Rund ein Duzend Anwohner halten Schilder mit Tempo 30 und Zebrastreifen hoch. Im Hintergrund steht ein Polizeiwagen nach einem Unfall.

Viele Anwohner fordern eine neue Höchstgeschwindigkeit: Sie wünschen sich Tempo 30 an der Straße Lütge Vöhde. Die Polizei ist derweil damit beschäftigt, einen Unfall zu klären, der sich genau dort kurz zuvor ereignet hatte. © Maurice Prior

Anwohner im Dortmunder Westen kämpfen für Tempo 30: „Der letzte Versuch"

rnVerkehrsberuhigte Zone?

Seit mehr als zehn Jahren kämpfen Anwohner im Dortmunder Westen für eine Verkehrsberuhigung. Ob ihr letzter Versuch gelingt, hängt auch von Oberbürgermeister Thomas Westphal ab.

Westrich

, 05.09.2022, 11:55 Uhr / Lesedauer: 3 min

Als sich die Anwohner der betroffenen Kreuzung im Dortmunder Westen am Donnerstagnachmittag (1.9.) versammeln, um unserem Reporter die Situation vor Ort zu schildern, ist auch die Polizei da. Denn just an der Stelle, an der die Anwohner seit Jahren für eine Verkehrsberuhigung kämpfen, ist kurz zuvor ein Unfall passiert.

„Mal wieder“, sagt Yvonne Hafermann, die im betroffenen Bereich im Dortmunder Stadtteil Westrich wohnt, denn solche Unfälle seien keine Seltenheit. An diesem Nachmittag geht es einigermaßen glimpflich aus. Wie die Polizei Dortmund auf unsere Anfrage hin bestätigt, sei beim Zusammenstoß zweier Autos niemand verletzt worden.

Zwei Autos stehen nach einem Unfall mitten auf der Straßenecke Lütge Vöhde/Am Nocken.

Kurz vor unserem Treffen mit den Anwohnern krachte es an der Straßenecke Lütge Vöhde/Am Nocken. Verletzt wurde bei dem Unfall niemand. © privat

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Es habe allerdings „ordentlich geknallt“, so ein Sprecher. Eines der Fahrzeuge sei nach dem Unfall auch nicht mehr fahrbereit gewesen. „Was hier passiert, ist alles andere als harmlos. Nicht mehr lange und es werden Menschen zu Schaden kommen“, sagt Yvonne Hafermann. „Es bestätigt aber umso mehr die Notwendigkeit unserer Forderungen.“

Anwohner wollen Tempo 30 durchsetzen

Auch ihre Nachbarin Vanessa Wiemers ist wild entschlossen, für eine Änderung der Verkehrssituation an der Straßenecke Am Nocken/Lütge Vöhde zu kämpfen. Sie wohnt direkt dort. Für die Straße Lütge Vöhde will sie Tempo 30 durchsetzen: „Sie müssen sich das so vorstellen: Die Leute schießen hier von der Bockenfelder Straße kommend in Richtung Hangeneystraße durch“, erläutert Vanessa Wiemers.

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Problematisch würde es dann, wenn aus der querlaufenden Straße Am Nocken zusätzlich Fahrzeuge auf die Lütge Vöhde einbiegen wollen. Dort befindet sich zwar ein Stopp-Schild, aber da hielten auch nicht alle an, so Anwohnerin Wiemers: „Die Kreuzung ist auch einfach unübersichtlich. Ich beobachte das tagtäglich.“ So sei auch der oben beschriebene Unfall zustande gekommen, erzählt sie.

Vor einigen Jahren sei ein Transporter nach einem Unfall sogar einmal halb in ihrem Vorgarten gelandet. Eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 km/h auf der Straße Lütge Vöhde würde den Anwohnern zufolge das Unfallrisiko erheblich reduzieren. Sie fordern auch einen Zebrastreifen, um die Stelle für Fußgänger sicherer zu machen sowie ein Durchfahrtverbot für Lastwagen. Die können aktuell die Lütge Vöhde und später die Hangeneystraße nutzen, um auf die OW IIIa beziehungsweise A45 zu kommen und die vielbefahrene Kirchlinder Kreuzung zu umgehen.

