In den vergangenen Monaten war es unruhig an den Spitzen einiger städtischer Tochterunternehmen. Der jüngste eher unschöne Rauswurf von Sportwelt-Chef Jörg Husemann steht nicht allein. Es stellt sich die Frage, ob da etwas im Argen liegt, bei der Stadt und ihren Führungskräften.
Ein weiteres Beispiel: Um Klinikums-Chef Marcus Polle, als ausgewiesener Experte nach Dortmund geholt, gab es so viel Ärger, dass die preisgekrönte Öffentlichkeitsarbeit des Klinikums hinschmiss. Jetzt soll Marcus Polle das Klinikum vorzeitig verlassen.
Aber auch bei der Besetzung von Spitzenpositionen hat es zuletzt rumort. Die Neuaufstellung des EDG-Aufsichtsrats artete 2022 in einen Machtkampf zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmer aus. Und nachdem Guntram Pehlke als Vorstandschef von DSW21 von der vorherigen DEW21-Chefin Heike Heim abgelöst wurde, konnte für ihren frei gewordenen Chefsessel beim Energieversorger ein hochkarätiger Nachfolger vorerst nur als „Manager auf Zeit“ gefunden werden.
Was macht es für die Stadt Dortmund schwierig, die Führungspositionen ihrer Tochterunternehmen zu besetzen? Darüber haben wir mit der Prof. Maximiliane Wilkesmann gesprochen. Die 48-Jährige ist Inhaberin der Heisenberg-Professur für Arbeits- und Organisationssoziologie an der Fakultät Sozialwissenschaften der TU Dortmund.
Frau Professorin Wilkesmann, was ist der Unterschied zwischen öffentlichen Unternehmen und rein privaten?
Anders als private Unternehmen müssen öffentliche Unternehmen in erster Linie öffentliche Aufgaben erfüllen. Also zum Beispiel die Energie- oder Wasserversorgung, die Krankenversorgung oder Aufgaben im kulturellen oder im sozialen Bereich. Die Ziele dieser Unternehmen werden also nicht primär über den Markt geregelt, also Angebot und Nachfrage, sondern auch in politisch-öffentlichen Prozessen ausgehandelt und gesetzt.
Welche Rolle spielt die Stadt Dortmund für ihre Tochterunternehmen?
Die ist natürlich an Entscheidungen beteiligt. Insbesondere werden die Geschäftsführer, zum Beispiel von Stadtwerken oder kommunalen Krankenhäusern, von der Stadt eingesetzt.
Was bedeutet das für Führungskräfte?
Führungskräfte müssen auch in kommunalen Unternehmen auf den Markt reagieren. Allerdings müssen sie auch dem Netzwerk kommunaler Verflechtungen gerecht werden. Und das ist eine größere Herausforderung, als sie Manager in privatwirtschaftlichen Unternehmen haben.
Was meinen Sie mit „kommunalen Verflechtungen“?
Zum Beispiel bei DSW21: Da sitzen neben der Arbeitgeberseite im Aufsichtsrat nicht nur die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern dann auch noch zwei Ratsmitglieder und eine Vertretung des Oberbürgermeisters. Dementsprechend können da auch Entscheidungen verhindert oder zumindest politisch beeinflusst werden.
Ist es für ein städtisches Unternehmen schwieriger, gute Führungskräfte zu gewinnen?
Ja klar. Das hat einerseits mit den vielen Interessen zu tun, die Führungskräfte in kommunalen Unternehmen ausgleichen müssen. Dann gibt es natürlich auch Einschränkungen, die sich zum Beispiel aus dem Vergaberecht ergeben. Und man steht auch in Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Einrichtungen. Da gibt es ein deutliches Lohngefälle, sowieso schon zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor und bei städtischen Unternehmen noch mal besonders. Und auch variable Vergütungen sind im Top-Management sehr verbreitet, bei kommunalen Unternehmen aber eher die Ausnahme.

Sie haben intensiv zu Führungskräften in kommunalen Krankenhäusern geforscht. Da gibt es mit dem Chef des Klinikums, Marcus Polle, ja gerade einen aktuellen Fall. Was ist da ihrer Einschätzung nach schief gelaufen?
Zunächst mal hat sein Vorgänger, Rudolf Mintrop, extrem gut gearbeitet. Er hat das Haus insgesamt wieder in die schwarzen Zahlen gehievt und die richtigen Leute an die richtigen Stellen gebracht. Und so wie sich der Fall für mich jetzt darstellt, muss es bei seinem Nachfolger, Marcus Polle, Kritik am Führungsstil gegeben haben.
