
Uwe Hermann vor der Olpketal-Grundschule in Kirchhörde. Er ist Vorsitzender des Betreuungsvereins, der den OGS-Betrieb bald wohl abgeben muss. © Oliver Volmerich
Offene Ganztagsschule: Keiner weiß, wie es nach den Ferien weitergeht
Dortmunder Grundschulen
Die Sommerferien beginnen – und noch immer ist unklar, wie die Ganztagsbetreuung an den Grundschulen im neuen Schuljahr weitergeht. Manchen Mitarbeitern wurde wohl schon vorsorglich gekündigt.
Seit 25 Jahren gibt es den Verein zur Betreuung von Kindern der Olpketal-Grundschule. Er ist Träger des Offenen Ganztagsangebots (OGS) an der Grundschule in Kirchhörde. Doch damit könnte bald Schluss sein.
Schuld ist die Neuausschreibung der Stadt für alle OGS-Betreuungsangebote an Grundschulen in Dortmund zum 1. August 2022 für zunächst zwei Jahre. Der Betreuungsverein hat daran nicht mehr teilgenommen. „Wir haben die Frist versäumt“, räumt Uwe Hermann als Vorsitzender des Vereins ein.
Es soll eine Mail der Stadt gegeben haben, die auf die Ausschreibung aufmerksam gemacht habe. „Doch die Information ist bei uns nicht angekommen, wie auch immer das passiert ist“, sagt Hermann. „Da ist etwas schiefgelaufen.“
Die Folge ist, dass die OGS der Olpketal-Grundschule einen neuen Betreiber bekommen wird. Wer das ist, ist allerdings noch unklar. Und hier setzt die grundsätzliche Kritik vom Uwe Hermann an: Die Stadt, so sein Vorwurf, habe das Verfahren viel zu spät gestartet. Erst am 16. Dezember - „wenige Tage vor Weihnachten und den Ferien“, wie Hermann anmerkt - gab es die öffentliche Ausschreibung. Bewerbungsfrist war der 17. Januar, die dann noch einmal um vier Wochen verlängert wurde.
Verzögerungen im Verfahren
Im Vorfeld der Ausschreibung habe es Gespräche mit der Trägerlandschaft gegeben, in denen „man sich auf eine weitere kooperative Zusammenarbeit mit dem gemeinsamen Ziel der qualitativen Weiterentwicklung des Ganztags verständigen konnte“, teilt die Stadt Dortmund auf Anfrage mit. Das Ausschreibungsverfahren habe man dann „rechtzeitig initiiert“.

Gute OGS darf keine Glückssache sein, war das Motto einer Protestaktion 2017. © Stephan Schuetze
Aber offensichtlich nicht rechtzeitig genug, um das Verfahren frühzeitig vor Ende des Schuljahres am Freitag (24.6.) abzuschließen. Es handele sich um ein „komplexes, interaktives Verfahren“, bei dem zunächst die Eignung aller Bewerber und danach deren Ausschreibungsunterlagen und Konzepte geprüft würden, erläutert die Stadt.
Zu Verzögerungen im Verfahren sei es gekommen, weil es Nachfragen und Rügen von Bewerbern gegeben habe, die zu klären waren. „Das Interesse an dem europaweit ausgeschriebenen Verfahren war dieses Mal sehr groß und damit das Bieterfeld und die Fragen entsprechend umfangreich. In der Folge haben sich mehrfach Fristen verlängert“, erklärt die Stadt.
Das Dilemma ist: Normalerweise laufen Wochen vor Ferienbeginn schon die Anmeldungen und Bedarfsabfragen bei den Eltern für die Betreuung ab August. Und auch in den Ferien, die über den 1. August hinausgehen, gibt es Betreuungsangebote in der OGS. Wer das organisiert, ist nicht nur an der Olpketal-Grundschule noch immer offen.
Ein Problem ist die späte Entscheidung über den OGS-Betrieb aber nicht nur für die Eltern der betreuten Schulkinder, sondern vor allem für das Personal. Denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen bis heute nicht, ob und wie es für sie nach dem 1. August weitergeht. Einige kleinere Träger, so ist zu hören, haben ihren Beschäftigten mit Blick auf die Kündigungsfristen dann auch vorsorglich gekündigt - in der Hoffnung, dass es nach dem 1. August trotzdem eine Weiterbeschäftigung geben könnte.
Unsicherheit für Beschäftigte
An der OGS der Olpketal-Grundschule sind von der Hängepartie 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen, berichtet Uwe Hermann. „Die sind natürlich alle nervös“, stellt er fest. Immerhin hat der Betreuungsverein bislang auf Kündigungen verzichtet. Man habe noch genug finanzielle Rücklagen, um die Gehälter für die Zeit der Kündigungsfristen zahlen zu können, berichtet der Vereinsvorsitzende.
Danach hofft man einen Betriebsübergang auf einen neuen Betreiber mit Weiterbeschäftigung der bisherigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter organisieren zu können. „Immerhin soll es zwei Bewerber geben“, berichtet Uwe Hermann. Zeitlich kritisch könnte es aber werden, wenn der unterlegene Bewerber Beschwerde gegen die Entscheidung der Stadt einlegt - in Kirchhörde ebenso wie anderswo in der Stadt.
Risiko auf Träger geschoben
Uwe Hermann ist mit der Kritik nicht allein. Auch Vertreter größerer Träger monieren den späten Start der Ausschreibung und das lange Warten auf die Entscheidung. So wie Jörg Loose, der beim Awo-Unterbezirk für den Bereich Kinder, Jugend und Familien zuständig ist. Die Awo betreibt über ihre Tochter Dobeq 17 OGS-Einrichtungen in Dortmund.
Wie es nach dem 1. August weitergeht, weiß man auch da nicht, hat aber ebenfalls auf vorsorgliche Kündigungen verzichtet. „Wir gehen nach dem Prinzip Hoffnung in Vorleistung“, erklärt Loose. „Das Risiko für den OGS-Betrieb wurde komplett auf die Träger geschoben.“
Immerhin: Die Mitteilungen an die Bewerber über die OGS-Vergabe sollen in den nächsten Tagen herausgehen - wenn viele Familien schon im Urlaub sind. Die Ganztagsbetreuung nach den Ferien werde in jedem Fall gesichert sein, betont man bei der Stadt.
Uwe Hermann ist auch auf den Notfall vorbereitet, dass zum 1.8. noch nicht feststeht, wer die OGS an der Olpketal-Grundschule übernimmt. „Wir sind bereit, die Betreuung vorerst kommissarisch fortführen und dann den Betriebsübergang zu organisieren“, versichert er.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