Antrag auf Lkw-Fahrverbot scheiterte in der Vergangenheit

Seit 2009 habe sich die Verkehrslage immer weiter verschlechtert. Daraufhin sei sie mit ihren Nachbarn tätig geworden, erzählt Vanessa Wiemers, habe immer wieder Eingaben und Anträge gestellt: „Wir hatten für ein Lkw-Durchfahrtsverbot sogar die Unterstützung der Bezirksverwaltung Lütgendortmund, aber das Tiefbauamt hat uns dann einen Strich durch die Rechnung gemacht.“

Im Juni 2011 begründet das Tiefbauamt der Stadt Dortmund gegenüber Wiemers, warum es die Forderungen der Anwohner für nicht notwendig erachtet. Das Schreiben liegt unserer Redaktion vor. Darin heißt es: „Es ist zwar nachvollziehbar, dass Sie den Straßenverkehr als störend empfinden, allerdings ist ein erhöhter Lärmpegel an einer Kreuzung zweier Hauptverkehrsstraßen durchaus normal, gerade dann, wenn man ein Eckgrundstück erworben hat."

Die Straße Lütge Vöhde gehöre zum Hauptstraßennetz der Stadt und habe einen „ortsteilverbindenden Charakter“. Ein Lkw-Fahrverbot komme nicht infrage, da nur bei einem längeren Aufenthalt auf den Straßen überhaupt Schwerlastverkehr feststellbar sei - und zwar hauptsächlich durch Busse, nicht durch Lkw.

Das Tiefbauamt zieht daher das Fazit: „Aus verkehrlicher Sicht sind die von Ihnen erwünschten Verkehrsverbote nicht begründbar, zumal auch die Polizei keine Auffälligkeiten festgestellt hat.“

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Nun könnte es auf den Dortmunder Oberbürgermeister ankommen

Damit wollten sich Vanessa Wiemers und ihre Nachbarn nicht zufrieden geben. Sie wandten sich an Verwaltung, die Polizei, Politiker. Aber auch weitere Eingaben und Anträge wurden nicht in ihrem Sinne beschieden. Als letzten Versuch wollen die Westricher nun beim Dortmunder Oberbürgermeister einen Antrag auf Tempo 30 an der Lütge Vöhde wegen Lärmschutz stellen: „Wenn der ganze Verkehr hier durchrauscht, wackeln bei uns im Schrank die Gläser und Tassen.“

Vanessa Wiemers steht vor den Straßenschildern Lütge Vöhde/Am Nocken. Sie hält eine Liste mit Unterschriften für die Forderung nach Tempo 30 hoch.

Vanessa Wiemers wohnt direkt an der Straßenecke Lütge Vöhde am Nocken. Nun sammelt sie Unterschriften für Tempo 30. © Maurice Prior

Vanessa Wiemers, die für ihr Vorhaben nun auch Unterschriften sammelt, ist trotz der vielfach gescheiterten Versuche zuversichtlich, dass es diesmal klappt: „Die Zeiten ändern sich“, hofft sie. Seit Oberbürgermeister Westphal sich kürzlich offen gezeigt hatte, einer Initiative für mehr Entscheidungsspielraum der Städte bei der Festlegung der Höchstgeschwindigkeit beizutreten, hat Vanessa Wiemers neue Hoffnung geschöpft.

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Ziel der Initiative an die Bundesregierung ist es, es den Städten zu ermöglichen, selbst über eine Reduzierung auf 30 km/h zu entscheiden. Der Stadtrat will Ende September darüber entscheiden, ob Dortmund der Initiative beitritt.

Westphal sagte bereits, dass er von einer flächendeckenden Tempo-30-Regelung nichts halte, sondern im Einzelfall entschieden werden solle. „In unserem Fall ist das auf jeden Fall gerechtfertigt"“ sagt Vanessa Wiemers optimistisch. Sie hofft, dass vor Ihrer Haustür bald Tempo 30 herrscht.