Die spontane Feier des Wahlergebnisses der Präsidentschaftswahl in der Türkei hat am Sonntagabend (28.5.) und in der Nacht zu Pfingstmontag (29.5.) für einen größeren Polizei-Einsatz in der Dortmunder Innenstadt gesorgt. Autofahrer fuhren unentwegt hupend und mit laut aufheulenden Motoren durch die City. Zudem behinderten sie den Verkehr unter anderem am Borsigplatz und auf dem Wall.
Die Polizei reagierte mit Strafanzeigen. Sie verhängte Ordnungswidrigkeitsanzeigen und Verwarngelder. Sie stellte Pyrotechnik sicher und erteilte 82 Platzverweise, wie es in einer Mitteilung der Pressestelle von Montagmorgen heißt. Man habe zahlreiche Anrufe von Bürgerinnen und Bürgern erhalten, die sich durch den Lärm belästigt fühlten.
Polizist angegriffen
Am Borsigplatz habe ein Teilnehmer des Autokorsos einen Polizisten angegriffen, berichtet die Polizei. Der Beamte habe zur Abwehr einen Schlagstock eingesetzt. Um weitere Straftaten zu vermeiden, habe man den Angreifer in Polizeigewahrsam genommen. Der Mann erhält eine Strafanzeige.
Die Menschen feierten die Wiederwahl des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, der sich bei einer Stichwahl knapp gegen seinen Herausforderer Kemal Kilicdaroglu durchgesetzt hatte. Schon als sich im Verlauf der Auszählung ein Sieg Erdogans abzeichnete, gingen in Dortmund die ersten seiner Anhänger auf die Straße. 200 Menschen hatten sich am Sonntagabend ab 19 Uhr auf dem Borsigplatz versammelt. Mit Flaggen, Rufen und einem Trommler feierten sie den türkischen Präsidenten.
Bis 20.30 Uhr hatte die Polizei nach eigenen Angaben noch keine Platzverweise ausgesprochen. Wegen der spontanen Feier auf dem Borsigplatz musste DSW21 den Betrieb der Stadtbahn-Linie U44 vorübergehend einstellen. Kurz nach 22 Uhr war der Borsigplatz wieder leer, und die Stadtbahnlinie konnte wieder fahren. Die Pressestelle der Polizei berichtet, dass ein „Sperrkonzept“ den Borsigplatz entlastet habe.
„Zeitgleich“, heißt es in der Polizei-Mitteilung, hätten sich immer mehr Autofahrer aus unterschiedlichen Richtungen und anderen Städten kommend auf dem Wall und dessen Zufahrtsstraßen eingefunden. Die Polizei regelte den Verkehr und leitete die zahlreichen hupenden und beflaggten Autos teils auf die anderen Hauptstraßen ab.
Dennoch kam der Verkehr stellenweise zum Erliegen. Über die Zahl der beteiligten Autos gibt es keine Angaben der Polizei.
Beschwerden wegen Lärms
Gegen Mitternacht war eine etwa 300 Personen umfassende Menschenmenge zu Fuß auf einer Fahrbahn des Walls unterwegs. Die Polizei zog nach eigenen Angaben zusätzliche Kräfte zusammen, um die Situation aufzulösen.
Nach Beobachtungen eines Reporters war der Wall auf Höhe Brückstraße gegen 0.45 Uhr voll gesperrt. Zu diesem Zeitpunkt seien jedoch nur noch einzelne Personen auf der Fahrbahn unterwegs gewesen, hieß es. Gegen 1 Uhr sei es auf dem Wall wieder so gut wie leer gewesen, wie die Polizei in der Nacht auf Nachfrage dieser Redaktion mitgeteilt hatte.
Im Inneren des Wallrings war es eher ruhig geblieben. Eine Gruppe Erdogan-Anhänger hatte gegen 22 Uhr mit einer großen Türkei-Flagge an der Katharinentreppe gefeiert.
Auf Fotos von der Feier sind zahlreiche Menschen zu sehen, die den sogenannten „Wolfsgruß“ (abgespreizter Zeigefinger und kleiner Finger bei zusammengelegtem Daumen, Mittel- und Ringfinger) zeigen. Hierbei handelt es sich um ein Symbol der rechtsextremen „Ülkücü“-Bewegung, bekannt als „Graue Wölfe“. Das Zeigen des „Wolfsgrußes“ ist in Deutschland nicht verboten.
Der Einsatz der Polizei war gegen 2 Uhr beendet.
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