Tatort-Star Konarske: Dortmund ist keine schöne Stadt

Interview zum Abschied

Nach zehn Folgen ist Schluss: Schauspieler Stefan Konarske steigt aus dem Dortmunder Tatort aus - und damit verabschiedet sich auch seine Rolle, Kommissar Daniel Kossik aus dem Ermittlerteam. An Neujahr (1.1.) läuft die letzte Folge mit dem 36-Jährigen. Wir haben mit ihm über seinen Abschied, seinen letzten Fall und Dortmund gesprochen.

DORTMUND

, 17.12.2016, 02:51 Uhr / Lesedauer: 4 min
Stefan Konarske verlässt den Dortmunder Tatort.

Stefan Konarske verlässt den Dortmunder Tatort.

Sind Sie wehmütig, wenn Sie an Neujahr denken?

Ich hab die Folge noch nicht gesehen, ich gucke sie mir selbst am 1. 1. an. Aber wehmütig bin ich eigentlich nicht, weil es ja eine bewusste und freie Entscheidung war. Und ich ja auch weiß, wie es weitergeht. Ich freue mich auf neue Dinge. Und ich freue mich, weil es ein schöner Sendeplatz ist.

Es werden sicher viele einschalten.

Das denke ich auch.

Haben Sie denn schon geplant, wie und wo Sie Ihren letzten Tatort gucken?

Die Tendenz ist gerade Berlin. Meine Silvesterplanung steht noch nicht komplett. Entweder ich schaue ganz alleine in Frankreich in der Normandie oder ich komme nach Berlin, um mit Freunden zu feiern. Das habe ich noch nicht entschieden, weil ich bis nächste Woche Freitag durcharbeiten muss.

Wie verabschiedet sich Daniel Kossik?

(lacht, lange und sehr herzlich, überlegt dann). Es wird dramatisch. Die gesamte Folge wird für alle vier Kommissare ziemlich dramatisch.

Mehr dürfen Sie noch nicht verraten?

Es gibt einen großen Knall – und dann schauen wir, was passiert.

Das heißt, es wird auch zwischen Daniel Kossik und Peter Faber noch einmal Reibereien geben?

Eher indirekt, weil in dieser Folge eigentlich erstmals alle vier Figuren für sich alleine unterwegs sind. Deshalb gibt es nur zwei kurze Momente mit Herrn Faber.

Zuletzt standen die Konflikte der Kommissare immer mehr im Vordergrund. Das ist nun wieder anders?

Wir vier sind sehr gefragt, uns mit dem Fall auseinanderzusetzen. Die Privatbaustellen laufen natürlich immer mit, aber dieses Mal ist der Konflikt zwischen den Figuren nicht ganz so wichtig.

Der Fall wird nahezu in Echtzeit erzählt. Hat das die Dreharbeiten verändert?

Nicht wirklich. Da viel in der Nacht spielt, gab es relativ viele Nachtdrehtage. Und es hat die Dreharbeiten vielleicht etwas vereinfacht. Weil man nicht zwischen den Bildern hin- und herwechseln und 23-mal sein Kostüm wechseln musste.

Finden Sie, es war ein guter Fall für den Abschied?

Ja, doch schon.

Ist die Geschichte von Daniel Kossik auserzählt?

Ja, schon. Das ist auch ein Grund, weswegen ich mich entschieden habe, den Tatort zu verlassen. Ich habe nach fünf Jahren und zehn Folgen, gemerkt, dass gewisse Konflikte – zum Beispiel mit Nora und der Abtreibung und der Konflikt mit Peter Faber – auf eine Spitze getrieben wurden, dass man sich gefragt hat: Geht das noch weiter? Oder ist es nicht eigentlich fast zu Ende erzählt?

Was nehmen Sie von Ihrer Rolle mit?

Eine unglaublich schöne Zeit, wirklich fünf ganz tolle Jahre zusammen mit tollen Kollegen, allen voran Aylin Tezel, mit der ich am meisten zu tun hatte. Es ist eine Freundschaft entstanden. Das Gleiche gilt für die Produktionsfirma, die ich sehr lieben und schätzen gelernt habe. Man hatte durch die Rolle im Tatort eine Präsenz, die es vorher nicht gegeben hat in der deutschen Medienlandschaft. Und ich nehme sehr viel Erfahrung mit.

Konnten Sie denn auch von der Rolle selbst etwas lernen?

