
© Oliver Schaper (Archiv)
Plötzlich berühmt – Ganz Deutschland schaut auf einen Dortmunder Professor
Carsten Watzls Jahresrückblick
Auf einmal kennt ihn ganz Deutschland: Der Dortmunder Immunologe Carsten Watzl ist 2021 zu einem der gefragtesten Corona-Experten geworden. Wie es zu dazu kam – und wie der Professor damit umgeht.
Professor Carsten Watzl hat eigentlich einen Beruf, der nicht zwingend mit großer Berühmtheit einhergeht. Der Immunologe arbeitet am Dortmunder Leibniz-Institut für Arbeitsforschung. Über das zurückliegende Corona-Jahr haben ihn seine Einschätzungen zu Impfungen allerdings immer öfter auf die große Bühne geführt. Wie geht er damit um?
Über 500 Interviews in einem Jahr
„Eigentlich bin ich ja selbst schuld“, sagt Carsten Watzl scherzhaft. „Ich könnte mich ja auch einfach etwas blöder anstellen, dann würde man mich vermutlich nicht mehr zu Interviews einladen.“
Seit Dezember 2020 zähle er mit, wie viele Gespräche mit Journalisten er führe. Unser Gespräch Mitte Dezember 2021 sei etwa Nummer 510. Entwickelt habe sich das aber erst im Laufe des zurückliegenden Jahres. Oder wie Carsten Watzl es sagt: „Das hat sich so langsam hochgeschaukelt.“
In Bremen fing es an
„Radio Bremen war unter den ersten, die mich entdeckt haben“, erzählt Carsten Watzl. Mittlerweile gibt es wenige große Sendungen, in denen der Immunologe nicht war. „Tagesthemen“, „Heute-Journal“, „Hart aber Fair“. Fotos von Carsten Watzl haben es sogar nach Japan geschafft.
Im Durchschnitt gebe er mehr als ein Interview am Tag. Es gebe allerdings auch Tage mit deutlich mehr Gesprächen. „Wenn man einmal bei Lanz war, werden die Anfragen natürlich mehr“, sagt Carsten Watzl. Der Rekord seien 11 Interviews an einem Tag gewesen. Damals hatte Watzl sich im ZDF kritisch zu Joshua Kimmichs Bedenken gegenüber der Corona-Impfung geäußert.
Fragen nach Ferndiagnosen
„Ich kriege natürlich auch Zuschriften von Leuten, die nicht damit einverstanden sind, was ich sage. Vor allem, wenn ich das böse Wort ‚Lockdown‘ in den Mund nehme. Das bleibt aber im Rahmen, damit kann ich umgehen.“
Auch individuelle Fragen zur Impfung erreichen Carsten Watzl häufig. Nur gebe seine Zeit leider nicht her, die immer zu beantworten. „Ich habe in meinem E-Mail-Postfach mittlerweile einen Ordner, der heißt ‚to answer when there is time‘ (dt.: beantworten, wenn Zeit dafür ist, d. Red.)- nur: Wann mal wieder Zeit sein wird, weiß ich eben nicht.“
Und noch etwas betont Carsten Watzl: Eigentlich sei er gar kein Experte für das Coronavirus oder Impfungen dagegen. „Ich bin kein Mediziner, sondern Biologe. Ich erforsche das Immunsystem, aber die Informationen zum Coronavirus muss ich mir auch aus Studien anlesen.“
Forschungsprojekt an „Killer-Zellen“
Im Leibniz-Institut, dessen Fachbereich für Immunologie er leitet, gebe es noch zwei andere Projekte, die Carsten Watzl umtreiben. Zum einen werde dort geforscht an sogenannten „natürlichen Killer-Zellen“ - einem Teil des Immunsystems, der Viren aber zum Beispiel auch Krebs-Zellen abtöten könne.
Zum anderen erforsche das Team Einflussfaktoren aus dem (Arbeits-) Alltag auf das Immunsystem, zum Beispiel Stress. „Das ist methodisch anspruchsvoll, weil man dafür Menschen braucht. Das geht nicht an Mäusen, weil die so wenig arbeiten.“
Seine Mitarbeitenden hätten ihn schon gern zurück, so Carsten Watzl. „Und ich hoffe natürlich auch, dass ich irgendwann mal wieder das machen kann, was ich eigentlich tue.“ Aber die Informationsarbeit zur Coronavirus-Impfung sei eben auch sehr wichtig.
Und ein Ende ist aktuell nicht wirklich abzusehen: Mit der Omikron-Variante und den damit einhergehenden Herausforderungen und Spezialfragen zu Impfungen, Impfstoffen und Immunreaktionen werden aller Voraussicht nach auch wieder jede Menge Medienanfragen eintrudeln. Wohl auch von uns.
Geboren in Dortmund. Als Journalist gearbeitet in Köln, Hamburg und Brüssel - und jetzt wieder in Dortmund. Immer mit dem Ziel, Zusammenhänge verständlich zu machen, aus der Überzeugung heraus, dass die Welt nicht einfacher wird, wenn man sie einfacher darstellt.
