Das Dortmunder Ehepaar Anja und Serkan Özdemir arbeitet in einem Büro bei derselben Firma.

Das Dortmunder Ehepaar Anja und Serkan Özdemir arbeitet in einem Büro bei derselben Firma. © Joscha F. Westerkamp

„Er kann nichts verheimlichen“: Anja und Serkan arbeiten bei derselben Firma

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Anja und Serkan Özdemir verbringen den ganzen Tag miteinander. Das Dortmunder Ehepaar arbeitet in derselben Firma. Sie erzählen, wie sich das anfühlt – und was bei Streit passiert.

Dortmund

, 22.08.2022, 08:15 Uhr / Lesedauer: 3 min

Wenn Anja morgens aufwacht, ist Serkan da. Wenn Anja morgens frühstückt, ist Serkan da. Und wenn Anja morgens zur Arbeit fährt – ist Serkan immer noch da. Denn die beiden arbeiten zusammen bei derselben Firma – sogar im selben Büro. Und da haben sie sich sogar ganz bewusst für entschieden. Anja hat ihren Mann selbst angeworben.

„Früher hätte ich mir nie vorstellen können, mit meinem Partner zusammenzuarbeiten“, sagt Anja (39). „Am Anfang kann man sich ja gar nicht vorstellen, wie das so ist.“ Anfangs hätte sie das wohl auch nie gewagt – doch die beiden haben sich bereits am Arbeitsplatz in einer anderen Firma kennengelernt.

Schon am Arbeitsplatz kennengelernt

„Ich war neu in dem Unternehmen, und Anja sollte mich einarbeiten“, erzählt Serkan (46). „Ich war natürlich pünktlich, aber sie kam viel zu spät. Und als sie dann da war und ich sie gefragt habe, ob sie diejenige sei, die mich einarbeiten soll, meinte sie nur: 'Was meinst du, warum ich sonst hier sei.' Tja – eine Woche später waren wir ein Paar.“

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Das ist mittlerweile zwölf Jahre her. 2013 haben die beiden geheiratet, mittlerweile sind sie Eltern von zwei Kindern (5 und 8). „Zuerst haben wir das mit uns geheimgehalten“, sagt Serkan. „Das ist auch drei Wochen gutgegangen – bis einem Kollegen aufgefallen ist, dass ich mir genau dieselben Urlaubstage genommen habe wie sie.“

Die beiden verbinde einfach das gemeinsame Interesse am Job. Sie arbeiten beide als Immobilienfinanzierungsberater, kommen ursprünglich aus der Bankbranche. „Immobilien sind schon fast zum gemeinsamen Hobby geworden“, sagt Anja.

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„Wir besitzen selbst mehrere Immobilien, die wir vermieten. Nur wenige Monate, nachdem wir uns kennengelernt haben, haben wir uns ein gemeinsames Haus gekauft. Und wenn wir nach der Arbeit spazieren gehen, gucken wir uns auch andere Häuser an und überlegen, was wir da vielleicht noch anders machen würden.“

Man kann die Arbeit nicht mit der Beziehung vergleichen

Serkan: „Wir arbeiten auch einfach gerne zusammen. Ich weiß immer gar nicht, was andere sich vorstellen, mit der eigenen Frau zu arbeiten. Man darf die Zeit im Büro nicht vergleichen mit der Zeit in der Beziehung – wir arbeiten hier. Wirklich schön ist, die Zeiten dazwischen gemeinsam zu haben.“

Besonders wertvoll ist für die beiden, die Pausen gemeinsam verbringen zu können.

Besonders wertvoll ist für die beiden, die Pausen gemeinsam verbringen zu können. © Joscha F. Westerkamp

Andere Paare sähen sich nur sehr wenige Stunden am Tag. „Wenn wir uns den ganzen Tag sehen, ist das schon sehr intensiv“, sagt Anja. „Das fühlt sich an, als würden wir uns doppelt so lange kennen. Ich kenne jeden seiner Gesichtsausdrücke. Er kann nichts vor mir verheimlichen.“

Aber: „Wir wissen auch, wann Schluss mit Arbeit ist und Zeit für die Kinder“, so Serkan. Spreche man dennoch nach der Arbeit mal über die Arbeit, könne man einfach weit mehr in die Tiefe gehen, als das sonst möglich sei. „Sonst tauscht man sich ja nur darüber aus, was so gewesen ist – und das war es dann. Da gibt es viel weniger Schnittpunkte.“

Sieben Jahre lang getrennt gearbeitet

Die beiden kennen den Vergleich – denn nach vier Jahren hat Anja die Firma gewechselt, und die beiden haben nicht mehr zusammengearbeitet. „In der Zeit haben wir schon weniger über den Job gesprochen“, sagt Serkan. Auch konnte er wieder mehr verheimlichen.

„Ich war früher noch mehr zu Hause und habe auf die Kinder aufgepasst“, so Anja. „Serkan ist dann manchmal noch nach der Arbeit im Büro geblieben und hat mit Kollegen gekickert, ohne es mir zu sagen. Das kann er jetzt nicht mehr.“

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Dennoch hätten es die beiden nach ein paar Jahren echt vermisst, miteinander zu arbeiten. Seit letztem Jahr arbeitet Anja nun bei „Baufi24“, einem sich in Dortmund gerade aufbauenden Franchise-Unternehmen, das bis dahin nur aus den zwei Geschäftsführern bestand.

Bei der Einstellung eines weiteren Mitarbeiters wurde auch Anja um Rat gefragt. „Sie haben mich dann gefragt, ob ich wen kenne, der gut in dem Job ist“, erzählt Anja. „Klar, habe ich gesagt. Meinen Mann.“

Jens Möllenbeck (l.) und Florian Kolitsch sind die beiden Chefs des Ehepaars.

Jens Möllenbeck (l.) und Florian Kolitsch sind die beiden Chefs des Ehepaars. © Joscha F. Westerkamp

Für die beiden Chefs nicht gerade das, womit sie gerechnet hätten. „Natürlich hat man Angst, den Mann einzustellen“, sagt Florian Kolitsch (31). „Wir hatten keine Personalerfahrung, und dann kam direkt so ein schwieriger Fall.“

Etwas beruhigter seien sie gewesen, weil Anja und Serkan schon vier Jahre lang zusammengearbeitet hätten, so der andere Geschäftsführer Jens Möllenbeck (31). Und ein weiterer Grund für ihre Entscheidung, den Mann einzustellen: „Wir mussten ja nicht nur ihnen vertrauen, sondern auch sie uns, weil wir noch in der Existenzbildungsphase stehen. Da haben wir uns gegenseitig das Vertrauen geschenkt.“

Aber wenn es doch mal in der Beziehung hakt – wie ist das eigentlich bei Streit? „Das kann man ausschalten“, sagt Anja. „Im Büro wird gearbeitet – und danach gehts weiter. Wenn es ganz schlimm ist, könnte auch einer von uns im Home-Office arbeiten. Dazu musste es aber noch nie kommen.“