
© Volmerich / Fritschi und Stahl
Streit um Boulevard Kampstraße: „Werden uns den Zeitplan nochmal ansehen“
Neue Vorschläge
Sind die 24 Jahre alten Pläne für den „Boulevard Kampstraße“ noch zeitgemäß? Zu dieser Frage haben wichtige Ratsausschüsse am Dienstag in einer Sondersitzung getagt. Das sind die Änderungsvorschläge.
So ein langes Projekt habe man noch nie gehabt, stellte Architekt Prof. Benedikt Stahl fest. 1999 gewann das Düsseldorfer Architekturbüro Fritschi und Stahl den von der Stadt Dortmund ausgelobten Wettbewerb zur Umgestaltung der Kampstraße mit der Idee für einen Lichtboulevard mit Wasserlauf.
Gebaut ist davon mit Westentorallee und Brüderweg an den Endpunkten des Straßenzugs nicht einmal die Hälfte der Strecke.
Das zentrale Element, der Lichtboulevard, fehlt dagegen noch ganz. Ob er jemals wirklich so gebaut wird, wie von Fritschi und Stahl geplant, darüber streitet erneut die Politik - am Dienstag (3.5.) in einer gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Mobilität und für Stadtgestaltung.
In der Vorlage für die politischen Beratungen räumt die Planungsverwaltung ein, dass der Entwurf mit Blick auf Themen wie Nachhaltigkeit, Grün und Radverkehr nicht mehr zeitgemäß ist. Es sei nur bedingt möglich, diese Aspekte „funktionsgerecht in den bestehenden Entwurf einfließen zu lassen“.
Um zumindest einige neue Aspekte zu berücksichtigen, schlägt die Verwaltung vor, mobiles Grün und mehr Fahrradabstellplätze für den Straßenzug vorzusehen und ein Konzept für das Miteinander von Rad- und Fußverkehr zu entwickeln. Auf den ursprünglich geplanten Wasserlauf als ein zentrales Element des Entwurfs soll dagegen verzichtet werden.
Streit um dunkle Asphaltierung
Nicht verzichtbar ist nach Ansicht der Architekten dagegen die dunkle Asphaltierung der Promenade, auch wenn die zur Aufheizung der City beitrage.
Der starke Kontrast zwischen Promenadenteppich und umgebendem Pflaster sei ein maßgebliches Gestaltungselement, führte Architekt Prof. Benedikt Stahl als Gast in der Ausschusssitzung aus.

Ohne Wasserrinne, aber mit Wasserbecken - über die Gestaltung des Lichtboulevards Kampstraße wird weiter gestritten. © Atelier Fritschi und Stahl
Großes Verständnis fand er dafür im Ausschuss nicht. Wenn die Farbe ohnehin irgendwann schwinde, wie Stahl ausgeführt hatte, „warum machen wir sie nicht gleich ein bisschen heller“, fragte SPD-Sprecherin Carla Neumann-Lieven.
Der Wunsch nach mehr Grün scheint auf jeden Fall erfüllbar. „Wenn noch mehr Bäume möglich sind, sagen wir auf keinen Fall Nein“, erklärte Benedikt Stahl.
Die SPD deutete wie auch die CDU Zustimmung zur Vorlage der Verwaltung mit den Änderungsvorschlägen – also auch den Verzicht auf die Wasserrinne – an. Wasser sei aber – auch als Element zur Abkühlung – wichtig, betont Carla Neumann-Lieven.
Weiterhin geplant sind auf dem Boulevard auch drei größere Wasserbecken. „Und die müssen Wasser in Bewegung bieten“, sagte Planungsdezernent Ludger Wilde.
Die Grünen stimmten gegen die Vorlage, die Ratsvertreter Oliver Stieglitz „gruselig“ nannte. „Das ist alles nicht der große Wurf“, sagte er. Der hohe Grad an Versiegelung sei nicht mehr zeitgemäß. „Mit dieser Planung kann man die gesetzten Klimaziele nicht mehr erreichen“, ergänzte Grünen-Planungssprecher Matthias Dudde.
Kritik am Zeitplan
Aber es gibt abseits der Verwaltungsvorlage auch noch andere Kritikpunkte. Weiterhin Zweifel gibt es am Miteinander von Fuß- und Radverkehr. „Und die Verwaltung muss den Zeit- und Ablaufplan überdenken“, forderte CDU-Ratsherr Reinhard Frank.
Der sieht aktuell eine Fertigstellung des letzten Boulevard-Abschnitts zwischen Freistuhl und Hansastraße erst im Jahr 2029 vor. Nicht vermittelbar sei etwa, dass zur vierwöchigen Fußball-EM 2024 ein ganzes Jahr Baupause eingelegt werden soll, erklärte Frank. „Wir werden uns den Zeitplan nochmal ansehen“, versprach Baudezernent Arnulf Rybicki.
Generell sieht die Politik akuten Handlungsbedarf. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir die ganze Zeit nur auf Baustellen gucken“, sagte Reinhard Frank. In einem kurzfristig vorgelegten Antrag forderte seine Fraktion, dass die Verwaltung bis zur Ratsentscheidung am 23. Juni Vorschläge macht, wie man die Kampstraße während der langen Bauphase attraktiver gestalten kann.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
