Nach Schüssen auf Auto an Weihnachten Polizist aus Dortmund offenbar von Staatsanwaltschaft angeklagt

Nach Schüssen auf Auto an Weihnachten: Offenbar Anklage gegen Polizist
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Es passierte an Weihnachten, um 2.30 Uhr in der Nacht auf den 25. Dezember 2022: Auf der Leopoldstraße (B54) in der Dortmunder Nordstadt ignoriert der Fahrer eines AMG, dass die Polizei an einer roten Ampel den PS-starken Mercedes anhalten und kontrollieren will. Die Polizisten steigen aus. Dann fallen Schüsse.

Viel war schon seit den Tagen und Wochen nach dem Vorfall bekannt. Dass ein 17-Jähriger am Steuer saß, ohne Führerschein. Dass er und sein 18-jähriger Freund offenbar noch die Plätze tauschen wollten, um das zu vertuschen. Und dass beide allem Anschein nach Riesenglück hatten, noch zu leben und das weitestgehend unverletzt.

Schuss durch die Windschutzscheibe

Die Staatsanwaltschaft sprach im Laufe der Ermittlungen von vier Schüssen. Burkhard Benecken, der Anwalt der 17- und 18-jährigen jungen Männer, erwähnte ein Projektil, das durch die Windschutzscheibe eingedrungen sei und in Höhe des Tachos wieder herausgetreten sei. „Ein Wunder, dass mein Mandant noch lebt“, so Benecke seinerzeit.

Was genau auf der Leopoldstraße geschah in der Nacht von Heiligabend auf den 1. Weihnachtstag 2022? Das hatten die Ermittler im Januar 2023 aufwendig rekonstruiert. Die Leopoldstraße wurde gesperrt, die Fahrzeuge erneut so in Position gebracht, wie es in der Weihnachtsnacht notiert wurde. Mit einem Laser-Verfahren sollten dann Details überprüft werden.

33-jähriger Polizist beschuldigt

Zu diesem Zeitpunkt hatte schon das Polizeipräsidium Recklinghausen die Ermittlungen übernommen – gemeinsam mit der Dortmunder Staatsanwaltschaft. Das ist das aktuell übliche Verfahren, wenn gegen Polizisten aus Dortmund ermittelt wird. So lief es auch nach den tödlichen Schüssen gegen Mouhamed Dramé (16†).

Im Fall der Schüsse von der Leopoldstraße wurde einige Monate nach dem Vorfall ein damals 33-jähriger Polizist als Beschuldigter geführt. Er soll geschossen haben – im Gegensatz zu seinem Streifenwagen-Kollegen, der in der Folge keine strafrechtlichen Konsequenzen hatte fürchten müssen.

Offizielles Statement angekündigt

Doch seit mehr als einem Jahr ließ die Staatsanwaltschaft offen, ob es irgendwann zur Anklage gegen den seinerzeit 33-Jährigen kommen werde. Immer wieder hieß es – auch auf zahlreiche Nachfragen unserer Redaktion: Vielleicht könne man in zwei Wochen mehr dazu sagen, in vier Wochen vielleicht auch oder in mehreren Monaten erst. Die Ermittlungen seien kompliziert.

Jetzt allerdings scheint es eine Entscheidung zu geben.

Wie die „Bild“-Zeitung am Samstag (10.2.) berichtet, wird die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Dortmunder Polizisten erheben. Eine Bestätigung dafür gab es von der Staatsanwaltschaft auf Anfrage unserer Redaktion zwar nicht – allerdings auch kein Dementi.

In den nächsten Tagen werde man sich allerdings zum Sachstand äußern, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Samstag (10.2.). Das werde wahrscheinlich auch mit einer offiziellen Pressemitteilung geschehen. Offizielle Äußerungen gibt es normalerweise erst, nachdem sicher ist, dass der Angeklagte die Anklage auch erhalten hat.

Zweiter Prozess gegen Polizisten?

Sollte es zur Anklage kommen, muss das Landgericht entscheiden, ob es ein Verfahren eröffnet. In dem Fall wäre es das zweite in kurzer Zeit gegen Polizisten, die in der Dortmunder Nordstadt Gebrauch von ihrer Schusswaffe gemacht haben. Aktuell läuft ein Verfahren gegen drei Männer und zwei Frauen, in dem es um die Frage geht: Welche rechtliche Verantwortung tragen sie für den Tod des 16-jährigen Geflüchteten Mouhamed Dramé im August 2022?

Beim Fall der Schüsse von Leopoldstraße an Weihnachten 2022 geht es indes nicht um eine Tötung. Allerdings gibt es auch hier viele Details, die noch unklar sind. So hatten Polizei und Staatsanwaltschaft von einer Festnahme der 17- und 18-jährigen jungen Männer in der Nähe der Thier-Galerie gesprochen. Der Anwalt der beiden Männer, die aus Essen kommen, sprach davon, die Polizei habe seine Mandanten nur in wenigen hundert Metern Entfernung vom Ort des Vorfalls geschnappt.

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