonderen Ort: Platz der Alten Synagoge. Nach dem Krieg entstand an dieser Stelle das Opernhaus, das bei seiner Eröffnung 1966 mit seiner besonderen Architektur für das Stadtzentrum gewissermaßen die Krone des Wiederaufbaus war.

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Der Stadtgarten wiederum lud als Grünanlage in früheren Jahrzehnten schon zum Flanieren ein. Seine heutige Gestaltung bekam er Anfang der 1980er Jahre, als er mit seiner gläsernen Pagode zum Knotenpunkt für den Stadtbahn-Verkehr wurde. Und auch der Gauklerbrunnen ist vor allem an heißen Sommertagen ein Anziehungspunkt.

Zuletzt hat der Ruf des Stadtgartens aber etwas gelitten. Alkoholiker-Szene und Straßenkriminalität sorgten dafür, dass sich manche Passanten vor allem in der dunklen Jahreszeit unwohl fühlen. Das belegt auch die City-Umfrage, bei der der Stadtgarten aber durchaus auch als Wohlfühlort genannt wurde.

Mehr Sicherheit im Stadtgarten

Denen, die sich unsicher fühlen, soll aber geholfen werden. Ein Sicherheitsdienst ist im Einsatz. Das Grün wurde zurückgeschnitten, stattdessen setzt das Grünflächenamt mit immer neuer Bepflanzung farbige Akzente. „Auch die Beleuchtung wird erneuert“, verspricht Tilmann Insinger. „Das Thema Sicherheit ist erkannt.“ Und man wolle den Stadtgarten noch stärker nutzbar machen.

Handlungsbedarf sehen die Experten auch auf dem Platz der Alten Synagoge vor dem Opernhaus. Es mangelt, wie es im Planerdeutsch heißt, an Aufenthaltsqualität. „Er ist zurzeit eher ein Geisterplatz“, drückt es Tobias Ehinger aus. Doch die Theaterleute selbst wollen ihn mit Leben füllen.

Dazu beitragen sollen neben einer Theaterbar mit Außengastronomie auch Veranstaltungen. Eine davon startet am 8. September und soll dann möglichst dauerhaft in Serie gehen: ein Feierabendmarkt.

Er soll alle 14 Tage donnerstags ab 16 Uhr stattfinden, kündigt der Theaterdirektor an. Zum Markteinkauf sollen Gastronomie und ein Kulturangebot des Theaters kommen. „Es geht um Zusammenkommen und gemeinschaftlich Kultur erleben. Das wollen wir verstärkt unterstützen“, sagt Ehinger.

Handel, Kultur und Genuss vereint - das passt natürlich bestens zur „grünen Stadtbühne“.

ZUR SACHE

DAS PROJEKT

  • Das Büro Stadt + Handel wurde von der Stadt Dortmund beauftragt, für eine Stärkung der City die konzeptionellen Grundlagen für ein Citymanagement zu erarbeiten. Das Projekt wird mit 100.000 Euro vom Land NRW gefördert und das Büro begann im Juni 2021 seine Arbeit.

  • Die Experten definierten neun Quartiere innerhalb des Walls, die unterschiedliche Stärken und Schwächen aufweisen. In vielen Werkstattgesprächen mit den Akteuren in den Quartieren wurden jeweils Zukunftsideen entwickelt. Diese wurden jetzt in einem Zwischenbericht dargelegt.

  • Der Rat der Stadt erhält am Ende dieses Jahres einen Abschlussbericht als Diskussionsgrundlage. Letztlich soll dann ein „Regiebuch“ beschlossen werden, das von einem Citymanagement für die Dortmunder City umgesetzt wird.
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