Dr. Cathrin Peterek demonstriert hier an einer Patientin den Laser-Einsatz. © Oliver Schaper
Tattoos mit lebensgefährlichen Risiken
Teures Gift unter der Haut
Der Trend zu Tattoos ist ungebrochen. Welche möglichen Giftstoffe dabei unter die Haut gelangen, wissen nur die wenigsten Kunden von Tattoo-Studios. Einige Tattoo-Träger wollen die Körperkunst wieder loswerden. Ein langwieriges und teures Unterfangen.
„Wenn es sogar Männer aushalten, kann es nicht so schlimm sein.“ Das ist der Lieblingsspruch des Dortmunder Hautarztes Dr. Dirk Eichelberg. Unter seinen Lasern landen Menschen, die ihrer Tattoos überdrüssig sind. Die Behandlung mit einem Laser sei nicht schmerzhafter als das Tattoo-Stechen selbst, sagt Eichelberg.
Patientin Annika T. sieht das anders nach ihrer fast dreijährigen Behandlung anders. Die heute 41-Jährige spricht von „jugendlichem Leichtsinn“, der sie dazu bewogen hatte, sich im Alter von 18 Jahren das erste Tattoo stechen zu lassen: zwei japanische Schriftzeichen am Oberarm. Mit 19 kam ein Panther hinzu, gestochen am Knöchel von einem Bekannten auf dem Dachboden ihres Elternhauses. Heute schüttelt sie den Kopf darüber. Der Panther sei nicht als solcher zu erkennen gewesen.
Mit 29 Jahren ging sie zu einem Profi, ließ sich am rechten Bein eine Rose stechen und darunter den Namen ihres Sohnes. Für die alleinerziehende Mutter eines mehrfach behinderten Kindes steht fest: „Der Name meines Sohnes bleibt.“
Der Profi hatte sie über die verwendete Farbe aufgeklärt, und zwar schriftlich. Annika T. musste ihm dies vor dem Tattoo-Stechen durch ihre Unterschrift bestätigen. Für Prof. Dr. Dorothée Nashan hat das Seltenheitswert. Die Direktorin der Hautklinik am Klinikum Dortmund hat andere Erfahrungen gemacht. Es würden problematische Farben verwendet und in der Regel nichts dazu gesagt.
Fast 5000 Euro bezahlt
Mit 36 Jahren war Annika T. ihrer ersten beiden, unprofessionell gestochenen Tattoos und der Rose überdrüssig. Fast drei Jahre lang unterzog sie sich der teuren Entfernung mit Hilfe eines Lasers. T. erduldete insgesamt 19 Sitzungen, jeweils im Abstand von sechs Wochen.
„Es tut mehr weh als das Tätowieren“. Sie gab fast 5000 Euro für die Entfernung aus, bereut dies aber nicht: „Ich wollte die ersten Tattoos schon immer weghaben, sie gefielen mir nicht mehr.“ Die Werbung der Hautklinik im Internet hielt jedenfalls bei Annika T., was sie versprach: eine narbenfreie Entfernung.
Pigmente werden zertrümmert
Dr. Cathrin Peterek aus der Hautarztpraxis verwendete bei Annika T. einen sogenannten Yag-Laser. „Das ist ein Gerät, das die Laserenergie in sehr kurzer und intensiver Weise abgibt. Je nach Wellenlänge werden unterschiedliche Farben der Tätowierung erreicht. In unserem Fall reagiert schwarzes Pigment auf den Laserimpuls“, sagt sie. Im Endeffekt werden die Pigmente in der Haut zertrümmert. Die Laserentfernung von Tätowierungen gelingt gut bei rein einfarbigen schwarzen Tattoos. Farbige Tattoos sind in der Regel nicht komplett zu entfernen.
Mit Hakenkreuz keinen Job
Mit einem gestochenen Hakenkreuz auf dem Unterarm kam ein junger Mann in die Hautklinik am Klinikum. Er fand keinen Job mit dem Nazi-Symbol. Das Team um Chefärztin Nashan entfernte das Tattoo ebenfalls per Laser und verbarg während dieser langen Prozedur das langsam verblassende Tattoo unter Bandagen.
In diesem Fall ging es „nur“ um den Job, im Fall einer Mutter um deren Leben. Die Farbe der Tattoos ziehe in die Lymphknoten, sagt Dorothée Nashan. Ihre Patientin hatte ein Melanom entwickelt, einen schwarzen Hautkrebs. Mögliche Metastasen waren aber aufgrund der Farbpigmentierungen in den Lymphknoten nicht zu diagnostizieren.
Schwarzer Hautkrebs
Muttermale, schwarzer Hautkrebs, Granulome, also entzündungsbedingte, knotenartige Gewebeneubildungen, schwere Infektionen und Allergien – die Palette der hohen gesundheitlichen Risiken bei Tattoos ist riesig. Nashan gibt einen Überblick:
Infektionen: Durch kontaminierte Farbe können Keime tief in die Haut eindringen. Auch HIV und Hepatitis können durch unsterile Materialien übertragen werden.
Chronische Erkrankungen: Schuppenflechte und Schmetterlingsflechte können durch Tattoos neu entstehen oder wieder aufflammen.
Allergien: Am häufigsten reagiert die Haut gegen die rote Farbe, die unter anderem Quecksilbersulfid enthalten kann. Daneben können Chrom in grüner Farbe, Cadmium in gelber oder orangener Farbe, Kobalt in blauer und Magnesium in violetter Farbe Unverträglichkeitsreaktionen erzeugen. Teils werden krebserregende Azofarben, Autolacke und Druckerfarben beim Tätowieren verwendet sowie Eisenoxid mit einem Nickelanteil. Nickel ist weltweit ein führendes Allergen.
Hautreaktionen können selbst Jahrzehnte später auf Tätowierungen folgen.
Muttermal und schwarzer Hautkrebs: Aufgrund von Tattoos ist die Haut schlecht zu beurteilen, und Melanome sind erst spät zu erkennen. Das trifft besonders auf schwarz-blaue Tattoos zu. Je später ein Melanom erkannt wird, umso dicker dies angewachsen ist, desto eingeschränkter ist die Lebensprognose. Tattoofarben werden über das Lymphsystem weiter transportiert, deshalb ist eine Absiedlung von Melanomzellen in Lymphknoten kaum zu leisten im Abgleich zur Farbe.
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