Bei einem Einsatz in der Dortmunder Nordstadt hat die Polizei auf einen 16-Jährigen geschossen. Der Jugendliche ist im Krankenhaus gestorben.

Bei einem Einsatz in der Dortmunder Nordstadt hat die Polizei auf einen 16-Jährigen geschossen. Der Jugendliche ist im Krankenhaus gestorben. © Lukas Wittland

„Sticht der zu - oder schießt die Polizei?“ – Neue Details zu Todesschüssen auf Mouhamed D. (16)

rnNordstadt

An Tag drei nach dem Tod des 16-jährigen Mouhamed D. durch Schüsse bei einem Polizeieinsatz werden neue Details zum möglichen Ablauf des Geschehens diskutiert. Polizeipräsident und Innenminister äußern sich.

Dortmund

, 11.08.2022, 18:03 Uhr / Lesedauer: 2 min

Nach wie vor beschäftigen die Umstände des Todes von Mouhamed D. (16) viele Menschen. Was ist bei dem Polizeieinsatz passiert, bei dem fünf Schüsse aus einer Maschinenpistole den Jugendlichen trafen, der an den Folgen seiner Verletzungen starb?

Die Staatsanwaltschaft Dortmund äußert sich aktuell nicht mehr zu Zwischenständen der Ermittlungen. Sie möchte laut dem zuständigen Oberstaatsanwalt Carsten Dombert zunächst ein „Gesamtbild“ erhalten und in drei bis vier Wochen Ergebnisse vorstellen.

Innenminister Herbert Reul nennt Details zum Einsatzgeschehen

Dafür gibt es von anderen Seiten viele Einlassungen zum Thema. Am Mittwochabend war es zunächst war es Herbert Reul (CDU), als Innenminister der Vorgesetzte aller NRW-Polizisten, der sich gegenüber dem WDR zu der Situation äußerte.

Die Polizisten hätten sich laut Reul in einer „ungeheuer schwierigen Lage“ befunden.

Betreuer des Jugendlichen hatten die Polizei gerufen, weil der junge Mann sich habe umbringen wollen, schilderte Reul. Die Polizei habe dann in einem Stufenverfahren versucht zu deeskalieren.

NRW-Innenminuster Herbert Reul (CDU).

NRW-Innenminuster Herbert Reul (CDU). © dpa

Taser wurde laut Herbert Reul zweimal eingesetzt

„Erst sind Polizisten in Zivil hingegangen und haben versucht, ihn runterzureden. Als das nicht wirkte, hat man versucht, ihn mit Reizgas abzulenken.“ Als auch das nicht funktionierte, setzten die Beamten laut Reul zweimal den Taser ein – das Elektroschockgerät habe einmal getroffen, jedoch ebenfalls ohne Wirkung.

„Und derjenige ist immer aufgeregter, ich sag mal angespannter, aggressiver auf die Polizisten zugerannt. Und in dieser Situation ging es um die Frage: Sticht der zu – oder schießt die Polizei?“

Reul bestätigte, dass ein Polizist aus der Entfernung geschossen habe, um einen Angriff auf seinen Kollegen zu verhindern. Am Tatort waren Patronenhülsen an einer Stelle zu sehen, die außerhalb des Kirchengeländes liegen, auf dem die Schüsse Mouhamed D. trafen. Möglicherweise fielen die Schüsse durch einen Zaun oder darüber hinweg.

Staatsanwaltschaft kommentiert neue Schilderungen des Ablaufs nicht

Detaillierte Schilderungen des Geschehens finden sich mit Berufung auf Sicherheitskreise am Mittwoch in verschiedenen Medien. So sei der Beamte, der die Schüsse aus einer Maschinenpistole des Typs MP-5 abgab, laut Informationen von „WAZ“ und „Focus“ eingesetzt gewesen, um den Einsatz im Hintergrund abzusichern.

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Zwei Beamte hätten Mouhamed D. gegenübergestanden. Dieser habe sich zuvor in suizidaler Absicht ein Messer an seinen Bauch gehalten.

Nach zwei erfolglosen Entwaffnungsversuchen durch Reizgas und Taser soll D. aufgesprungen und mit vorgehaltener Klinge auf die Beamten zugelaufen sein. Die Schussabgabe sei aus drei Metern Entfernung erfolgt. Die Staatsanwaltschaft Dortmund wollte diese Schilderungen ebenfalls nicht kommentieren.

Polizeipräsident Gregor Lange wirbt um Vertrauen in die Polizei

Der Dortmunder Polizeipräsident Gregor Lange hat sich in einer Mitteilung am Donnerstag (11.8.) erstmals zur aktuellen Situation geäußert. Als Beteiligte des laufenden Verfahrens darf sich seine Behörde nicht zu Einzelheiten des Einsatzgeschehens äußern.

Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange.

Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange. © dpa

Lange bittet um Geduld und Besonnenheit in der Phase der Faktenaufarbeitung: „Nach den Geschehnissen ist jetzt die Zeit für rechtsstaatliche Verfahren. Ich habe großes Vertrauen in die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Dortmund.“

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Er nehme „den in der Öffentlichkeit in Teilen thematisierten Vertrauensverlust in die Polizei mit Bestürzung zur Kenntnis“. Zugleich sagt er: „Ich bin zutiefst überzeugt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Dortmunder Polizei für ihre engagierte Arbeit das Vertrauen der Menschen verdienen.“

Die Dortmunder Polizei stehe „für Vielfalt, Toleranz und Demokratie“. Der Austausch mit gesellschaftlichen Gruppen in der Nordstadt solle aber intensiviert werden.

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