Christopher Satke und seine Frau haben zwei Kinder. Drei und sechs Jahre sind sie alt. Und obwohl die Familie in einer sehr schmalen Nebenstraße im Dortmunder Westen wohnt, im Osulfweg, dürfen die beiden Kleinen nicht einen Augenblick alleine in der großen Einfahrt des Hauses verbringen.
„Eigentlich sollte man ja meinen, in einer solchen Siedlung müsse man keine Angst haben“, sagt Satke. Doch er hat Angst. „Es ist hier gefährlich“, sagt der Familienvater. Das größte Problem sei die Raserei. Immer wieder bretterten Autos viel zu schnell durch den Osulfweg. 30 Stundenkilometer sind erlaubt. Satke sehe aber Autos, die viel schneller unterwegs seien. „Ich nenne es den Wilden Westen im Dortmunder Westen.“
Fahrmanöver in den Kurven
Und selbst wenn sich die Autofahrer an die Höchstgeschwindigkeit halten: „Schon 30 km/h können hier zu schnell sein“, sagt der 39-Jährige. Denn: Der Osulfweg in Kirchlinde ist zum einen sehr schmal und sehr zugeparkt und zum anderen besitzt er zwei Schikanen. Oder – wie die Stadt Dortmund es nennt: zwei „scharfe und unübersichtliche Kurven“. Laut Stadt sorgten diese dafür, dass der Verkehr von sich aus ausgebremst werde, da sie nur mit „mäßiger Geschwindigkeit“ passiert werden könnten.
Satke wohnt an einer der beiden Kurven und beobachtet ein anderes Fahrverhalten: Viele Autos bremsten nicht ausreichend, schnitten die Kurven. Kommt ihnen Gegenverkehr entgegen, weiche meist einer auf den Gehsteig aus und fahre dort in recht fixem Tempo weiter. Seit 2017 schaut Satke sich diese Manöver an: „Ich denke immer wieder, gleich knallt es.“ Und das nicht nur in den Kurven. Auch auf gerader Strecke nutzten Autofahrer gerne den Bürgersteig.
Nicht der erste Protest

Immer sind solche Ausweichmanöver allerdings nicht drin: Phasenweise sind die schmalen Gehwege des Osulfwegs komplett zugeparkt, wie auch wir vor Ort sehen konnten. „Dann kann zwar kein Auto über den Bürgersteig fahren“, sagt Satke. Allerdings kämen auch Fußgänger nicht mehr durch. Ihnen bliebe nur noch die Straße. Diese Verhältnisse bringen Satke auf die Palme. „Mir geht echt die Pumpe dabei.“ Gerade auch weil der Osulfweg von vielen Kindern als Weg zu den umliegenden Schulen genutzt wird. Zudem gibt es die große städtische Kita „Elfenwald“ und eine Kinderwohngruppe.
Genauso aufgebracht wie der zweifache Familienvater ist Michaela Kleinehabig. Die 55-Jährige wohnt an der anderen Kurve des Osulfwegs – und ist bereits protesterfahren: 2019 hat sie ihrem Ärger und ihrer Sorge in der Bezirksvertretung (BV) Huckarde Luft gemacht. Im Februar 2020 gab es daraufhin einen Ortstermin mit der Stadt. Drei Veränderungen konnten die Anwohner erwirken: In der Nähe der Kita wurde ein Tempo-30-Piktogramm auf die Straße gemalt, außerdem ein Tempo-Display aufgestellt. Und in einer der beiden Kurven steht seitdem ein Pfosten, der verhindern soll, dass die Autos über den Bürgersteig rasen.
Problem erst seit einer Baustelle
Der Pfosten, sagt Kleinehabig, sei die einzige Maßnahme, die etwas gebracht habe. Die anderen hätten das Problem nicht gelöst. Daher sei sie nun erneut in der BV gewesen, dieses Mal mit Satke an ihrer Seite. „Wir wissen nicht mehr weiter“, sagten sie den Lokalpolitikern. Es müsse sich mehr tun als bisher.
Die Dortmunderin wohnt schon weit länger im Osulfweg als Satke. Bis vor ein paar Jahren habe man auch kaum Probleme gehabt, sagt sie. Der Ursprung des Übels sei eine Baustelle gewesen, die 2019 auf der Hangeneystraße vier Monate lang den Verkehr ausgebremst hat. „Damals haben viele den Osulfweg als Abkürzung entdeckt, um zur OWIIIa zu kommen“, sagt Kleinehabig. Die Baustelle ist zwar lange Geschichte, der Osulfweg aber sei Abkürzung geblieben. Dafür spräche, dass vor allem morgens und zur Feierabendzeit viel los sei. Von der Stadt fühle sie sich mit dem Problem „allein gelassen“.

Stadt: Das ist keine Abkürzung
Die Stadt dagegen bezweifelt, dass der Osulfweg eine oft gewählte Alternativroute sei. Die Infrastruktur gebe „intuitiv nicht die Möglichkeit, den Osulfweg als Abkürzung zu nutzen“, heißt es auf Anfrage. Und zur Erklärung führt Sprecherin Alexandra Schürmann aus: Der Osulfweg führe durch ein reines Wohngebiet, münde nicht direkt in „nächstgelegene Erschließungsstraßen“. Die Straße sei zu eng und zu zugeparkt und die Fahrbahn in zu schlechtem Zustand, als dass der Weg als Abkürzung attraktiv sein könnte.
Dass es immer noch Problem gebe nach dem Ortstermin im Februar 2020 sei der Stadt bisher nicht bekannt gewesen. Aktuell lägen daher auch keine Erkenntnisse vor, „welche ein im Sinne des Verkehrsrechts zwingendes Erfordernis anzeigen, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen“.

Hoffnung auf Ortstermin
Den Anwohnern bleibt, auf einen neuen Ortstermin zu hoffen. Diesen hatte die BV in Aussicht gestellt. Noch allerdings sei nichts terminiert, so die Stadt. Man sei bereit, einladen müsse aber die BV.
Kommt es soweit, werden Kleinehabig und Satke den städtischen Experten vor Ort zeigen können, wo es gefährlich ist. Und auch ihren Lösungsvorschlag vortragen: vier bis sechs große Blumenkübel über die gesamte Straße verteilt. Ihre Hoffnung: „Wenn da wirklich ein großes Hindernis steht, dann muss angehalten und der Gegenverkehr durchgelassen werden“, so Satke.
Stadt: Eher keine Blumenkübel
Von der Stadt kommen dazu wenig positive Signale: Eine solche Maßnahme müsse das Tiefbauamt baurechtlich prüfen, heißt es. Und weiter: „Grundsätzlich wird allerdings aufgrund der Brems- und Beschleunigungsmanöver in Wohngebieten aus Lärmschutzgründen davon abgeraten.“ Falls sich die Stadt langfristig doch anders entscheiden sollte, verspricht Kleinehabig eines: „Ich spende den ersten Baum für den Kübel.“

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