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Platanen-Befürworter der B1 – traut euch, mit offenem Visier zu kämpfen
Meinung
Eine Initiative möchte den alten Allee-Charakter der B1 wiederherstellen und dafür 200 Bäume opfern. Doch ihr Vorgehen zeugt von einem zweifelhaften Demokratieverständnis, meint unsere Autorin.
Nur wenn man weiß, wo man suchen muss, findet man ihre Broschüre im Internet und die Liste der Namen, die sich hinter dem „Befürworterkreis Neue Platanen für Dortmunds Lebensader“ verbergen. Sie wollen den historischen Charakter der B1-Allee zwischen Vosskuhle und Max-Eyth-Straße wiederherstellen und dazu die Stadtbahn-Trasse in die Mitte der Baumreihen legen. 200 alte Bäume müssten weichen und 200 junge Platanen nachgepflanzt werden.
Ihre Zeichnungen, Fotos und Texte wirken überzeugend, der Vorschlag ist zumindest diskussionswürdig. Denn kluge Menschen haben sich dazu viele Gedanken gemacht. Zahlreiche Fachleute sind neben honorigen Bürgern in der Initiative vertreten.
Sie setzen auf Ganzheitlichkeit und Nachhaltigkeit, sie zielen nicht wie der Ratsbeschluss zum barrierefreien Umbau der fünf B1-Stadtbahn-Haltestellen auf eine eher kurzfristige Lösung, sondern schauen mit dem historischen Allee-Lückenschluss in der Gartenstadt klimagerecht auf die nächsten 100 Jahre.
Kritikwürdiges Vorgehen
Diese Weitsicht ist zu begrüßen, doch das Vorgehen dabei ist kurzsichtig und kritikwürdig. Weil die Vorläufer-Initiative beim Dialogverfahren gescheitert ist, agiert die auf 50 Mitglieder gewachsene Gruppe jetzt mit heruntergeklapptem Visier, will bewusst an der Öffentlichkeit vorbei politische Entscheidungen aushebeln.
Sie will „dem Eindruck entgegenwirken, dass nach einem gefassten Ratsbeschluss keine Weiterentwicklung mehr möglich ist“, heißt es in ihrer Broschüre. Und die Mitglieder lassen sich „vom Grundsatz der öffentlichen Zurückhaltung im gesamten Vorgehen leiten“, „brauchen keinen öffentlichen Erfolg“.
Diese Strategie zeugt von einem zweifelhaften Demokratieverständnis. Schon vor der Kommunalwahl im vergangenen Jahr hat man bewusst unter dem Radar der Öffentlichkeit gearbeitet und das auch vor der Bundestagswahl im September vorgehabt. Wohl wissend, dass das Thema viel Zündstoff birgt.
Transparenz und Kommunikation fehlt
Doch bei der Brisanz, die darin steckt, ist es blauäugig zu glauben, dass so ein radikaler Vorschlag für eines der wichtigsten Dortmunder Stadttore an der breiten Öffentlichkeit vorbei durchzudrücken ist. Gerade bei kontroversen Vorhaben sind Transparenz und Kommunikation wichtig. Nach dem Motto „Weil wir Planer sind, müssen die Bäume weg“ – das funktioniert nicht.
Und es reicht auch nicht – wie vorgesehen –, Bürgern im Nachhinein Baum- und Pflegepatenschaften anzubieten. Man muss ihnen schon mehr zutrauen.
Wer von seiner Idee überzeugt ist, sollte dazu stehen und sie allen erklären. So ist der Eindruck entstanden, dass ein kleiner elitärer Zirkel hinterrücks etwas plant. Das provoziert Bürger geradezu, sich an die Bäume zu ketten.
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
