Dortmunder Immunologe Watzl: Booster nicht wegen Omikron verschieben
Corona-Variante
Die Omikron-Variante des Coronavirus besorgt die Welt. Der Dortmunder Immunologe Prof. Dr. Carsten Watzl schätzt die Lage ein. Und erklärt, warum man mit dem Booster nicht warten sollte.

Dr. Carsten Watzl ist Leiter des Forschungsbereichs Immunologie an der TU Dortmund. © Oliver Schaper (Archivbild)
Prof. Dr. Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, ist einmal mehr ein viel gefragter Mann in diesen Tagen. Seine Einschätzung der Omikron-Variante fällt noch vorsichtig aus. Dennoch spricht er sich für konsequente Maßnahmen aus.
Es gebe bei Omikron wie bei allen bisher bekannt gewordenen Varianten drei entscheidende Fragen: Ist sie ansteckender als vorherige? Kann sie den Immunschutz umgehen? Steigt die Gefahr schwerer oder tödlicher Verläufe? „Genaue Daten gibt es bisher zu keinem der Punkte“, sagt Watzl.
So lange dauert es bis gesicherte Daten vorliegen
Rund zwei Wochen werde es dauern, bis Daten zu den ersten beiden Fragen vorliegen. Die Frage der Krankheitsverläufe nehme mehr Zeit in Anspruch.
Omikron besitzt im Vergleich zum ursprünglichen Sars-CoV-2 eine ungewöhnlich hohe Zahl von etwa 30 Aminosäureänderungen allein im Spike-Protein. Darunter sind Mutationen, von denen bekannt ist, dass sie mit einer stärkeren Übertragbarkeit und Umgehung des Immunschutzes in Verbindung stehen.
Laut Watzl sei die Variante wahrscheinlich schon verbreiteter als bekannt, werde aber jetzt erst erkannt, weil etwa auf Flügen aus Südafrika aktiv gescreent worden sei.
Wird die Delta-Variante verdrängt?
Erste Daten suggerieren, dass die neue Variante das Potenzial hat, Delta zu verdrängen. Carsten Watzl sagt deshalb: „Das, was wir jetzt entdecken ist sicherlich erst der Anfang.“
Es sei deshalb wichtig „einen Vorsprung zu gewinnen“. Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie hatte kürzlich errechnet, dass bei einer Zahl von 800.000 bis 1,2 Millionen Impfungen am Tag in Deutschland Mitte Dezember der Höhepunkt der vierten Welle überschritten werden könne.
„Bis dahin werden jetzt schon stark belastete Bundesländer mit noch weiter belastet, andere kommen in Bereiche, wo es schwieriger wird. Ohne Gegensteuern wird es nicht möglich sein“, sagt Watzl.
Seine Einschätzung: Bundesländer mit hoher Inzidenz und niedriger Impfquote werden um einen Lockdown kaum herumkommen. In Ländern, die bei diesen Werten besser aufgestellt sind, wozu er auch NRW zählt, könnte eine konsequente Umsetzung von 2 G oder 2 G plus bereits helfen.
Watzl: Booster-Termine nicht verlegen
Der „Vorsprung“ sei auch wichtig, um Impfstoffe gegebenenfalls anpassen zu können. Die mRNA-Impfstoffe seien dabei schneller anpassbar als die Vektor-Impfstoffe.
Fest steht laut Watzl, dass die bisher verabreichten Booster-Impfungen auch vor Varianten einen besseren Schutz bieten. „Es wäre deshalb keine gute Idee, Booster-Termine jetzt zu verschieben und zu warten“, sagt der Immunologe von der TU Dortmund.