Ein Busfahrer kann sich an diesem Nachmittag nicht anders behelfen. Mit einem Reifen fährt er über den schmalen Gehweg an den Siedlungshäusern. Anders erscheint es nicht möglich, hier einen Lenkbus durch die enge Fahrbahn der Straße „Am Wittfeld“ in Dortmund-Derne durchzumanövrieren.
Denn hinzukommen die Fahrzeuge, die an den Straßenrändern geparkt wurden. Nur wenige Zentimeter schiebt sich der Bus an Fahrzeugen und Passanten vorbei.
Für die Anwohnerin Stefanie Kahnau ist es ein gewohntes Bild im Wittfeld. Knapp 120 DSW21-Busse am Tag seien es, die die Straße befahren. Daher haben die Anwohner ihre Fahrzeuge mangels Alternativflächen bisher gewöhnlich auf dem Gehweg geparkt.
Bußgelder vom Ordnungsamt
Zumindest bis zum 6. Oktober, einem Freitag, als das Ordnungsamt plötzlich Bußgelder wegen Falschparkens verteilt habe. „Erst hieß es, es wird geduldet - jetzt kommt das Ordnungsamt“, schimpft Stefanie Kahnau. 55 Euro sind pro Kfz-Nutzer fällig geworden.

Doch es seien nicht nur hier Knöllchen verteilt worden, sondern ebenso an angrenzenden Straßen, wie Kahnau berichtet: „Die haben innerhalb von einer Stunde bestimmt mal eben tausend Euro kassiert.“
Was sie ebenso ärgert: Das Ordnungsamt habe vorher nichts angekündigt. „Keiner von uns hatte auf den Wagen Karten, die darüber informieren, dass demnächst Bußgelder verteilt werden.“ Seitdem genau das unerwarteterweise geschehen sei, parke hier niemand mehr auf dem Gehweg.
Beschwerden riefen das Ordnungsamt auf den Plan
Von der angespannten Lage habe das Ordnungsamt mittlerweile Notiz genommen, wie Christian Stein, Sprecher der Stadt Dortmund, auf Nachfrage dieser Redaktion antwortet: „Die Verkehrsüberwachung des Ordnungsamtes ist erst durch einige Bürgerbeschwerden und Beschwerden der DSW21 auf die Situation in der Straße Am Wittfeld aufmerksam gemacht worden.“
Weiter heißt es: „Die daraufhin durchgeführte Kontrolle der Verkehrsüberwachung hat ergeben, dass dort Fahrzeuge mit zwei Rädern auf dem schmalen Gehweg geparkt haben“, so Stein. „Es mussten nach Hinweiszetteln bislang mehrere Verwarnungen erteilt werden. Falsch geparkte Fahrzeuge mussten nicht abgeschleppt werden.“
Beschädigte Außenspiegel
Trotzdem befürchten Anwohner, dass es zu Schäden kommt: „Jetzt müssen wir am Fahrbahnrand parken und aufpassen, dass ein Bus nicht unsere Autos berührt“, so Kahnau. „Es gibt hier auch Autos, an denen sich nicht die Spiegel einklappen lassen.“

Ihre Nachbarin berichtete etwa, dass die Außenspiegel ihres Autos deswegen bereits beschädigt worden seien. Das gelte ebenso für die Gehwege aufgrund des hohen Busverkehrs. Dabei hätten viele Anwohner vor zehn Jahren für die Sanierung von Straße und Bürgersteig dazu zahlen müssen.
„Legalisierung des ‚Gehwegparkens‘ nicht möglich“
Ausreichende Parkplätze fehlten ohnehin in der Siedlung. Und die Antwort der Stadt Dortmund lässt vermuten, dass in dieser Hinsicht kein Spielraum besteht: „Es kann nur der zur Verfügung stehende öffentliche Verkehrsraum zum Parken genutzt werden. Dazu zählen die Fahrbahnen und die Gehwege“, erklärt Stadtsprecher Stein. „Die Fahrbahnen stehen schon im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zum Parken zur Verfügung.“

Auf den Gehwegen sei es laut der Straßenverkehrsordnung ohnehin nicht erlaubt zu parken. Einzige Ausnahme bestehe, wenn dies durch eine entsprechende „Gehwegparken“-Beschilderung erlaubt sei. Die dafür vorgesehene sogenannte „Restgehwegbreite“ betrage mindestens zwei Meter.
„Diese können leider entlang der Straße Am Wittfeld nicht eingehalten werden“, argumentiert Stein. „Aus diesem Grund ist die Legalisierung des ‚Gehwegparkens‘ nicht möglich.“
Warten auf Buswendeschleife
Neben Kahnau sind es an diesem Dienstag (10.10.) mehr als ein Dutzend Anwohner, die sich über die Probleme in der Siedlung beklagen. Wegen des ständigen Busverkehrs seien vor allem Familien in Sorge: „Viele haben hier Kinder, die auf den Bürgersteigen spielen“, erzählt Kahnau. „Man muss aber alle paar Minuten das Spielen mit den Kindern unterbrechen, weil hier ein Bus durchfährt.“
Die Nachbarschaft wendete sich daher an Peter Szymkowiak, Vorsitzender der SPD-Derne, der an diesem Dienstagnachmittag ebenso vor Ort ist. „Fast die gesamte Straße sucht nach Lösungen“, so Szymkowiak. Unter anderem schlagen sie vor, dass die Fahrbahn Im Wittfeld zu einer Einbahnstraße wird. So bleibe Gegenverkehr und damit enge Manöver aus.

Das Ordnungsamt bezweifelt indes, ob eine Einbahnstraße zusätzlichen Parkraum schaffe. Dafür müssten ebenfalls 3,05 Meter Restbreite der Straße zum Parken verbleiben. „Eine Einbahnstraße verursacht Umwege für die Anwohner, eine höhere Feinstaubbelastung und führt in den meisten Fällen zu erhöhten Geschwindigkeiten, da kein Gegenverkehr vorhanden ist“, erklärt Christian Stein. „Der Verkehr könnte außerdem in weniger geeigneten Straßen verdrängt werden und dort zu zusätzlichen Verkehrsproblemen führen.“
Obwohl die Einrichtung einer Einbahnstraße also zwar den Gegenverkehr verhindern würde, bringe sie die erwähnten Nachteile mit sich.

Aber der Bau einer Buswendeschleife im oberen Bereich der Straße Im Schellenkai würde die angespannte Situation entschärfen. Eine solche Wendeschleife ist auch in Planung – bereits seit 2013. Zuletzt herrschte diesbezüglich Stillstand.
Szymkowiak brachte noch am Dienstagabend eine Stellungnahme in der Bezirksvertretung Scharnhorst ein, die mehrere Anwohner im Wittkamp unterzeichneten.
Bei der Versammlung habe man sich darauf verständigt, eine gemeinsame Ortsbegehung mit Anwohnern und der Verwaltung zu terminieren, wie Szymkowiak zwei Tage später am Telefon berichtet: „Um eine Lösung herbeizuführen.“

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