
Gibt es bald flächendeckend Tempo 30 auf Dortmunds Straßen? Oberbürgermeister Thomas Westphal hat eine klare Haltung dazu. © Oliver Volmerich
Kommt jetzt Tempo 30 auf allen Dortmunder Straßen?
Verkehrspolitik
Über Tempo 30 an Hauptverkehrsstraßen wird schon lange diskutiert. Jetzt will sich die Stadt einer bundesweiten Initiative anschließend. Bedeutet das, dass Tempo 30 bald flächendeckend gilt?
Seit April 2020 müssen Autofahrer auf der Ruhrallee auf die Bremse treten. Sie ist die erste Hauptverkehrsstraße in Dortmund, auf der durchgehend Tempo 30 gilt. Die Stadt Dortmund hatte das mit der Deutschen Umwelthilfe vereinbart, um die Luftschadstoffe durch den Autoverkehr in diesem Bereich zu reduzieren - nach erstem Anschein mit Erfolg. Auf dem gesamten Wall gilt nachts Tempo 30 - offiziell aus Lärmschutzgründen, aber vor allem, um die Raser-Szene auszubremsen.
Werden Ruhrallee und Wall damit zum Vorbild für andere Hauptverkehrsstraßen, womöglich für das gesamte Dortmunder Straßennetz? Umweltverbände und ökologisch orientierte Verkehrsverbände, aber auch Parteien wie Grüne und Linke machen sich für Tempo 30 als Regel-Höchstgeschwindigkeit auch auf Hauptverkehrsstraßen stark. Das soll für mehr Verkehrssicherheit, weniger Lärm und bessere Luft sorgen.
Die Befürworter eines neuen Tempolimits setzen sich für eine entsprechende Änderung der Straßenverkehrsordnung ein. Die sieht bislang innerorts Tempo 50 als Regelgeschwindigkeit vor. Tempo 30 ist nur in begründeten Ausnahmen erlaubt, etwa aus Verkehrssicherheitsgründen vor Schulen oder Kindergärten.

Seit Ende April 2020 gilt auf der Ruhrallee Tempo 30 - zur Luftreinhaltung. © Oliver Volmerich
Bei der Stadt Dortmund stoßen sie damit grundsätzlich auf offene Ohren. „Die Reduzierung der Geschwindigkeit auf Tempo 30 ist aus Sicht der Verwaltung ein geeignetes Mittel, die Verkehrssicherheit, die Gesundheit durch weniger Lärm und Luftschadstoffe sowie das Klima zu verbessern“, heißt es offiziell. „Auch führt ein ähnlicheres Geschwindigkeitsniveau der unterschiedlichen Verkehrsarten erfahrungsgemäß zu einer Verbesserung des Miteinanders, zu weniger Konflikten sowie zu einer besseren gegenseitigen Rücksichtnahme.“
Deshalb schlägt die Verwaltungsspitze jetzt auch dem Rat der Stadt vor, der Städteinitiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten – eine kommunale Initiative für städteverträglicheren Verkehr“ beizutreten. Ihr gehören mehr als 200 Städte und Gemeinden an. Und sie wird auch vom Deutschen Städtetag unterstützt.
Mehr Entscheidungsspielräume
Zentrale Forderung der Initiative an die Bundesregierung ist, durch eine Anpassung der Straßenverkehrsordnung den Kommunen im Rahmen einer Regelfreiheit selbst die Möglichkeit zu geben, Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit innerorts anzuordnen. Es soll sein, „dass neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden, um Ländern und Kommunen Entscheidungsspielräume zu eröffnen“.
Dortmunds Stadtspitze bremst aber zugleich die Erwartungen, dass damit bald flächendeckend Tempo 30 in Dortmund eingeführt wird. Er halte nichts von einer zentralen Festlegung auf eine flächendeckende Tempo-30-Regelung, sagte Oberbürgermeister Thomas Westphal auf Nachfrage. Besser sei es, in jedem Einzelfall zu entscheiden.

In diesen Bereichen des Stadtgebiets gilt bereits Tempo 30. © Stadt Dortmund Geodatensystem
„Man muss sehr genau schauen auf den Verkehrsfluss, auf die Leistungsfähigkeit und die Funktion der Straße, sagte Westphal. Er verweist zugleich darauf, dass der Anteil der Tempo-30-Bereiche in Dortmund schon relativ hoch sei, weil alle Wohngebiete entsprechend ausgewiesen seien.
Dass es vor allem um mehr Flexibilität bei der Ausweisung von Tempo-30-Strecken an Hauptverkehrsstraßen ankomme, betont auch Planungsdezernent Ludger Wilde. Ein wichtiges Kriterium sei dabei der Lärmschutz beziehungsweise allgemein der Schutz vor Immissionen durch den Verkehr. Unter diesen Aspekten kündigt er noch für dieses Jahr eine Vorlage der Verwaltung mit Vorschlägen an, an welchen Abschnitten von Hauptverkehrsstraßen die Geschwindigkeit reduziert werden könnte.
Über den Vorschlag, der Städteinitiative beizutreten, entscheidet der Rat der Stadt in seiner Sitzung am 22. September. Zuvor beraten die Ausschüsse für Umwelt und Stadtgestaltung und für Mobilität.
Politik ist gespalten
Ganz neu ist das Thema für die Politik nicht. „Die Fraktion/Die Partei“ hatte bereits im März dieses Jahres im Rat einen Antrag gestellt, der Initiative beizutreten, über den dann aber auch nach der Überweisung in die Fachausschüsse mit Hinweis auf die ausstehende Vorlage der Verwaltung nicht entschieden wurde. Unterstützung für Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit hatten dabei neben „Die Fraktion/Die Partei“ auch Grüne und die Fraktion Linke+ signalisiert.
Die CDU, die mit den Grünen im Rat eine Projektpartnerschaft vereinbart hat, zeigte sich zuletzt offen für eine Ausweitung von Tempo 30, aber nicht für eine flächendeckende Regelung. Bei der SPD verwies man auf die nötige Gesetzesänderung und regte einen Modellversuch in einem Stadtbezirk an. Abgelehnt werden weitergehende Tempo-30-Regelungen von der FDP und der AfD.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
