Die lokale Agentur „Sanfte Touren“ hat zwei Corona-Spaziergänge entworfen, bei denen zwei der schönsten Freizeitareale Dortmunds erkundet werden dürfen. Wir haben die Touren getestet.
Dortmund mal ganz neu, aus der Perspektive anderer, kennenzulernen, liegt voll im Trend. Nicht nur die Dortmund-Touren-Tipps der App Lialo.com versprechen Spaß und viele Stunden Entdeckungstour.
Auch der lokale Anbieter „Sanfte Touren“ hat Routen zusammengestellt, die sich für Dortmunder und sowohl für Nicht-Dortmunder eigenen, um die Ecken der Stadt zu erkunden, die am schönsten sind.
Aus der Not der Corona-Krise hat das Team von „Sanfte Touren“ eine wortwörtliche Tugend gemacht und neben einer (kostengünstigen) Stadtrallye mit App-Support auch gleich zwei sogenannte Corona-Spaziergänge entworfen.
Zwei Gratis-Touren
Bei den Touren über Phoenix-West und zwischen Lanstrop und Derne sind die geneigten Teilnehmer aber nicht völlig allein - auch wenn es sich um Gratis-Touren handelt.
Neben Zielpunkten und Stopps, die über die Homepage von „Sanfte Touren“ direkt via Google-Maps abrufbar sind, werden die Spaziergang-Freunde auf diesen Strecken durch ausgehängte Tafeln informiert, die sowohl durch NFC-Technik auf dem Smartphone-Screen erscheinen als auch via QR-Code gescannt werden können.
Wir wollten herausfinden, wie gut das funktioniert und ob sich die Touren lohnen. Fabian Paffendorf und Oliver Schaper waren deshalb unterwegs vor Ort.

Ohne Smartphone braucht man für die Touren einen ortskundigen Guide. © Schaper
Los geht's auf Phoenix-West
Die Tour über Phoenix-West macht den Anfang unseres Test. Lohnt sich der Spaziergang rund um die alte Hochofenanlage für einen spannenden Nachmittag auf Schusters Rappen?
Als erstes Ziel wird uns der Weg zur Bergmann-Brauerei vorgeschlagen, hier soll sich unsere erste Info-Tafel befinden. Vom Parkplatz aus loslaufen, um möglichst zügig zum ersten Stopp zu gelangen, funktioniert schon einmal nicht so ohne Weiteres, wie wir feststellen müssen.
Weil die Sonne wirklich bombenheiß vom Himmel scheint, ist gleich Schwitzen angesagt. Das gute Wetter und die ersten Lockdown-Lockerungen des Sommers sorgen dafür, dass wir hier nicht allein sind.

Auf Phoenix-West ist viel los, wenn das Wetter mitspielt. © Schaper
Überall Gewimmel
Um ehrlich zu sein, ist auf Phoenix-West gerade die Hölle los, Radfahrer von rechts, Biergartenbesucher von links. Und eine Entenfamilie will auch noch den Bürgersteig vor uns überqueren.
Immerhin finden wir schnell unsere Infotafel - sie ist um einen Laternenpfahl vor der Brauerei befestigt. Wir können mit dem Smartphone ohne Probleme weitere Infos zur Brauereigeschichte nachlesen.
Um einiges schwieriger wird die Sache dann, als wir unseren nächsten Stopp suchen müssen. Das Viadukt Hympendahl wird zu einer wirklichen Herausforderung für uns.

