In Nordrhein-Westfalen wird am 1. Dezember das „Deutschlandticket Sozial“ eingeführt, ein bundesweit nutzbares Sozialticket zum Preis von 39 Euro. Damit reagiert das Land auf massive Forderungen von Sozialverbänden und Betroffenenorganisationen.
Für Heiko Holtgrave aus Dortmund und seine Mitstreiter vom Bündnis Sozialticket NRW ist das einerseits ein Grund zur Freude, aber auch Anlass zur Kritik.
Auf der einen Seite werde es damit auch für Menschen mit wenig Geld, darunter allen Wohngeldbeziehern möglich, sich zu einem pauschalen Monatspreis überall in der Republik mit Mitteln des Nahverkehrs zu bewegen. „Dies ist ein großer Gewinn gegenüber den bisher auf enge Tarifgebiete begrenzten Sozialticket-Angeboten der Verkehrsverbünde“, so Holtgrave.
29-Euro-Ticket gefordert
Gleichwohl bleibe der zwischen Landesregierung und NRW-Verkehrsverbünden ausgehandelte Preis weit hinter den Vorstellungen des Bündnisses Sozialticket NRW zurück. Holtgrave: „Wir hatten zusammen mit den Sozialverbänden, dem VCD und anderen einen Abgabepreis von maximal 29 Euro pro Monat gefordert.“
Dafür führt Holtgrave gleich mehrere Gründe an, darunter die in seinen Augen zu geringe Höhe des Bürgergeldes. Auch angesichts des Taschengelds von monatlich 182 Euro für Asylbewerber, die zum Berechtigtenkreis gehörten, sei das Ticket mit einem Preis von 39 Euro für diese Personengruppe unerschwinglich. „Hier könnte die Landesregierung durch kostenlose Ticketverteilung Abhilfe schaffen.“

Zudem hält das Bündnis das geplante Ticket im Verhältnis zu anderen Sonderformen des Deutschlandtickets (Jobticket, Deutschlandticket Schule) zu teuer. Holtgrave: „Niemand kann uns erklären, wieso Berufstätige, die ein von der Firma unterstütztes Jobticket besitzen, mit einem Eigenanteil von 34,30 Euro im Monat für die gleiche Leistung weniger auf den Tisch legen müssen als Menschen ohne eigenes Einkommen.“ Dass es auch anders gehe, zeigten die Bundesländer Berlin, Hessen und Hamburg sowie etliche deutsche Städte.
Dauerhafte Aufgabe
Weiterer Kritikpunkt ist, dass das Deutschlandticket Sozial nur im Abo statt auch als einzelne Monatskarte zu haben sein wird. Das schließe Menschen mit schlecht eingestufter Bonität aus, sprich allzu häufig Menschen mit wenig Geld, und sei für Menschen unattraktiv, die die öffentlichen Verkehrsmittel nicht so häufig nutzten. Als Alternative fordert das Bündnis ermäßigte Vierertickets.
Die aktuelle Diskussion um die weitere Finanzierung des Deutschlandtickets ab 2024 mache deutlich, so Holtgrave, wie fragil solche Regelungen seien. Das Bündnis Sozialticket NRW fordert das Land NRW auf, das Angebot von Sozialtickets für armutsbetroffene Bürger als dauerhafte Aufgabe des ÖPNV in NRW gesetzlich abzusichern.
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