Anwohner Ernst Kaaf (l.) und Matthias Sprenger am Baustellenzaun. Im Hintergrund die Hansa-Grundschule, die erweitert wird

Die Hansa-Grundschule in Huckarde bekommt einen Anbau. Die Anwohner Ernst Kaaf (l.) und Matthias Sprenger kämpfen seit Monaten dagegen. © Natascha Jaschinski

Kampf gegen Schul-Anbau in Dortmund geht weiter: „Immer noch total wütend“

rnSchulerweiterung

Eine Dortmunder Grundschule bekommt einen großen Anbau. Die Nachbarn sind sauer, wehren sich seit Monaten. Nun haben die Bauarbeiten begonnen, doch der Kampf geht weiter. Auch vor Gericht.

Huckarde

, 06.09.2022, 14:13 Uhr / Lesedauer: 3 min

Bis Anfang dieses Jahres befand sich hinter den Häusern von Sabine Gora, ihrem Mann Matthias Sprenger und ihrem Nachbarn Ernst Kaaf eine Fläche mit Bäumen, Büschen und Tieren. Mitte Januar dann der Kahlschlag: Alles wurde gerodet, um Platz zu machen für den Anbau der Hansa-Grundschule in Huckarde an der Westhusener Straße. Ein Bauvorhaben, gegen das Anwohner nun seit Monaten kämpfen. Bisher ohne Erfolg.

Die Baustelle ist mittlerweile eingerichtet, die Bauarbeiten sind gestartet. Gebuddelt wird laut Stadt voraussichtlich spätestens ab Anfang Oktober. Noch laufen vorbereitende Arbeiten, um den Boden unter dem bestehenden Schulgebäude zu stabilisieren, heißt es.

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Anwohner schauen auf einen Bauzaun

Schauen die Anwohner der Welkenerstraße aus ihren hinteren Gartentörchen, blicken sie auf einen Bauzaun, der blickdicht mit weißer Plane bespannt ist. Wie eine Wand steht er da – und gibt einen vagen Vorgeschmack auf das, was kommen mag, wenn das neue Gebäude der Schule steht. Es wird zwar nicht so weit an die Gärten heranreichen wie der Zaun. Dafür wird es um einiges höher: um die neun Meter.

Ein Bauzaun umgibt die Baustelle an der Hansa-Grundschule in Huckarde

Blick auf den Bauzaun: Die Bewohner der Welkenerstraße schauen nun von ihren Gärten direkt auf die Baustellenabsperrungen. © Natascha Jaschinski

Von der Rodung im Januar, von der Größe des Anbaus, des „Klotzes“, wie Matthias Sprenger ihn auch nennt, wurden die Anwohner kalt erwischt, wie sie sagen. Schnell organisierten sie sich und ihren Widerstand. Schon im März waren sie in der Einwohnerfragestunde der Bezirksvertretung (BV) Huckarde, um ihren Protest öffentlich zu machen – in der Hoffnung, die Lokalpolitiker könnten noch was ändern. Auch wir berichteten über die Wut und die Sorgen der Anwohner. „Uns wird das Tageslicht genommen, wir werden Nacht im Garten haben“, sagte Matthias Sprenger im März.

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Dabei ist allen dreien wichtig: „Wir haben nichts gegen eine Schulerweiterung.“ Aber, wie sie sagen, gegen deren Größe und gegen die mangelnde Informationspolitik der Stadt. Das sagten sie im Frühling und das sagen sie heute noch genauso. Sabine Gora ist selbst Lehrerin, weiß, was es bedeutet, wenn eine Schule wie die Hansa-Grundschule weit höhere Anmeldezahlen als Platz hat.

Aber: „Ich bin immer noch total wütend, weil niemand mit uns kommuniziert hat“, sagt Sabine Gora. Auch nach ihrem öffentlichen Protest habe es keine Anwohner-Informationen gegeben. Ein Nachbar habe bis vor kurzem noch geglaubt, es würden Parkplätze auf dem gerodeten Gelände entstehen.

Direkt hinter Reihenhäusern in der Welkenerstraße wird der Anbau der Hansa-Grundschule entstehen.

Auf dieser Fläche wird der Schulanbau hochgezogen. Im Hintergrund sind die Häuser an der Welkenerstraße zu sehen, deren Anwohner sich gegen die Schulerweiterung wehren. © Natascha Jaschinski

Stadt: Haben oft informiert

Den Vorwürfen widerspricht die Stadt vehement: „Über die Baumaßnahme wurde nach den Beschwerden mit einer ausführlichen Pressemitteilung informiert“, heißt es auf Anfrage. Dass sich die Bezirksvertreter im März in der Einwohnerfragestunde deutlich überrascht vom Ausmaß des Anbaus gezeigt hatten, könne sich die Stadt nicht erklären.

