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Hobby-Historiker: Alte Bachläufe in Brackel tragen Mitschuld an Hochwasser
Überschwemmungen im Juli
Vor allem in Brackel richtete das Hochwasser im Juli Schäden an. Die Stadt machte dafür jüngst eine überlastete Entwässerung verantwortlich. Ein Hobby-Historiker sieht aber einen weiteren Grund.
Tief Bernd richtete Mitte Juli (14.7.) in Brackel gravierende Schäden an, sorgte unter anderem für Hochwasser in einigen Straßen. Kürzlich gab die Stadt eine Erklärung für eines der Hochwasser ab und schilderte, wie man präventiv gegen zukünftige Überschwemmungen vorgehen könne.
Ralf Lawrence Rüth ist ein Brackeler Hobbyhistoriker, der sich mit der Landschaftsstruktur - genannt Morphologie - in Brackel beschäftigt. Er widerspricht teilweise den Aussagen der Stadt.
Baudezernent Arnulf Rybicki hatte erläutert, dass das Rückhaltevolumen des Talgrabens ausreiche, um das anfallende Niederschlagswasser auf dem Hauptfriedhof geregelt abzuleiten. Das Hochwasser im Juli im Talgraben sei nur entstanden, weil die Entwässerung der Straße Am Gottesacker überlastet gewesen sei und ein Großteil des Niederschlagswassers über die Zufahrt auf den Hauptfriedhof abgeleitet wurde.
Dass eine Kanalisation dabei hilft, Wasser abzutransportieren, möchte Ralf Lawrence Rüth gar nicht abstreiten. Er weist aber darauf hin, dass dies allerdings nur funktionieren kann, sofern das Kanalnetz frei und nicht verstopft ist.
In angekündigten Kanalbaumaßnahmen sieht Rüth keine Lösung. „Bei Extremregen sucht sich das Wasser seinen alten Weg, oberirdisch und zusätzlich gespeist durch ein erhöhtes Quellwasser-Aufkommen nördlich des Hellwegs“, so Rüth.
Auf morphologischen Grafiken zeigt Rüth, wie Flüsse, Bäche und Kanäle damals und heute verlaufen. Bei Extremregen würde an den Verläufen dann Hochwasser entstehen - etwa am Talweg oder in der Reichshofstraße.

Auf dem Hauptfriedhof fließen zwei Bäche zu einem zusammen. Derzeit nur ein Rinnsal, entsteht bei Starkregen ein breiter Fluss, der nur durch die Kanalisation ablaufen kann. © Daniel Immel
Rüth glaubt deshalb im Gegensatz zu Rybicki nicht, dass die Überlastung der Entwässerung an der Straße Am Gottesacker die Ursache war für das Hochwasser.
Normalregen würde zwischen der B1 und dem Hellweg bis in acht bis zehn Meter Tiefe absickern, wo das Wasser auf einer Tonschicht nach Norden abfließt. Durch Brüche in der Schicht würde das Wasser nördlich des Hellwegs wieder zu Tage treten.
In einem selbst-veröffentlichtem Buch hat Rüth Quellen zusammengetragen, die zeigen, dass zwischen B1 und Hellweg ein Höhenunterschied von etwa 20 Meter vorliegt.
Der ehemalige Lehrer Rüth hat nach eigener Aussage seit 1958 vier oder fünf Überflutungen erlebt, „die vor Errichtung eines Vorfluters im oberen Talweg durchaus über einen Meter erreichten“. Für solche Überflutungen gebe es folgende Gründe: „Verantwortlich sind heftige Gewitter mit Starkregen aus Süd-Ost und die Morphologie des Geländes“, so der Brackeler.
Laut den Aussagen des Hobbyhistorikers könne es circa alle zehn Jahre zu solchen enormen Hochwasserständen kommen. In solchen Situationen sei es wichtig, dass die Menschen um die alten Bachläufe und die Morphologie Bescheid wüssten. So könne man sich beim Hausbau zumindest auf drohendes Hochwasser einstellen.
Beispielweise würden zwei Bachläufe, die sich auf dem Hauptfriedhof vereinen, unterirdisch Richtung Norden zum Hellweg laufen. Für einen Hausbau sei diese Information aber hilfreich, da man dann Stromverteiler und Kellerfenster im Hinblick auf drohendes Hochwasser planen könne.
Die Stadt Dortmund reagierte auf Anfrage unserer Redaktion zurückhaltend, aber grundsätzlich interessiert auf Rüths Aussagen. Man wisse um die geologischen Begebenheiten vor Ort - „inwiefern sich aus den Gegebenheiten andere Schlussfolgerungen herleiten lassen als die, die die Entwässerungsexperten identifiziert haben, lässt sich am besten in einem persönlichen und fachlichen Austausch klären.“ Rüth könne sich gerne mit der Stadtentwässerung in Verbindung setzen.
Daniel Immel, gebürtiger Westerwälder, den es nach Stationen in Iserlohn und Perth nach Dortmund verschlagen hat. Will die täglichen Geschichten, die die Dortmunder Straßen bieten, einfangen und ein Journalist auf Augenhöhe sein. Legt in seiner Freizeit als DJ auf und liebt den Sound von Schallplatten.
