Axel Schröder ist Inhaber der Postergalerie an der Kampstraße in Dortmund und führt den Verein Aktion Boulevard Kampstraße. „Wir werden schon seit zehn Jahren immer wieder vertröstet“, sagt er.

© Peter Wulle

City-Ärger in Dortmund: „Wettlauf mit dem Berliner Flughafen verloren“

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Von „Armutszeugnis“ ist die Rede, von „Versagen“. Auch 23 Jahre nach dem Planungsbeginn existiert der Boulevard Kampstraße nur auf dem Papier. Zum Ärger der Anlieger dieser City-Meile.

Dortmund

, 15.11.2021, 04:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Es sieht so schön aus auf den Plänen, die schon gut zehn Jahre alt sind. Bäume, ein Wasserlauf und ein Lichtband flankieren den Boulevard Kampstraße zwischen dem Rondell an der Hansastraße und dem Pylon an der Reinoldikirche.

Die Realität dagegen ist düster. Während die Straßenbahn hier nunmehr schon vor fast 14 Jahren unter der Erde verschwunden ist, ist oben immer noch alles beim Alten.

„Dabei hat man uns schon zu unserer Eröffnung 2009 den Boulevard Kampstraße versprochen“, sagt Michael Draeger vom Reisebüro und Reisecafé Stoffregen an der Krüger-Passage.

Boulevard Kampstraße ist seit Jahren eine Geduldsprobe

Was er sich damals so schön ausgemalt hat, etwa eine gemütliche Außengastronomie an der Flaniermeile und eine auf dem Boulevard parkende, ausrangierte und zum Café umfunktionierte Straßenbahn, ist längst aus dem Kopf. Die Straßenbahn, die zunächst das Café Stoffregen und dann die Gastronomie La Paz vergeblich versuchten, in Höhe der Hansastraße zu betreiben, ist längst verschwunden.

Diese Visualisierung ist schon gut zehn Jahre alt. So soll der Boulevard Kampstraße in Dortmund mit Wasserlauf, Wasserbecken und Lichtband vom Reinoldi-Pylon aus mal aussehen.

Diese Visualisierung ist schon gut zehn Jahre alt. So soll der Boulevard Kampstraße mit Wasserlauf, Wasserbecken und Lichtband vom Reinoldi-Pylon aus mal aussehen. © Stadt Dortmund

„Vor 16 Jahren habe ich bereits die Aktionsgemeinschaft Boulevard Kampstraße gegründet, weil ich wusste, dass eine Baustelle kommt. 2016 sollte der Boulevard in unserem Abschnitt fertig sein. Darauf habe ich auch mein Geschäft ausgerichtet, sagt Axel Schroeder, Inhaber des Geschäfts Postergalerie und Vorsitzender des Vereins Aktion Boulevard Kampstraße.

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Jedes Jahr, in dem der Boulevard nicht komme, koste ihn und die anderen Gewerbetreibenden in der Nachbarschaft richtig Geld. Für sein Geschäft schätzt Axel Schröder, dass ihm durch die fehlende Aufenthaltsqualität und die damit auch fehlende Kundenfrequenz Jahr für Jahr ein Umsatz im sechsstelligen Bereich durch die Lappen geht.

„Verständlich, dass viele den Glauben verlieren“

„Gut 20 Geschäfte haben in der Zwischenzeit schon aufgegeben, die darauf vertraut hatten, dass die gesamte Kampstraße zu einer sehr attraktiven Achse in der City wird“, sagt Axel Schröder und nennt beispielsweise Deko Buschmann, das Birkenstock-Fachgeschäft oder auch das Schuhgeschäft bei ihm nebenan.

Baustelle statt Glanzstück in der City: das Basecamp an der Stelle des früheren Karstadt-Technikhauses an der Kampstraße in Dortmund ist fertig, die Baucontainer sollen bald verschwinden. An den Boulevard, der hier entstehen soll, ist aber noch nicht zu denken.