Ja. Daniel Kossik ist ja eine Figur, die aus einer Ruhe heraus reagiert, die in Konfliktsituationen sagt: Komm, lass uns mal hinsetzen. Die Figuren, die ich vorher gespielt habe, haben in Konfliktsituation sofort das Messer aus der Tasche gezogen oder mit Tod und Mord und ich weiß nicht was gedroht. Ich habe die Rolle im Tatort damals bewusst angenommen, um auch mal eine andere Seite von mir zu zeigen. Ich habe gelernt, dass selbst auf den ersten Blick normaler wirkende Figuren großes Potenzial haben, wenn man sich mit ihnen beschäftigt.

Haben Sie auch etwas von Dortmund gelernt?

Dortmund ist nicht so, wie es auf den ersten Blick scheint. Man lernt Dortmund auf den zweiten Blick lieben. Ich habe den Fredenbaumpark unglaublich genossen. Ich mag das Daddy Blatzheim im Westfalenpark sehr. Die Menschen sind unglaublich offen. Wenn wir in der Stadt gedreht haben, waren die Menschen immer sehr aufgeschlossen und standen dem Tatort sehr wohlwollend gegenüber. Dortmund ist mir ans Herz gewachsen.

Und ich hab jetzt eigentlich bewusst nicht das Stadion erwähnt – aber auch da bin drei-, viermal gewesen. Die Südtribüne ist schon beeindruckend. Das ist wirklich eine Wand.

Aber BVB-Fan, wie Daniel Kossik, sind Sie nicht geworden?

Nee, das hängt sehr stark mit meiner Biografie zusammen. Mir wurde als Kind verboten, Fußball zuspielen. Ich habe mich eher mit Tennis und dem Sportschützenverein auseinandergesetzt, als mit Fußball. Ich habe in Dortmund auch mal versucht, eine Dauerkarte zu bekommen. Aber irgendwann war klar, dass Dortmund nicht so oft auf meiner Reiseroute liegt. Deswegen wäre das fatal gewesen, den Platz von jemandem zu besetzen, der vielleicht einfacher zu jedem Heimspiel gehen kann, als es bei mir der Fall ist.

Kritiker sagen, Dortmund wird im Tatort so negativ dargestellt. Wir beurteilen Sie das?

Die Produzentin Sonja Goslicki und der WDR haben von Beginn an gesagt, dass die Farbe, die sie sich für diesen Tatort vorstellt, Grau ist. Deswegen ist das Präsidium in diesen Grautönen gehalten, selbst in den Kostümen der Hauptdarsteller ist der Grauton vorhanden. Deswegen entsteht diese Negativleiter auch durch ein bewusst gewähltes Farbkonzept, das von künstlerischer Seite gesetzt ist. Das hat nicht nur mit Drehbüchern zu tun. Und wenn man das noch paart mit den Charakteren und Geschichten, dann ist natürlich sofort der Eindruck da: Oh Gott ist diese Stadt depressiv. Aber es gibt auch eine andere, positive Seite.

Und man muss sagen: Grau ist die Stadt ja. Es ist keine schöne Stadt. Aber was ich sehr zu schätzen weiß ist, dass diese nicht vorhandene Schönheit hier egal ist. Die Menschen machen sich ihre Stadt schön. Ich war vor zwei Jahren mit Aylin beim großen Gourmet-Fest. Da haben wir unglaublich schöne Abende verbracht mit den Leuten von hier. Das ist eine von vielen Erinnerungen an Dortmund, die mir bleiben wird.

Haben Sie von den zehn Dortmund-Tatorten einen Liebsten?

Das ist schwer zu sagen, weil ich ja die letzte Folge noch nicht gesehen habe. Ich mochte die neunte Folge sehr, wo es um das Disziplinarverfahren gegen Faber ging. Die war spielerisch sehr schön. Beim Drehen mochte ich auch die zehnte Folge sehr gerne.

Könnten Sie sich denn eine Rückkehr vorstellen?

Sie wissen ja noch gar nicht, wie es ausgeht (lacht).

Wie geht es denn für Sie weiter?

Ich bin gerade mit einer Theaterproduktion in Frankfurt beschäftigt, arbeite unglaublich viel für das Radio in Frankreich und Deutschland. Ich bereite einen Kinostart vor für März 2017 und im Februar drehe ich eine französische Serie.

Also eine Menge zu tun?

Ja, vor allem unterschiedlicher Natur. Theater und Radio sind große Leidenschaften von mir. Ich wollte mich weiterentwickeln. Ich wollte Veränderung. Die passiert gerade. Das ist sehr schön.

Und vielleicht gibt es irgendwann ein Wiedersehen.

Wer weiß, wer weiß.

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