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Steag in der Krise: DSW21 muss erneut Millionen Euro zuschießen
Sanierungsfall
Steag und kein Ende: Als größter Eigentümer will DSW21 seine Anteile am kriselnden Energieerzeuger nun doch verkaufen. Zuvor aber muss DSW21 neues Geld nachschießen – und die Politik zustimmen.
Wie die weiteren fünf kommunalen Steag-Gesellschafter reicht auch DSW21 sein 36 Prozent großes Anteilspaket am Essener Stromversorger Steag an die RAG-Stiftung weiter. Aufgabe der Stiftung ist es, die Anteile treuhändisch zu übernehmen, Steag zu sanieren und bis 2024 einen Käufer für das Unternehmen zu finden.
Für die Steag-Gesellschafter, Kommunal-Versorger aus Dortmund, Duisburg, Bochum, Essen, Oberhausen und Dinslaken, wäre es ein Abschied auf Raten. Die meisten von ihnen suchen seit Langem den Ausstieg aus einem Abenteuer, in das sie sich 2011 und 2014 mit dem 1,2 Milliarden Euro schweren Kauf des Energieunternehmens begeben haben. Zu groß ist die Ernüchterung über aktuell ausbleibende Erlöse des Noch-Kohleverstromers.
Im Gegensatz zu den Mitgesellschaftern hatte sich DSW21 mit einem „Ja“ zum Verkauf seiner Steag-Anteile zuletzt schwergetan. Das hat sich geändert: Jetzt lässt DSW21-Vorstandschef Guntram Pehlke verlautbaren,, „im Grundsatz auch die eigenen Anteile in einen Verkaufsprozess einzubringen.“
Kapitalbedarf beläuft sich auf insgesamt 30 Millionen
Hintergrund: DSW21 ist zwar Konsortialführer, beugt sich aber dem Druck der anderen Gesellschafter. Sie sehen größere Chancen, einen Investor zu finden, wenn das Steag-Paket von der RAG-Stiftung zu 100 Prozent auf dem Markt angeboten werden kann.
Bis Ende 2023 hat die Stiftung Zeit, Steag zu sanieren und das Essener Unternehmen konsequent auf das Geschäft mit Erneuerbaren Energien auszurichten.
Problem dabei: Aktuell muss wieder mal frisches Geld her, um die Zinsen der Bankkredite zu bedienen. Die Unternehmensberatung Roland Berger, die ein Sanierungsgutachten erstellt hat, sieht einen Kapitalbedarf von 30 Millionen Euro. Den müssten die Gesellschafter aufbringen, abhängig von der Größe ihrer Anteile.
Bochum und Oberhausen verabschieden sich aus der Runde, sie wollen endgültig kein weiteres Geld mehr in Steag hineinpumpen. Die Folge: Für die weiteren vier Gesellschafter wird es teurer. Sie müssen entsprechend mehr Mittel auf den Tisch legen.
DSW21 muss wohl 14,4 Millionen Euro liefern
Bei einem Verbleib aller sechs wäre DSW21 mit einem Anteil von 10,8 Millionen Euro dabei gewesen. Jetzt aber steigt der DSW21-Anteil auf 14,4 Millionen Euro. Dabei hatte DSW21 erst 2019 eine Kapitalspritze von rund 60 Millionen Euro aufgezogen.
In der Hoffnung, Steag werde nach der Sanierung deutlich an Wert zulegen, ist DSW21 bereit, nochmal ins Feuer zu gehen. Zuvor muss sich die 100-prozentige Stadt-Tochter die Zustimmung der Politik holen. Zwar sind bereits erste Gespräche mit den Ratsfraktionen geführt worden.
Was aber noch fehlt, ist das formelle Einverständnis. Das soll zunächst im Rahmen einer Sonder-Aufsichtsratssitzung von DSW21 am 11. Mai (Dienstag) eingeholt werden – der Rat der Stadt ist dann am 20. Mai (Donnerstag) am Zug.
Allerdings will sich DSW21 das Geld wiederholen. Der Plan: Kommt es 2024 zu einem Verkauf von Steag, will DSW21 einen entsprechend höheren Anteil herausbekommen.
Welchen Wert hat Steag bei einem Verkauf 2024?
Bis zu einer Verkaufssumme von 375 Millionen Euro sollen die Kommunalen, die jetzt noch einmal nachschießen, mehr Geld bekommen, als ihnen nach der Größe ihrer Beteiligung eigentlich zustünde. Alle Summen, die darüberhinaus anfallen, werden nach den alten Anteilen abgerechnet.
Dennoch bleiben die Risiken hoch. Die große Unbekannte ist die Frage, welche Erlöse sich mit dem Steag-Verkauf überhaupt erzielen lassen. Die Schätzungen der Gutachter setzen da bestenfalls Eckpunkte – und die liegen extrem auseinander.
Die Unternehmensberatung Roland Berger etwa macht eine Spanne von 200 bis 800 Millionen Euro auf. Ein weiterer Gutachter taxiert den Wert zwischen 250 Millionen und 1,1 Milliarden Euro. Entscheidend für den tatsächlichen Preis dürften die Fragen sein, wie weit die Sanierung und der Umbau hin zu erneuerbaren Energien 2024 fortgeschritten sind.
Es bleibt eine Rechnung mit Unbekannten
So bleibt derzeit offen, mit wie viel Geld DSW21 am Ende tatsächlich rechnen darf. Und: Bevor Verkaufserlöse an die Gesellschafter verteilt werden, sind erst einmal die Banken an der Reihe.
DSW21 hatte beim Steag-Kauf 135 Millionen Euro Eigenkapital eingebracht. Aktuell hat die Steag-Beteiligung noch einen Buchwert von 58 Millionen Euro. Neben eigenem Geld hatten die Gesellschafter rund 900 Millionen Euro Bankkredite aufgenommen. Ungefähr die Hälfte (470 Millionen Euro) ist davon abgetragen.
Jahrgang 1961, Dortmunder. Nach dem Jura-Studium an der Bochumer Ruhr-Uni fliegender Wechsel in den Journalismus. Berichtet seit mehr als 20 Jahren über das Geschehen in Dortmunds Politik, Verwaltung und Kommunalwirtschaft.