Ein eingespieltes Team: Der anerkannte Schweißhundführer Michael Reinke und seine Hündin Biene.

© Michael Schuh

Jagd nach verletzten Tieren: Hündin Biene ist einzigartig in Dortmund

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Michael Reinke und seine Hündin bilden die einzige Schweißhundstation Dortmunds. Gemeinsam suchen sie nach verletztem Wild. Das Unterfangen ist allerdings nicht immer ungefährlich.

Dortmund

, 16.08.2020, 11:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Sie wird zwar nur „Biene“ genannt, doch offiziell heißt die Bayerische Gebirgsschweißhündin „Malu vom Hohenhahn“.

Und trotz dieses adligen Namens erledigt sie regelmäßig einen echten Knochenjob: Gemeinsam mit Herrchen Michael Reinke bildet sie die einzige Schweißhundstation Dortmunds.

Die Jagdhündin sucht nach Wild, das auf der Jagd oder bei Verkehrsunfällen verletzt wurde. Der Fachbegriff dafür lautet Nachsuche.

Nur Experten erhalten Welpen aus der Leistungszucht

Seit fast 20 Jahren ist Reinke Jäger, doch erst 2016 entschied sich der 54-Jährige für die Anschaffung eines Bayerischen Gebirgsschweißhundes.

Ein nicht alltäglicher Vierbeiner, denn mittlerweile gibt es Exemplare der Rasse zwar vielerorts zu kaufen, doch Welpen aus einer Leistungszucht erhalten nach wie vor nur Jäger und Mitglieder des Klubs für Bayerische Gebirgsschweißhunde.

Und aus solch einer Zucht stammt auch Biene – Entschuldigung: Malu vom Hohenhahn.

Bei der Nachsuche trägt Biene ein Halsband mit einem Sender, über den sie in Notfällen gefunden werden kann.

Bei der Nachsuche trägt Biene ein Halsband mit einem Sender, über den sie in Notfällen gefunden werden kann. © Michael Schuh

Diese Auswahl des Besitzers hat durchaus ihren Grund: Denn einerseits gelten die Tiere zwar als ausgeglichene und anhängliche Familienhunde, andererseits handelt es sich aber um hochleistungsfähige Arbeiter mit einem stark ausgeprägten Spurtrieb.

Kurzum: Bekommt solch ein Meister der Nachsuche keine Aufgabe, wird er nicht glücklich.

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Doch Biene fand ihr Glück bei Michael Reinke, der heute, vier Jahre nach dem Erwerb der Hündin und ungezählten Nachsuchen sagt: „Für mich gibt es kein schöneres Jagen, als mit dem Hund gemeinsam unterwegs zu sein. Außerdem muss ein Jäger dem Tierschutz gerecht werden – und die Nachsuche ist ein Teil des Tierschutzes.“

Auf der Suche nach verletztem Schwarz-, Reh- oder Damwild

Bevor sich das zweiköpfige Team aber auf die Suche nach verletztem Schwarz-, Reh- oder Damwild machen durfte, stand zunächst eine 14-monatige, intensive Ausbildung des Hundes auf dem Programm.

Die begann damit, eine kleine sogenannte Futterschleppe über den Boden zu ziehen, der Biene mit der Nase folgte.

Erledigte sie die Aufgabe erfolgreich – und das tat sie – erhielt sie anfangs ein Leckerchen und wusste somit, dass es sich lohnt, einer Fährte zu folgen. Inzwischen bedarf es aber keiner Leckerchen mehr, um den Hund zu belohnen. „Wenn sie fündig geworden ist, dann erhält sie Lob“, sagt Reinke. „Dann ist sie glücklich.“

Wo ist Biene? Dieser einem Handy nicht unähnliche Empfänger verrät es Michael Reinke.

Wo ist Biene? Dieser einem Handy nicht unähnliche Empfänger verrät es Michael Reinke. © Michael Schuh

Während der Ausbildung, bei der nach einer gewissen Zeit ein sogenannter Fährtenschuh mit einem Stück Wildschwein zum Einsatz kommt, werden die Entfernungen zwischen dem Beginn der Suche und der Fundstelle immer größer.