Entspannung pur am Viadukt. © Schaper
Viel zu viele Menschen da
Bedingt durch das Wetter sind einfach viel zu viele Menschen um uns rum unterwegs. Radfahrer, junge Menschen in Feierlaune, Jogger, Spaziergänger mit Hunden - es macht den Anschein, als wenn halb Dortmund gerade Phoenix-West entdeckt hätte.
Wo ist jetzt die Infobeschilderung? Hat uns Google Maps nun auf einen falschen Weg geführt? Verwirrung und ein wenig Frust machen sich breit. Die Unterstützung durch die Google-App ist schön und gut, aber irgendwie hakt es mit der Technik.
Da kann der Tour-Anbieter wohl wenig für, aber eine präzise Wegbeschreibung zum nächsten Stopp abseits von Maps würde uns weiterhelfen.
Google Maps versagt
Oliver kennt sich hier zum Glück bestens aus auf dem sehr weitläufigen Areal und so finden wir dennoch die restlichen zwölf Stopps mit den Informationstafeln.
Es gibt viel zu sehen und Wissenswertes nachzulesen. Wir spazieren unterm Hochofen, umkreisen die Amoniakhalle und das Pumpenhaus und landen final am Möllerbunker.
Etwas über drei Stunden sind wir unterwegs gewesen. Am Ende fühlt sich das schon ein wenig mehr nach Arbeit als nach Spaziergang an, denn wir haben gut und gerne mehr als 10 Kilometer Fußmarsch hinter uns gebracht.
Reise in den Nordosten
Szenenwechsel. Jetzt geht es für uns in den Dortmunder Nordosten, Corona-Spaziergang Nummer 2 will bewältigt werden. Ein Blick auf die Routenübersicht verrät uns, dass insgesamt drei verschiedene Strecken möglich sind, um die schönsten Ecken im Dortmunder Nordosten zu erkunden.
Wir entscheiden uns für das große Komplettpaket - circa 11 Kilometer Fußmarsch sind zurückzulegen, um wirklich alles zu sehen, was da an lohnenswerten Tourenstopps zusammengestellt wurde.
Eines wird aber vom Start an schon klar: So einen Menschenauflauf wie zuvor auf Phoenix-West müssen wir bei diesem Spaziergang wohl nicht erwarten.
Mehr Entspannung
Tatsächlich bietet die Strecke viel mehr an Ruhe und Entspannung - auch wenn es im weiteren Verlauf ein oder zweimal vorbei an etwas belebteren Straßen geht.
Auf unserem Programm stehen Haltepunkte wie Haus Wenge, das Lanstroper Ei, die Zeche Gneisenau oder die Villa Fickler. Insgesamt zwölf Infotafeln müssen wir auf unserem Spaziergang finden und uns Infos aufs Smartphone holen.

Drohnenflug über das Lanstroper Ei © Schaper
Glücklicherweise weiß Google Maps diesmal mehr mit den richtigen Wegen zu den Sehenswürdigkeiten anzufangen. Wie schon vermutet, liegt der Hauptkritikpunkt unserer ersten Tour nicht an mangelnder Sorgfalt der Tourplaner, sondern einfach nur an den Tücken der Karte.

Freizeitspaß vor malerischem Hintergrund. © Schaper
Viel Grün in der Malocherstadt
Im Nordosten erwartet uns viel Grün und eine malerische Kulisse, die viel vom alten Dortmund, dieser Malocherstadt im Pott, atmet. Auf der Strecke laden gleich mehrere Stopps dazu ein, die Seele baumeln zu lassen. Allein der Nachmittag am Lanstroper See ist schon die Reise wert.
Fazit: Das Team von „Sanfte Touren“ hat bei der Zusammenstellung der Corona-Spaziergänge ganze Arbeit geleistet. Man kann wunderbar nachvollziehen, warum die Dortmunder sich gerne auf Phoenix-West tummeln oder in die Historie der geschichtsträchtigen Bauten der Montanindustrie eintauchen.
Beide Touren führen dahin, wo das Leben in Dortmund pulsiert - zwei Areale, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Einzig die Anbindung an Google Maps hat uns den Spaß anfangs etwas verhagelt.

Die Zeche Gneisenau mit den Schächten Doppelbock und Thomson Bock © Schaper
Tipp: Vor Beginn der Spaziergänge sollte man sich einzelne Routen und Haltepunkte der Touren raussuchen und direkt ansteuern, denn die Gesamtpakete sind umfangreich genug, um sie in mehrere Ausflüge zu splitten.
Fabian Paffendorf, Jahrgang 1978, kam 2003 zum Journalismus. Ursprünglich als Berichterstatter im Bereich Film und Fernsehen unterwegs, drehte er kleinere Dokumentationen und Making-Of-Berichte für DVD-Firmen. In diesem Zusammenhang erschienen seine Kritiken, Interviews und Berichte in verschiedenen Fachmagazinen und bei Online-Filmseiten. Seit 2004 ist der gebürtige Sauerländer im Lokaljournalismus unterwegs. Für die Ruhr Nachrichten schreibt er seit Herbst 2013.