Denn: „Geplante Baumaßnahmen werden über das städtische Gremiensystem im Vorfeld stets den beteiligten Ausschüssen und Bezirksvertretungen der Stadt Dortmund zur Kenntnis oder Beschlussfassung übermittelt.“ Auch im Anschluss würden die Gremien mit Sachstandsberichten auf dem Laufenden gehalten werden. Das sei auch bei der Hansa-Grundschule so geschehen. Mehrfach. Die Stadt listet hier drei Sachstandsberichte auf, die der BV seit Juni 2021 vorgelegen haben sollen: im Juni 2021, im Februar 2022 und im Juni 2022.

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Allerdings ist die Februarsitzung Corona-bedingt ausgefallen. In der Nachfolgesitzung ist nichts zum Schulbauprogramm im Protokoll vermerkt. In der letzten Sitzung vor den Sommerferien, im Juni, war dieses dann wieder Thema, die Hansa-Grundschule aber nicht erwähnt.

Matthias Sprenger (l.) und Ernst Kaaf vor dem Baustellenzaun, hinter dem der Anbau der Hansa-Grundschule entstehen wird.

Direkt hinter den Häusern in der Welkenerstraße ist ein blickdichter Baustellenzaun errichtet worden. © Natascha Jaschinski

Wer nun auch immer wann informiert worden ist: „Die ganze Kommunikation ist katastrophal“, findet Sabine Gora. Und weist auf einen ähnlichen Fall hin: Zuletzt wurden auch Anwohner in der Dortmunder Innenstadt überrascht von einer Schulbaustelle. Anders als an der Welkenerstraße hat es hier auch Auswirkungen auf die Verkehrsführung gegeben. Die Stadt räumte ein, zu spät erst Info-Flyer verteilt zu haben. Wie es eigentlich geschehen soll, wenn Bauarbeiten Folgen für den Verkehr haben.

Die Stadt arbeite zudem daran, die Kommunikation rund um Schulbauten generell zu verbessern, stellt Sprecherin Alexandra Schürmann in Aussicht: „Zukünftig sollen einzelne Bauprojekte auch vermehrt persönlich in den Sitzungen der Bezirksvertretungen vorgestellt werden, um hier eine größere Transparenz zu schaffen.“

Sabine Gora blickt auf die Hansa-Grundschule in Huckarde.

Sabine Gora ist sauer über die Kommunikation der Stadt. Das Foto zeigt sie im Frühjahr, als die Baustelle noch nicht eingerichtet war. © Natascha Jaschinski

Stadt stelle Bauvorhaben in der BV vor

Im Fall der Hansa-Grundschule ist das geschehen: Nach der Kritik im März haben in der folgenden BV-Sitzung im April Vertreter des Schulbereichs sowie der städtischen Immobilienwirtschaft die geplante Schulerweiterung vorgestellt. Die Anwohner der Welkenerstraße hörten zu. Besänftigen konnten sie die Informationen nicht. Gern hätten sie damals auch Fragen gestellt, was aber nicht erlaubt war, weil Bürger in der BV außerhalb der Einwohnerfragestunde kein Rederecht haben.

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Dabei würde Sabine Gora noch einiges gern genauer wissen: Wie stark die Gärten verschattet werden und was mit einer Wertminderung der Grundstücke sei, sind nur zwei Beispiele. „So richtig sagt da doch keiner was zu“, kritisiert die 54-Jährige.

Zwei Klagen laufen gegen die Stadt

Parallel zu ihrem politischen Protest haben die Anwohner einen weiteren Weg eingeschlagen, sich zu wehren: Sie ziehen vor Gericht. Ernst Kaaf, unterstützt von Sabine Gora und Matthias Sprenger, und noch ein weiterer Anwohner haben gegen die Stadt Dortmund geklagt. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen bestätigt auf Anfrage, dass im März zwei Klagen eingegangen sind. Noch lägen aber nicht alle Klagebegründungen und Erwiderungen der Gegenseite vor. Wann es zur Verhandlung komme, sei noch nicht absehbar.

Anwohner Ernst Kaaf (l.) und Matthias Sprenger am Baustellenzaun

Ernst Kaaf (l.) und Matthias Sprenger schauen auf die Baustelle, die sie so wütend macht: Zwischen der Hansa-Grundschule (hinten) und ihren Häusern wird der Anbau errichet. © Natascha Jaschinski

Da es sich um ein schwebendes Verfahren handelt, äußert sich die Stadt nicht zu den Klagen. Eine aufschiebende Wirkung haben sie in jedem Fall nicht, es wird weitergebaut. „Bisher sind alle Arbeiten im Plan“, heißt es. Der Anbau soll im Dezember 2023 fertig werden.

Das hören Kaaf, Gora und Sprenger nicht gerne. „Ob mitten im Bau ein Richter sagt, das geht so nicht“, da hat Sabine Gora Zweifel. Aber: „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, so die Lehrerin. Ihr Mann bleibt ähnlich kämpferisch: Man müsse alles versuchen. „Wer nicht kämpft, der hat schon verloren.“