Klinikum-Chef Polle soll tatsächlich gehen Aufsichtsräte greifen durch

Aufsichtsrat greift durch: Klinikums-Chef soll den Schreibtisch räumen
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Die Hoffnungen waren groß, als OB Thomas Westphal und Birgit Zoerner als städtische Gesundeitsdezernentin im Juni 2021 den fünfjährigen Dienstvertrag von Marcus Polle unterschrieben. Vom Klinikum Dresden kommend, galt der diplomierte Betriebswirt als geeigneter Nachfolger für den langjährigen Krankenhauschef Rudolf Mintrop, der das einst defizitäre, rund 5.000 Mitarbeiter große Haus in die schwarzen Zahlen geführt hatte.

Doch es sollte wohl nicht sein: Eineinhalb Jahre nach seinem Amtsantritt Anfang 2022 muss Polle seinen Schreibtisch wieder räumen. Darauf hat sich der Aufsichtsrat des Klinikums in seiner Sitzung am Freitag (16.6.) verständigt – und an die Stadt Dortmund als Gesellschafterin die „Empfehlung“ gerichtet, Polle vom Vorsitz der Krankenhaus-Geschäftsführung abzuberufen. Es wird erwartet, dass OB Thomas Westphal den Schritt am Montag (19.6.) vollziehen wird. Polle soll einen Auflösungsvertrag erhalten.

Trotz mehrfacher Versuche der Redaktion war Polle für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Dass es zwischen ihm und großen Teilen der Belegschaft zu einem offenen Bruch gekommen ist, gilt in Kreisen der Politik als offenes Geheimnis. Wie zu erfahren war, soll Polle es sich vor allem mit den Direktoren und Chefärzten der einzelnen Kliniken und Abteilungen verdorben haben.

Der Druck wurde zu groß

In mehreren Gesprächen mit der Stadtspitze und Teilen der Politik sollen Vorwürfe wie „mangelnde Kommunikation und autoritärer Führungsstil“ laut geworden sein. Andere wiederum sollen bemängelt haben, es sei „keine Strategie“ für die weitere Zukunft des größten kommunalen Krankenhauses in NRW erkennbar.

Marcus Polle, Vorsitzender der Klinikums-Geschäftsführung.
Marcus Polle, Vorsitzender der Klinikums-Geschäftsführung. © privat

Widerspiegeln soll sich die massive Kritik angeblich auch in einem von mehr als 20 Direktoren/Chefärzten unterschriebenen „Brandbrief“. In dem sollen Beschwerdeführer mehr oder weniger deutlich machen, dass sie das Klinikum notfalls verlassen, sollte sich an der Spitze nichts ändern.

Um dem Haus in der Außendarstellung keinen Schaden zuzufügen, sei der Brief zurückgehalten worden.

Sicher überprüfen ließen sich die Angaben jedoch nicht.

Offenbar war der Druck auf dem Kessel zuletzt so groß geworden, dass sich die Stadtspitzen zum Handeln gezwungen sahen. Am Donnerstag (15.6.) kam die Personalie eilig und für viele überraschend auf die Tagesordnung des Ältestenrates – einen Tag später lag sie bereits den Klinikums-Aufsichtsräten vor.

Wie es nach der formellen Abberufung von Polle auf der Chefetage des Krankenhauses weitergeht, bleibt vorerst offen - zumal sich hartnäckig das Gerücht hält, auch Arbeitsdirektor Karsten Schneider werde sich bald verabschieden.

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