Herr Polle ist ein ausgewiesener Fachmann der Gesundheitswirtschaft, aber anscheinend war in der Organisation ein anderer Führungsstil an der Tagesordnung. Die Fluktuation war dann sehr groß. Und dass das preisgekrönte Team der Öffentlichkeitsarbeit gegangen ist, das war schon eine Abstimmung mit den Füßen. Ich vermute, man hat sich dann für den recht drastischen Schritt entschieden, ihn abzuberufen, bevor ein noch größerer Schaden entsteht.
Ecken externe Experten in städtischen Unternehmen eher an?
Das würde ich jedenfalls so pauschal nicht sagen. Früher sind häufig Eigengewächse aus der Verwaltung in die Führung von städtischen Unternehmen gekommen. Guntram Pehlke war ja so ein Beispiel. Er hat über ein lokales Netzwerk einen Aufstieg innerhalb der Kommune in verschiedensten Funktionen vollzogen. Und dann hat man, klar, auch ein etwa besseres Fingerspitzengefühl.
Es gibt aber immer mehr Manager mit Business-Know-How, die als Quereinsteiger da reinkommen. Und das braucht es auch. Die werden aber natürlich schon vor vielleicht unerwartete Probleme gestellt. Aber Rudolf Mintrop war ja beispielsweise auch ein Externer, hatte auch nicht diesen, in Anführungsstrichen, „Stallgeruch“ der Stadt Dortmund. Und bei ihm hat es ja gut funktioniert.
Ist Ihrer Einschätzung nach die Parteizugehörigkeit bei der Besetzung von Spitzenpositionen in städtischen Unternehmen wichtig?
Netzwerke spielen sicherlich eine Rolle. Aber es nützt natürlich der Partei auch nicht, wenn sie eine Person beruft, die einfach keine Ahnung hat von dem Geschäft. Das muss schon Hand in Hand damit gehen, dass man fähige Leute in solche Führungspositionen setzt.

Kommen wir noch auf Sportwelt-Chef Jörg Husemann zu sprechen. Wäre so ein Rauswurf samt Hausverbot in der privaten Wirtschaft auch vorstellbar?
Ich kenne den Fall zu wenig, als dass ich mich da im Detail äußern kann. Zumindest nach dem, was ich aus der Presse entnehmen konnte, gab es da ja Unregelmäßigkeiten. Und dann ist es schon nicht unüblich, dass wenn Leute gekündigt werden, die ihre Box packen und das Unternehmen verlassen müssen. Man kennt das ja aus dem Film. Aber wie das im konkreten Fall war, kann ich nicht sagen.
Wenn Sie sich die Wechsel bei den Führungskräften städtischer Unternehmen in den vergangenen Monaten anschauen: Lassen sich Fehler erkennen, die die Stadt gemacht hat?
Ich glaube, die Geduld ist mittlerweile auch in der Privatwirtschaft nicht mehr so groß, sozusagen Fehler zu verzeihen. Man sucht sich dann doch lieber eine Person, von der man sich mehr erhofft. Das kennen wir ja auch von Fußballvereinen, also dem Trainerwechsel. Ich habe nicht den Eindruck, dass das ein systemischer Fehler speziell in Dortmund ist. Das geht eher mit den Anforderungen einher, die an diese Ämter gestellt werden - und die dann vielleicht nicht bedient werden können.
Haben Sie zum Abschluss einen Tipp für die Stadt Dortmund, wie man gute Führungskräfte findet, gewinnt und hält?
Ich finde, die Stadt Dortmund hat insgesamt schon einen sehr guten Wandel hingelegt, von der Stahlproduktion und dem Abbau von Kohle in Richtung Dienstleistungsgesellschaft. Das heißt, man hat eigentlich hier gute Bedingungen, arbeiten zu können und diesen Wandel auch ein Stück weit mitgestalten zu können. Vielleicht ist das das Asset, das sich die Stadt Dortmund noch mehr auf die Fahnen schreiben kann. Und auch in Richtung Zukunft der Arbeit: Bei einem Projekt mit Studierenden war ich kürzlich sehr beeindruckt, was die Stadtverwaltung in Sachen agile Arbeitsmethoden auf die Beine gestellt hat. Von daher ist da schon viel in Bewegung. Aber einen Geheimtipp habe ich leider nicht.
Unrühmlicher Abgang für Sportwelt-Chef Husemann: So hätte das wirklich nicht laufen müssen, liebe Ge
Klinikum-Chef Polle soll tatsächlich gehen: Aufsichtsräte greifen durch
Hochkaräter wird neuer DEW21-Chef: Er beriet schon die Bundesregierung bei einem heiklen Deal