Die Rechtsanwältin und Notarin Barbara Düllmann weiß, wie Paare und Familien Steuern sparen können.

Die Rechtsanwältin und Notarin Barbara Düllmann weiß, wie Paare und Familien Steuern sparen können. © Udo Hennes

Bis zu 30 Prozent: Das Haus den Kindern zu schenken, spart einiges an Steuern

rnVermögen früh verteilen

Wie jemand mit seiner Erbmasse umgeht, geht in erster Linie ihn selbst etwas an. Aber wer seinen Erben wohlgesonnen ist, sollte sich mit Schenkungen beschäftigen. Das spart den Kindern sehr viel Geld.

Holzwickede

, 12.08.2022, 05:55 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ob ich mich zu Lebzeiten von meinem Eigentum, zum Beispiel von einem Haus, trenne, ist eine Frage der persönlichen Einstellung, aber auch des Verhältnisses zu meinen Angehörigen.

Einige Argumente sprechen objektiv dafür, dass man sein Eigentum bis zum Tod behält, viele aber auch für eine Übertragung zu Lebzeiten, beispielsweise an die eigenen Kinder – zumal es möglich ist, sich Rückforderungsrechte vorzubehalten und sich selbst durch verschiedene juristische Instrumente abzusichern.

In jedem Fall spart die Familie im Ganzen einiges an Steuern, wenn das Vermögen vorher aufgeteilt wird. Worauf man dabei achten muss und was Erben im Einzelnen erspart werden könnte, darüber klärt Barbara Düllmann auf. Sie ist Rechtsanwältin und Notarin in Holzwickede, hat ihren Schwerpunkt vor allem im Zivilrecht.

Was bedeutet eine Übertragung von Vermögen im juristischen Sinn?
Ein Übergabe- oder Überlassungsvertrag ist kein speziell im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelter Vertrag. Es wird vielmehr immer dann von einem Übertragungs- oder Überlassungsvertrag gesprochen, wenn die Übertragung vorgenommen wird, um eine später ohnehin eintretende Erbfolge bereits zu Lebzeiten vorwegzunehmen.

Was spricht dafür?

Für die Entscheidung, bereits zu Lebzeiten Vermögen in Form von Grundbesitz zu übertragen, gibt es vielfältige Motive:

  • Die Vermögensnachfolge lässt sich so vorausschauender planen und gestalten.
  • Künftige Erbstreitigkeiten können durch eine vorherige Verteilung unter mehreren Kindern vermieden werden.
  • Die Pflichtteilsansprüche weiterer Kinder können durch die Übertragung an ein bestimmtes Kind aus persönlichen Gründen reduziert oder gar vermieden werden.
  • Die Versorgung des Übergebers kann auf diese Weise sichergestellt werden.
  • Ein möglicher Sozialhilferegress, beispielsweise bei erheblichen Kosten des Pflegeheims, die trotz Rentenbezuges, Leistungen der Pflegeversicherung und zusätzlicher privater Vorsorge nicht immer gedeckt sind, kann vermieden werden.
  • Auch und vor allem aber ist auf diese Weise eine erhebliche Reduzierung oder gar Vermeidung anfallender Erbschaftsteuer durch die mehrfache Ausnutzung von Steuerfreibeträgen möglich.

Wie viel Vermögen kann ich einem engen Verwandten übertragen, ohne Steuern zu bezahlen?

Aktuell beträgt der einem leiblichen Kind zustehende Steuerfreibetrag sowohl bei einer Schenkung als auch bei einer Erbschaft gegenüber jedem Elternteil 400.000 Euro. Ehegatten verfügen derzeit sogar über einen Steuerfreibetrag von 500.000 Euro, Enkelkinder über einen Freibetrag in Höhe von 200.000. Für darüberhinausgehende Beträge kann in prozentual unterschiedlich gestaffelter Höhe Schenkungs- bzw. Erbschaftssteuer anfallen. Diese liegen zwischen sieben und 30 Prozent, können je nach Vermögen also stark den Geldbeutel belasten.

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Und was ist, wenn ein Elternteil nach der Schenkung stirbt?

Liegen zwischen einer Schenkung und dem Anfall einer Erbschaft mindestens zehn Jahre, können diese Beträge sogar doppelt ausgenutzt werden. Übertragen Eltern also beispielsweise ein wertvolles Hausgrundstück an ein Kind, so hat dieses Kind bei der Schenkung einen Steuerfreibetrag in Höhe von 400.000 Euro. Wenn beide Elternteile Eigentümer sind und einer innerhalb von zehn Jahren nach der Schenkung stirbt, kann der Wert also insgesamt 800.0000 Euro betragen, bevor Schenkungssteuer anfällt. Die genannten Steuerbeträge können dann gegebenenfalls bei einer anschließend anfallenden Erbschaft ein weiteres Mal in Anspruch genommen werden, wenn zwischen vorgenommener Schenkung und anschließendem Todesfall mindestens zehn Jahre verstrichen sind.

Wie können sich Eltern absichern?

Der Überlassungsvertrag stellt einen Schenkungsvertrag dar, auch dann, wenn der Zuwendungsempfänger die Zuwendung nicht ohne Gegenleistung erhält, sondern eigene Verpflichtungen eingeht. Der zuwendende Elternteil/die zuwendenden Elternteile können sich beispielsweise ein Nießbrauchrecht am übertragenen Gegenstand vorbehalten. In diesem Fall können Sie das Haus oder die Wohnung weiterhin selbst nutzen. Im Gegenzug haben sie allerdings auch weiterhin die Kosten für das Objekt zu tragen.

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Und außerdem?

Auch die Begründung eines Wohnungsrechts zugunsten des oder der Übertragenden ist möglich. Ein Wohnungsrecht begründet das Recht, ein Gebäude oder einen Gebäudeteil unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung zu nutzen. Es ist auch möglich, dass der Zuwendungsempfänger bestimmte Geldleistungen an den Übergeber zu erbringen hat, ohne dass ein Kaufvertrag geschlossen wird. Denkbar ist beispielsweise die Zahlung eines Abstandsgeldes an Geschwister, die die Immobilie nicht übertragen bekommen. Als Gegenleistung vereinbart werden kann beispielsweise auch eine Pflegeverpflichtung zugunsten des oder der Zuwendenden, die sogenannte „Wart und Pflege“.

Könnte man eine Immobilie irgendwie sogar zurückbekommen?

Ja, zumindest wenn man es vorher vereinbart. Zur weiteren Absicherung der Übergeber können Rückforderungsrechte im Überlassungsvertrag vorbehalten werden. Zu denken ist hier etwa an den Fall einer möglichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation des Beschenkten (Insolvenz oder Zwangsvollstreckung), eine mögliche Ehescheidung oder wenn das übertragene Grundstück belastet oder verkauft werden soll. Manchmal spielt aber auch die persönliche Entwicklung eine Rolle. Wenn jemand Straftaten begeht, bestimmte politische Anschauungen hat, drogen- oder alkoholsüchtig ist, oder zum Beispiel Mitglied in einer Sekte wird, kann das Rückforderungsrecht gegebenenfalls ausgeübt werden.