Zudem lernt der Hund, den Ort zu finden, an dem das Tier angeschossen oder verletzt wurde, und kann sogar – man höre und staune – nur anhand der Witterung erkennen, ob es sich um krankes oder um gesundes Wild handelt.

Auch in fremden Revieren mit Waffe unterwegs

Anschließend stand die Prüfung zum Nachsuchen-Gespann auf dem Programm, die das Team meisterte.

Später wurde Reinke dann von der Unteren Jagdbehörde zum anerkannten Schweißhundführer ernannt, da er mit Biene sowohl einen dafür notwendigen Rassehund besitzt als auch alle anderen Bedingungen erfüllte.

Und eine solche Ernennung ist wichtig, denn nur der anerkannte Schweißhundführer darf über Reviergrenzen hinaus eine Waffe führen. Und die benötigt er oftmals, um das verletzte Tier zu erlösen.

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Seit November 2018 ist das Duo nun in den Wäldern und Feldern Dortmunds, aber auch im Märkischen und im Ennepe-Ruhr-Kreis oder in Hagen unterwegs. Allein 2019 brachten es Reinke und Biene auf 75 Einsätze.

Nachts möchte Reinke keiner angeschossenen Sau begegnen

„Ich bin zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar“, erzählt der selbständige Hörgeräteakustiker, dass bei ihm regelmäßig das Telefon klingelt und verletztes Wild gemeldet wird.

Das geschieht zwar auch nachts, doch die eigentliche Nachsuche beginnt für ihn erst in den frühen Morgenstunden: „Die Gefahr, sich bei Dunkelheit zu verletzen, ist einfach zu groß. Und nachts möchte ich einer angeschossenen Sau nicht begegnen.“

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Ansonsten gebe es aber keine Auszeiten, fährt der 54-Jährige fort: „Neulich wollte ich mit meinen Töchtern essen gehen, aber plötzlich stand eine Nachsuche an. Und auch am Morgen des Heiligen Abends waren wir schon mal unterwegs.“

Zumeist folgt er dabei dem Hund, der sich an einem knapp 15 Meter langen Schweißriemen befindet und – der Witterung folgend – vorausläuft. Bei einem flüchtigen Tier mit Verletzung wird Biene aber losgelassen.

Damit sich Herrchen und Hund immer wiederfinden, hat der Vierbeiner einen Sender an seinem Halsband; auf einem Empfänger kann Reinke so stets erkennen, wo sich seine Hündin gerade befindet.

Biene ist zufrieden und stolz: Die Hündin hat den toten Keiler gefunden.

Biene ist zufrieden und stolz: Die Hündin hat den toten Keiler gefunden. © Privat

Nichtsdestotrotz ein keineswegs gefahrloses Unterfangen für beide Partner. Bei dem 54-Jährigen führten hervorstehende Äste bereits zu zwei Augenverletzungen, und auch Biene hatte – trotz Schutzweste – schon so manche Wunde.

Nach dem Fund des Tieres ist Biene mächtig stolz

Zudem erfordert eine solche Nachsuche, die auch schon mal fünf Kilometer lang durch die Wälder führen kann, eine gehörige Portion Kondition, die sich Reinke bei Läufen und beim Mountainbike-Fahren holt.

Doch all der Stress ist vergessen, wenn Biene laut bellend anzeigt, dass sie das tote oder verletzte Tier gefunden hat. „Dann ist sie mächtig stolz.“

Info

Die Nachsuche

  • Trotz der fundierten Ausbildung findet ein Schweißhund längst nicht jedes verletzte Stück Wild, das er sucht. In solchen Fällen informiert Reinke häufig seinen Kollegen von der Schweißhundstation Unna, sodass sich die beiden Gespanne auf die Suche begeben.

  • Ein Schweißhundführer müsse sich zudem gut in der Anatomie des Wildes auskennen, sagt Michael Reinke: „Denn wenn man einen Knochensplitter des Tieres findet, ist es gut zu wissen, welchen Schuss es hat.“
  • Dennoch bleibe die Nachsuche für Mensch und Tier nicht ungefährlich: „Der Hund eines Kollegen ist schon mal von einem Rehbock auf die Hörner genommen worden.“

  • Mehr Informationen auf der Homepage www.nachsuche.nrw oder bei Michael Reinke unter Tel. (0171) 3 05 09 40.
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