Die Rechtsanwältin und Notarin Barbara Düllmann hat ihren Schwerpunkt unter anderem im Bereich Vertragsrecht. Eheverträge gehören also zu ihrem Arbeitsalltag.

Die Rechtsanwältin und Notarin Barbara Düllmann hat ihren Schwerpunkt unter anderem im Bereich Vertragsrecht. Eheverträge gehören also zu ihrem Arbeitsalltag. © Udo Hennes

„Trotz aller Romantik früh damit befassen“: Wann sich ein Ehevertrag lohnt

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Von Eheverträgen hört man oft bei Prominenten, die viel Geld haben. Aber er lohnt sich für viele Paare. Eine Anwältin aus Holzwickede klärt im Interview die wichtigsten Fragen und Antworten.

Holzwickede

, 04.07.2022, 15:17 Uhr / Lesedauer: 3 min

Was mein ist, ist auch dein: Dieser Spruch ist geläufig, wird oft im Kontext von Hochzeiten benutzt. Damit bringt man zum Ausdruck, dass nach einer Eheschließung alles Vermögen der Ehepartner in einen Topf geworfen wird. Tatsächlich trifft das aber nicht zu, vor allem wenn ein Ehevertrag ins Spiel kommt.

Aber wann ergibt so ein Vertrag eigentlich Sinn? Und kann man ihn auch nach der Hochzeit eingehen? Die Rechtsanwältin und Notarin Barbara Düllmann mit Kanzlei an der Allee in Holzwickede beantwortet die wichtigsten Fragen zu jenem Dokument, über das manche Paare nur ungerne sprechen.

Was wird in so einem Vertrag grundsätzlich geregelt?

Barbara Düllmann: „Die Gegenstände, die in einem Ehevertrag geregelt werden können, sind vielfältig. Zu denken ist hier zunächst vor allem an den Güterstand. Treffen Eheleute keine ausdrückliche Wahl des Güterstandes, so gilt grundsätzlich der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft gemäß § 1363 BGB. Dieser sieht vor, dass in der Ehe hinzugewonnenes Vermögen zwar während der Ehe getrennt bleibt, aber im Rahmen der Ehescheidung - von einigen Ausnahmen abgesehen - hälftig zwischen den Ehepartnern aufzuteilen ist. Dies hat seinen Ursprung noch in der früher üblichen Ehe mit klassischer Rollenverteilung - schließlich stammen die gesetzlichen Vorschriften hierzu bereits aus dem Jahr 1896.“

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Und was für Regelungen landen sonst noch in einem Ehevertrag?

„Beispielsweise Regelungen zum Versorgungsausgleich, also zu dem im Rahmen der Ehescheidung vorzunehmenden Ausgleich der von den Eheleuten erworbenen Rentenanwartschaften (Rentenansprüche) während der Ehezeit. Positionen eines Ehevertrages können außerdem Regelungen bezüglich gemeinsamer Kinder, zum Thema Ehegatten- und Kindesunterhalt oder aber hinsichtlich weiteren Vermögens, das nicht in den Zugewinnausgleich fällt, beinhalten. Möglich sind auch Regelungen, die die gemeinsame Wohnung, eine gemeinsame Berufsausübung etc. betreffen.“

Muss ein Ehevertrag zwingend vor der Ehe geschlossen werden?

„Nein. Ein Ehevertrag, geregelt in §§ 1408 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), kann sowohl vor Eheschließung, aber auch zu jeder Zeit während der Ehe als auch im Rahmen von Trennung und Ehescheidung geschlossen werden, und zwar seit Inkrafttreten der eingetragenen Lebenspartnerschaft im August 2001 bzw. der Ehe für alle im Jahr 2017 genauso von homosexuellen wie heterosexuellen Paaren. Dementsprechend kann er entweder vorsorgenden Charakter haben oder auch Regelungen zur Auseinandersetzung der Ehe beinhalten.“

Ist ein Ehevertrag unromantisch? Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten. Paare, bei denen er Sinn ergibt, können sich im Falle einer Scheidung mit diesem Papier aber viel Ärger und auch Geld sparen.

Ist ein Ehevertrag unromantisch? Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten. Paare, bei denen er Sinn ergibt, können sich im Falle einer Scheidung mit diesem Papier aber viel Ärger und auch Geld sparen. © picture alliance/dpa

Werden Eheverträge in der Praxis eher vor oder während der Ehe geschlossen?

„Der Regelfall eines Ehevertrages ist tatsächlich nicht der Abschluss vor oder während der Ehe, sondern eher im Rahmen von Trennung und Scheidung. Sind beide Ehepartner sich trotz der Trennung darüber einig, sich nicht unnötig in Streitereien verlieren zu wollen, sollte früh genug ein entsprechender Vertrag geschlossen werden, bevor doch Uneinigkeit über einzelne Punkte entsteht, andere Partner hinzukommen und sich die Sichtweisen ändern.“

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Wann lohnt sich ein Ehevertrag überhaupt?

„Vor Eingang einer Ehe ist ein Ehevertrag dann sinnvoll, wenn beispielsweise ein Ehepartner schon beträchtliches Vermögen in die Ehe einbringt, während der andere unvermögend ist, ein Ehepartner einer selbstständigen Tätigkeit nachgeht, an einer Firma beteiligt ist oder ähnliches. Zwar bleibt bereits vor Eheschließung vorhandenes Vermögen auch in diesen Fällen grundsätzlich unberücksichtigt -Vermögenssteigerungen oder Wertverbesserungen beispielsweise einer Immobilie, eines hochwertigen Fahrzeugs, eines zu bewertenden Unternehmens etc. sind aber sehr wohl aufzuteilen und können zu einem späteren Zeitpunkt beträchtlich ins Gewicht fallen.“

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Gibt es noch Faktoren, die nichts mit dem Wohlstand des Paares zu tun hat?

„Darüber hinaus spricht auch der Umstand, dass es sich um eine internationale Ehe handelt, also nicht beide Ehepartner dem deutschen Familienrecht unterfallen, für eine ausdrückliche vertragliche Regelung, ebenso ein großer Altersunterschied zwischen Ehepartnern, der spezielle Regelungen zugunsten des einen oder anderen Partners sinnvoll erscheinen lässt.“

Bei vielen Paaren ist ein Ehevertrag aber eher ein Reizthema, oder?

„In jedem Fall empfiehlt es sich, zum richtigen Zeitpunkt - trotz aller Romantik eventuell bereits vor der Eheschließung, trotz aller Enttäuschung und dem Wunsch, sich nicht mit solchen Themen befassen zu müssen, qualifizierten anwaltlichen Rat eines Familienrechtlers bzw. eines mit der Erstellung von Eheverträgen vertrauten Notars einzuholen. Hierfür entstehende Kosten dürften spätere Anwalts- und Gerichtskosten in dem Fall, in dem ansonsten ein Richter über jeden einzelnen Punkt streitig zu verhandeln hätte, sicherlich aufwiegen.“