Titanenwurz blüht diese Woche im Rombergpark - und wird tierisch stinken
Weltgrößte Blume
Wer von Welt-Sensation spricht, übertreibt nicht. Im Botanischen Garten Rombergpark blüht diese Woche der Titanenwurz, die größte Blume der Welt. Besucher müssen aber hart im Nehmen sein.

So wird der Titanenwurz in seiner vollen Pracht aussehen, wahrscheinlich Ende kommender Woche. Das Bild zeigt einen Artgenossen der Dortmunder Pflanze, der Ender Juni im Botanischen Garten im New Yorker Stadtteil Bronx blühte. © dpa (Archiv)
Der Titanenwurz ist die größte Blume der Welt. Und die übelriechendste. Aber noch riecht der Wurz nicht, sondern erst wenn er blüht. Und das wird er vermutlich wohl diesen Freitag oder Samstag sein. Der Botanische Garten Rombergpark wird via Newsletter informieren.
Noch wächst die Knospe des Amorphophallus titanum jede Stunde um einen Zentimeter. Stand Freitag um 11.15 Uhr: 92 Zentimeter. Die Blüte kann über 2,50 Meter hoch werden. Und wer im Lateinunterricht gut aufgepasst hat, kann den wissenschaftlichen Namen des Titanenwurzes auch ins Deutsche übersetzen: er lautet „unförmiger Riesenpenis“.
Titanenwurz ist mega selten
Wie extrem selten die exotische Pflanze aus dem indonesischen Sumatra hierzulande als blühendes Exemplar vorkommt, zeigen diese Zahlen: Nur 18 deutsche Botanische Gärten haben bisher die Blüte präsentieren können, zuletzt der Bochumer Garten vor einem Jahr.
Von weltweit 2800 Botanischen Gärten beheimaten lediglich 41 den Titanenwurz. Die Gärtner der Londoner Kew Gardens waren die ersten, die den empfindlichen Titanenwurz fern der Heimat zum Blühen brachten. Bis heute wurden erst 172 in Kultur gewachsene Blüten gezählt.
„David“ fühlt sich im Westfälischen wohl
Dr. Patrick Knopf freut sich auf das 173. Exemplar. Der Direktor des Botanischen Gartens Rombergpark konnte sein Glück kaum fassen, als Gärtner Uwe Kirschner die sich anbahnende Sensation entdeckte: „Eigentlich blüht der Titanenwurz erst nach sieben Jahren. Bei uns schon nach zwei.“ Ein Zeichen, wie wohl sich dieser Spross aus der Familie der Aaronstabgewächse im Westfälischen fühlt.
Aus „David“, so der Name fürs Dortmunder Prachtexemplar, werde jetzt „Goliath“, verspricht Knopf. Und zwar passend zum Jubiläum der Pflanzenschauhäuser im Botanischen Garten. Die werden diese Woche 60 Jahre alt. Und dann dürfte der aus kleinen, Tennisball-großen Knollen gezogene „David“ im Regenwald auf stattliche 2,50 Meter herangewachsen sein.
Ein Zeitraffer-Video einer Titanenwurz-Blüte in Chicago 2016:
Die kleinen Knollen waren vor zwei Jahren eine freundliche Spende der Bonner Botaniker. Beim letzten Umtopfen im Sommer wog eine Knolle schon zehn Kilogramm. Sehr alte und gut ernährte Knollen können bis zu 75 Kilogramm auf die Waage bringen.
Beim Aufblühen ist der Botanische Garten auch nachts geöffnet
Wenn also diese Woche zum ersten Mal in der fast 200 Jahre alten Geschichte des Rombergparks ein Titanenwurz blüht, blüht er nachts. Dr. Patrick Knopf informiert über das Aufblühen im Internet und hält zum fraglichen Zeitpunkt die Pflanzenschauhäuser nachts geöffnet.
Aus anderen Botanischer Gärten mit der schönen, aber leider übel riechenden Rarität weiß er, dass Besucher auch um 2 und 3 Uhr nachts vorbeischauen. Wer die Rarität bewundern will, muss olfaktorisch allerdings wirklich hart im Nehmen sein. Der Titanenwurz stinkt nach Aas.
Titanenwurz imitiert den Gestank verwesender Tierkadaver
Mit dem Gestank imitiert die Pflanze verwesende Tierkadaver, um Aaskäfer und andere Insekten anzulocken. Diese kriechen ins Innere der Blüte, legen dort ihre Eier ab und sorgen gleichzeitig für die Bestäubung. Nicht so in Dortmund. „Wir werden keine Bestäubung zulassen“, sagt Knopf, denn dann wäre es nach dem Ausreifen der Früchte, orangeroten Beeren, mit der Pflanze vorbei.

Ein paar Tage braucht der Titanenwurz noch bis zur Blüte. Bis dahin wird der Direktor des Botanischen Gartens Rombergpark, Dr. Patrick Knopf, sehr gut auf die Pflanze aufpassen. © Ulrike Böhm-Heffels
Wird sie nicht bestäubt, verkümmert der Blütenstand nach drei Tagen wieder, dann geht die Pflanze über in eine Ruhephase, an welche sich wieder eine Vegetationsphase anschließt. In fünf bis zehn Jahren könnte „David“ erneut blühen.
Fußbodenheizung und Nebel-Berieselung
Bis dahin dürfen Botanik-Freunde gewiss sein, dass der Exot gehätschelt wird vom Garten-Team rund um Direktor Knopf. Nach dem idealen heißen Sommerwetter für den Spross mit indonesischer Abstammung, nach regelmäßiger Nebel-Berieselung aus den feinen Wasserdüsen des Regenwaldhauses, bekommt der Blütenstand warme Füße – über eine Art Fußbodenheizung. „Die letzten beiden Nächte waren frisch“, sagt Knopf seinen nach Abkühlung lechzenden Zuhörern.
Übers Wochenende gewachsen
„Der Titanenwurz wächst täglich 7 bis 8 cm und ist jetzt 1, 11 Meter hoch“, berichtete eine Sprecherin der Stadt am Montag auf Nachfrage. Bis sich die Blüten zeigen, wird es allerdings noch ein paar Tage dauern: „Das ist schwer vorher zu sagen, momentan rechnen wir damit, dass es in der Nacht von Freitag auf Samstag so weit sein könnte.“
Die Hüllblätter hätten jetzt begonnen zu schrumpeln, das erste der drei Blätter sei an der Spitze bereits vertrocknet. Die Sprecherin erklärt: „Erst wenn alle Hüllblätter vertrocknet sind, kann der Titanenwurz blühen.“