
Die Trauerkarten von Ingeborg Thatje kam nicht bei den Angehörigen an. Mit Telefon und E-Mail wurden diese dann von Christel und Jürgen Thatje verständigt. © Holger Bergmann
Post vertrödelt Trauerkarten: Peinlichkeit rund um Mutters Beerdigung
Trauer und Stress
Wenn ein geliebter Mensch stirbt, hat man genug im Kopf. Auf eine Panne war Jürgen Thatje rund um die Beerdigung seiner Mutter nicht gefasst. Es wurden unglaublich peinliche Tage.
Ingeborg Thatje war immer aktiv und fit. Obwohl sie zuletzt körperlich abgebaut hatte, kam der Tod der 95-jährigen Dortmunderin am 22. September überraschend für ihren Sohn Jürgen Thatje (75) und seine Frau Christel (74).
Das war an einem Donnerstag. Die Beerdigung setzte man für den folgenden Mittwoch (28.9.) an. Das Bestattungsunternehmen arbeitete schnell. Schon am Freitagabend hatte das Ehepaar Thatje Trauerkarten vorliegen. Am Samstag folgte die mühevolle Arbeit, die Karten zu beschriften und zu verschicken. Und dann begann das Drama.
Die beiden gingen besonders gewissenhaft vor. „Ich habe keine besonders schöne Handschrift“, gibt Christel Thatje zu. Deshalb druckte sie die Adressen am Rechner auf Aufkleber und klebte sie auf die Briefumschläge.
Ab ins Briefverteilzentrum
Etwa 30 Briefe für Freunde und Bekannte aus der Nachbarschaft in Bövinghausen verteilte Jürgen Thatje persönlich. 15 Briefe sollten an Adressen außerhalb von Dortmund gehen.

Jürgen Thatje warf die Trauerpost am Briefverteilzentrum Kirchlinde in einen Briefkasten. Das hätte garantieren müssen, dass die Briefe auch angekommen, sagt ein Post-Sprecher. © Stephan Schuetze
Diese Briefe warf er noch am Samstagabend in den Briefkasten, direkt am Briefverteilzentrum in Kirchlinde. „Damit wollte ich auf Nummer sicher gehen, dass sie rechtzeitig ankommen. Denn der Briefkasten in Bövinghausen wird erst am Montag gelehrt. Das war mir zu knapp.“
Die Trauerpost war für die beiden damit erledigt. Glaubten sie. Bis am Dienstagnachmittag der erste Anruf kam: „Habt ihr uns vergessen?“, fragten da die ersten Verwandten.
Anrufe führen zu viel Stress
Die Trauerkarten waren nicht angekommen. Die fernen Angehörigen kannten weder Zeitpunkt noch Ort der Beerdigung, und zwar am Tag vor der Beisetzung. Plötzlich waren die beiden Senioren in einer Stress-Situation.
Sie dachten: Wenn eine Karte nicht angekommen ist, sind vielleicht mehrere nicht angekommen. Was folgte, war ein Nachmittag voller Telefonate. Jeder Angehörige wurde angerufen. Bis klar war: Niemand hatte eine Trauerkarte erhalten.
Wut: So beschreibt Christel Thatje ihr Gefühl, als klar war, dass die Deutsche Post die Trauerkarten nicht ausgeliefert hatte. Und Scham. „Denn so etwas fällt ja auf uns zurück. Das sah ja so aus, als ob wir niemanden zur Trauerfeier eingeladen hätten.“
Trauerkarten per E-Mail
Dann nutzte Christel Thatje ihr Computer-Talent: Noch am Dienstagabend scannte sie die Trauerkarte ein und schickte sie per E-Mail an die Eingeladenen. Die bekamen so doch noch Trauerkarten.
Die meisten Eingeladenen schafften es pünktlich zur Beerdigung. Im Briefkasten fanden sie die Trauerkarten aber erst, als sie zurück waren: am Tag der Beerdigung oder gar erst am Tag danach. Zwei Angeschriebene warten noch immer auf die Zusendung.
Wie kann so etwas passieren? „Es ist uns unerklärlich“, sagt Post-Sprecher Rainer Ernzer. Er bat bei den Thatjes „in aller Form um Entschuldigung. Wir hatten keinen Maschinen-Ausfall, kein Lkw ist liegengeblieben, die Karten hatten kein besonderes Format. Wir wissen nicht, woran es gelegen haben könnte“, erklärt er auf Anfrage unserer Redaktion.
Post sagt: Alles richtig gemacht
Jürgen Thatje habe alles richtig gemacht. „Wenn die Briefe am Samstagabend im Briefkasten sind, gerade am Briefverteilzentrum, müssen sie am Montag beim Adressaten ankommen“, sagt Ernzer.
Warum die Trauerkarten drei Tage zu spät ankamen, lasse sich nicht mehr nachvollziehen. Christel Thatje sagt: „Die Wut verfliegt nur langsam.“
Holger Bergmann ist seit 1994 als freier Mitarbeiter für die Ruhr Nachrichten im Dortmunder Westen unterweg und wird immer wieder aufs neue davon überrascht, wieviele spannende Geschichten direkt in der Nachbarschaft schlummern.