Baustelle statt Glanzstück in der City: das Basecamp an der Stelle des früheren Karstadt-Technikhauses an der Kampstraße ist fertig, die Baucontainer sollen bald verschwinden. An den Boulevard, der hier entstehen soll, ist aber noch nicht zu denken. © Peter Wulle

„Den Wettlauf mit dem Berliner Flughafen haben wir verloren. Der Boulevard Kampstraße dauert noch länger“, sagt Reisebüro-Leiter Michael Draeger süffisant. Axel Schröder schließt sich dem an, will aber der Stadt Dortmund den guten Willen nicht absprechen.

Michael Draeger vom Reisebüro Stoffregen in Dortmund würde sich so sehr eine schöne Außengastronomie für das begleitende Reisecafé Stoffregen an einem attraktiven Boulevard Kampstraße wünschen. „Der wurde uns schon 2009 zur Eröffnung versprochen, ist aber eine never ending story“, sagt er.

Michael Draeger vom Reisebüro Stoffregen würde sich so sehr eine schöne Außengastronomie für das begleitende Reisecafé Stoffregen an einem attraktiven Boulevard Kampstraße wünschen. „Der wurde uns schon 2009 zur Eröffnung versprochen, ist aber eine never ending story“, sagt er. © (A) Schaper

„Ich möchte die Leistungsfähigkeit der Stadt Dortmund nicht beurteilen. Es gibt sicher viele Unwägbarkeiten bei diesem Stadtumbau-Projekt. Aber, es wundert mich nicht, wenn andere Zweifel bekommen“, so Axel Schröder. Seit über zehn Jahren werde man schließlich immer wieder vertröstet. „Da ist es verständlich, dass viele den Glauben verlieren.“

Zurzeit gilt ein Baustopp für den Boulevard Kampstraße

Auch angesichts der Tatsache, dass es mit dem Boulevard Kampstraße und dem neuen Einkaufserlebnis in der City auch in den nächsten Jahren nichts wird, will er selbst den Glauben nicht verlieren. „Die Perspektive etwa auch für Veranstaltungen in dem großen Straßenraum ist ja da. Es könnten dort Märkte oder auch Modeveranstaltungen mit einem großen Laufsteg stattfinden“, sagt Axel Schröder.

Das einstige Schuhgeschäft ist hier an der Krüger-Passage in Dortmund schon lange ausgezogen. Der Friseur- sowie Beauty- & Kosmetiksalon, der hier seine Neueröffnung seit dem Sommer ankündigt, ist bisher noch nicht eingezogen.

Das einstige Schuhgeschäft ist hier an der Krüger-Passage schon lange ausgezogen. Der Friseur- sowie Beauty- & Kosmetiksalon, der hier seine Neueröffnung seit dem Sommer ankündigt, ist bisher noch nicht eingezogen. © Peter Wulle

Er tröstet sich auch damit, dass das Basecamp mit den über 300 Studentenappartements jetzt fertig ist und bald ein Rewe-Supermarkt im Erdgeschoss eröffnet. „Das bringt Frequenz. Und dass dieser Citybereich eine gute Perspektive hat, zeigt ja auch, dass sich Decathlon hier als Nachfolger des Modehauses Böcker angesiedelt hat“, so Axel Schröder.

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Aktuell ruhen die Arbeiten für den Boulevard Kampstraße, die erste Ende Mai wieder aufgenommen worden waren. Anfang September wurde ein Baustopp verhängt, weil durch die Arbeiten an der Oberfläche unerwartete Bauschäden an der darunterliegenden U-Bahn-Station Reinoldikirche aufgetreten waren.

Die Stadt setzt bei dem bisher unter keinem guten Stern stehenden Projekt nun auf externe Hilfe. Ein Projektsteuerer von außerhalb wird hinzugezogen. Die Gesamtkosten für den Boulevard Kampstraße werden auf 21 Millionen Euro geschätzt. Wann er fertig wird, ist völlig unklar.

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