Gabi Quiatek betreibt in Dortmund ein Reisebüro.

© Reisebüro Quiatek

Reisebüro-Chefin entsetzt: „Wer jetzt Urlaub bucht, wird angefeindet“

rnTourismus in der Krise

Reisefrust statt Reiselust: Die Urlaubslaune der Dortmunder kommt nicht in Schwung. Reisebüro-Inhaberin Gabi Quiatek aus Hörde spürt bei den Kunden große Verunsicherung – und erlebt Kurioses.

Dortmund

, 25.02.2021, 07:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Das Wetter frühlingshaft, die Osterferien in Sichtweite und den Sommerurlaub im Kopf. Trotz oder gerade wegen Corona will doch jeder verreisen, oder? „Das meint man, aber ich sehe nicht wirklich, dass die Menschen abflugbereit auf gepackten Koffern sitzen“, sagt Gabi Quiatek.

Die Hörderin ist seit 31 Jahren selbstständig und betreibt ein Reisebüro am Rudolf-Platte-Weg unweit des Phoenix-Sees. Das, was sie zurzeit an Reisefrust statt Reiselust erlebt, habe sie noch nie erlebt. „Ja, es haben alle Fernweh, aber dieses Fernweh bezieht sich leider eher nicht darauf, es dieses Jahr zu stillen“, sagt Gabi Quiatek und schildert, mit welchen Schwierigkeiten sie gerade zu kämpfen hat.

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„Eine Familie, die ihren Kanaren-Urlaub vom vorigen Jahr auf die diesjährigen Osterferien verlegt hat, möchte jetzt nicht noch einmal umbuchen - was auch total verständlich ist -, da sie felsenfest davon überzeugt sind, dass in diesem Jahr nichts realisiert werden kann“, erzählt die Reisebüro-Chefin. Sie spürt in diesen Tagen, dass auch das Reisejahr 2021 keines werden wird. Wieder Balkonien statt Balearen? Oder Quakenbrück statt Quarantäne nach einem Auslandsaufenthalt?

Urlaub buchen: „Kostenlose Stornierungen sind möglich“

„Natürlich gibt es diejenigen, die sofort losfahren wollen. Aber bei einer genauso großen Anzahl an Menschen hat die Panikmache der Regierung derart gefruchtet, dass sie sich gar nichts mehr trauen“, sagt Gabi Quiatek und bekommt im gleichen Moment vier Stornierungen für Kreuzfahrten auf den Tisch, die für Ende April wieder einmal nicht stattfinden dürfen.

Einige Kunden stornieren aber auch von sich aus. Zu früh, wie sie findet. „Zum Beispiel wurde eine für September gebuchte Kreuzfahrt gerade von den Kunden abgesagt, weil die Angst da ist, dass man nicht vom Schiff herunter darf“, so Gabi Quiatek.

Hier sollte man doch auch einmal, meint sie, Vertrauen in die Reedereien haben, die doch niemals den Kunden an den Vertrag binden würden, wenn er einen Großteil seiner Leistungen nicht erfüllt bekommt: „Auch wenn einige Veranstalter sich letztes Jahr nicht wirklich kooperativ aufgeführt haben, sie sind doch alle keine Monster!“

Mitten in der Stornoflut gehen dann zwei Anfragen für Ferienhäuser ein. „Die Interessenten wollen aber nur buchen, wenn eine Stornierung kostenfrei bis zum Anreisetag möglich ist und keine Anzahlung erfolgen muss. Also, die Leute sind extrem vorsichtig. Der finanzielle Aspekt ist riesig - bedingt durch die schleppende Rückzahlung der Veranstalter im letzten Jahr. Und diese Sorge ist verständlich“, so Gabi Quiatek.

Die Reiseveranstalter würden aber alles Mögliche tun, die Kunden zum Buchen zu motivieren. „Kostenlose Stornierungsmöglichkeiten bis 14 Tage vorher oder sogar kurzfristiger sind möglich“, betont Gabi Quiatek und fügt an: „Warum nutzt man das denn nicht einmal, um sich Vorfreude zu schaffen? Das brauchen wir alle mehr denn je.“

Reisebranche muss Vertrauen zurückgewinnen

Vor Kurzem hatte sie dann mal ein Ehepaar, das für März eine Flugreise buchen wollte. „Das Paar hat aber wieder abgesagt. Sie möchten nicht, dass Nachbarn erfahren, dass sie reisen. Man habe Angst, dass man sie verurteilt und mobbt, erzählten sie.“

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Und so etwas hört Gabi Quiatek durchaus öfter. „Die sehr, sehr wenigen Gäste, die einen Urlaub buchen - ich hatte letztens ein Erfolgserlebnis, für 800 Euro eine Woche Kanaren verkauft zu haben, was mir übrigens 80 Euro einbringt - verraten ihren Bekannten nicht, dass sie in den Urlaub möchten. Sie würden dafür angefeindet“, sagt sie.

Die Beispiele zeigten, wie groß die Angst vor Corona sei, wie groß die Verunsicherung sei und wieviel Vertrauen die Reisebranche wieder zurückgewinnen müsse. Dafür sei es höchste Zeit. Die Existenz tausender Kolleginnen und Kollegen stehe auf dem Spiel.

Unverbindliche Reservierungen für die zweite Jahreshälfte

„Ich selbst führe für meine Busreisen derzeit nur eine unverbindliche Teilnehmerliste für die bevorstehenden Touren und wage es nicht, die Kunden anzusprechen, ob sie jetzt zum Beispiel für Oktober 2021 fest buchen wollen“, sagt Gabi Quiatek. Niemals würde man aber doch eine Reise durchführen, mit der man die Gäste gefährde. „Aber ohne den Zuspruch, dass man eine Reise mitmacht, wenn sie denn tatsächlich durchgeführt wird, kann niemand planen.“

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Andere Reisebüros machen zurzeit ähnliche Erfahrungen und spüren auch die Verunsicherung der Kunden. „Die meisten sagen: Ich fahre nur geimpft“, sagt Mareen Schink von Lensing Reisen an der Silberstraße 21. Die Busreisen, die sie üblicherweise zum Frühling anbietet, gibt es auch in diesem Jahr nicht. „Ich denke nicht, dass es Osterreisen gibt. Wir probieren jetzt mal Busreisen für den Herbst“, so Mareen Schink.

Michael Draeger vom Reisecafé Stoffregen in der Dortmunder City kämpft sich durch die Krise

Michael Draeger vom Reisecafé Stoffregen in der City kämpft sich durch die Krise. „Wir sind die am härtesten betroffene Branche“, sagt er und baut auf das Vertrauen der Kunden. © Schaper

Michael Draeger im Reisebüro Stoffregen an der Kampstraße setzt darauf, dass die Branche das Vertrauen der Kunden behält. „Ich kann keinem sagen: Deine Reise findet statt. Auch für 2022 kann ich das nicht. Aber ich kann ein gutes Gefühl und die Vorfreude auf eine Reise geben“, sagt er.

„Der Kunde“, so Michael Draeger, „kann sorglos buchen und ist am besten bedient in der ganzen Situation. Entweder die Reise klappt oder sie klappt nicht. Und wer nur geimpft verreisen will, bis zum Urlaub aber nicht geimpft ist, kann bis 14 Tage vorher kostenlos stornieren. Es gibt keinen Verlust.“

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