Sportwelt-Chef Jörg Husemann denkt an eine zeitweilige Schließung der Freibäder, wenn das Wetter Kapriolen schlägt.

Sportwelt-Chef Jörg Husemann denkt an eine zeitweilige Schließung der Freibäder, wenn das Wetter Kapriolen schlägt. © Schaper

Um Geld zu sparen: Sollen Dortmunds Freibäder bei schlechtem Wetter schließen?

rnGestiegene Heizkosten

Die Energiekosten galoppieren davon. Deshalb erwägt der Badbetreiber Sportwelt Dortmund, Freibäder temporär zu schließen. Von Hobby- und Sportschwimmern gibt es dazu eindeutige Aussagen.

Dortmund

, 11.05.2022, 06:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Eine Viertelstunde ist Hartmut Lürmann (68) an diesem Dienstagmorgen (10.5.) durchs Wasser im Freibad Wellinghofen geschwommen. Sechs Bahnen hat er gedreht, bei einer Wassertemperatur von 18,3 Grad. „Angenehm wäre übertrieben, könnte etwas wärmer sein“, sagt er. „Vor der Coronakrise war ich jeden Tag hier.“

Das könnte sich künftig ändern: Anders als in den Jahren vor Corona spielt der Badbetreiber Sportwelt mit dem Gedanken, seine Freibäder temporär dicht zu machen. Entweder das Bad in Wellinghofen oder das Volksbad, die beide in der Regel beheizt werden. Voraussetzung für eine zeitweilige Schließung wäre ein „Wettersturz“, das bedeutet: Die Außentemperaturen sinken wieder auf deutlich unter 20 Grad und es regnet.

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Früher, sagt Sportwelt-Chef Jörg Husemann, hätten diese Umstände keine Rolle gespielt. „Nur bei Gewitter mussten die Becken verlassen werden“, erzählt Husemann. Im Anschluss sei es häufig weitergegangen. Nur: Damals spielten die Preise für Gas und Strom keine große Rolle.

Badbetreiber Sportwelt stellt die Gretchenfrage

Inzwischen gehen sie durch die Decke. „Zwei Becken zu beheizen kostet uns rund 1000 Euro am Tag“, rechnet Husemann vor. Das mache bei vielleicht 10 bis 20 Badegästen am Tag einfach keinen Sinn. Daher die Überlegung, bei widrigem Wetter nur eines der dann beheizten Bäder zu öffnen: entweder das Bad in Wellinghofen oder das Freibad Volkspark am Stadion, das am 21. Mai (Samstag) in die Saison startet.

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Husemann erinnert an den Energiespar-Appell von Wirtschaftsminister Habeck. „Wir müssen uns in Dortmund fragen, wohin wir wollen“, so der Sportwelt-Geschäftsführer. „Wollen wir für wenig Badegäste viel Gas verbrauchen? Oder wollen wir den Betrieb so organisieren, dass viele Badegäste in der Kernsaison durchgehend angenehme Wassertemperaturen haben?“

Stammgast Hartmut Lürmann würde eine temporäre Schließung nichts ausmachen: "Damit könnte ich leben."

Stammgast Hartmut Lürmann würde eine temporäre Schließung nichts ausmachen: "Damit könnte ich leben." © Schaper

Husemann verweist auf die Kaltwasserbäder Froschloch und Hardenberg. „Die werden auch nach Bedarf geöffnet.“ Hobbyschwimmer Hartmut Lührmann hätte gegen eine zeitweilige Schließung überraschenderweise gar nichts einzuwenden. „Damit könnte ich leben“, sagt er.

Sportschwimmer-Vize zeigt Verständnis: Macht keinen Sinn

Bei der SG Dortmund (Startgemeinschaft der Sportschwimmer e.V.) würde man die Hallenbäder bereits gern verlassen. Geht aber nicht. „Bei den aktuellen Wassertemperaturen können wir keinen Trainingsbetrieb im Freibad machen“, sagt Mathias Haak, Vize-Vorsitzender bei der SG. Anders herum aber zeigt Haak durchaus Verständnis für die Überlegung der Sportwelt. „Es macht keinen Sinn, Freibäder bei schlechtem Wetter offenzuhalten, wenn kaum jemand schwimmen geht“, sagt er.

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Bernd Kruse, Geschäftsführer der städtischen Sport- und Freizeitbetriebe (Eigentümerin der Anlagen) mag sich zur Frage einer temporären Schließung nicht äußern. Das sei in der jüngsten Sitzung des Sportwelt-Beirats, einem Gremium aus Ratsvertretern und Verwaltung, „nicht thematisiert worden“. Das Thema sei bei den Sportbetrieben nicht bekannt, so Kruse.

Es sei lediglich um die Frage gegangen, ob es angesichts der Energiekosten vertretbar sei, „die Freibäder in diesem Jahr nicht zu beheizen.“ Das habe der Beirat im Lichte der vom Bund ausgerufenen Frühwarnstufe zum „Notfallplan Gas“ bejaht. Die Entscheidung, ob die Heizung aufgedreht werde, liege allein bei der Sportwelt-Geschäftsführung.

Darf die Sportwelt über die Schließung selber bestimmen?

Unklar ist, ob die Sportwelt-Akteure die Bäder in Eigenregie auch schließen dürfen, wenn es der Badbetreiber für notwendig hält. Laut Husemann sehen die vertraglichen Regelungen eine „exakte Zahl an Tagen“ vor, an denen die Bäder in jedem Fall offen sein müssten. Um wieviel Tage es sich handelt, wollte der Sportwelt-Chef nicht sagen.

Routiniert zieht Silke Vastag zwei- bis dreimal wöchentlich ihre Bahnen im Freibad Wellinghofen.

Routiniert zieht Silke Vastag zwei- bis dreimal wöchentlich ihre Bahnen im Freibad Wellinghofen. © Schaper

Nicht vereinbart sei aber, dass die Wasserbecken ab dem Betriebsstart täglich und ohne Unterbrechung zur Verfügung gestellt werden müssten. „Bei wirklich schlechten Wetterbedingungen kann man ein Bad zeitweise auch mal zumachen“, findet Beiratsvorsitzender Torsten Heymann (SPD).

Dabei legt er der Sportwelt gGmbH allerdings ans Herz, sich vor einem solchen Schritt die Zustimmung ihrer drei Gesellschafter zu holen. Und dann möglichst in Absprache mit den städtischen Sportbetrieben zu handeln.

„Ich habe hinterher gezittert, so kalt war das Wasser“

Silke Vastag aus Herdecke zieht ihre Bahnen durchs Wasser. 1500 Meter in rund 40 Minuten, das ist ihr Pensum. Sie sei regelmäßig zwei- bis dreimal pro Woche im Wellinghofer Freibad, erzählt sie. Bei der Eröffnung am 1. Mai sei sie ebenfalls am Start gewesen. „Das Wasser war aber so kalt, dass ich anschließend gezittert habe“, schildert die geübte Schwimmerin.

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„Ich fände es in Ordnung, wenn das Wasser mindestens 20 Grad hätte.“ Und wenn das Wetter wieder kippen sollte? Sollen die Freibad-Tore in dem Fall zumindest zeitweilig dicht gemacht werden? Nein, sagt sie. „Ich würde trotzdem befürworten, dass das Bad offenbleibt - und das Wasser warm ist.“

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