Lichterfest-Fiasko: Es gab keine Unwetterwarnung der Stufe Rot – sagen die Wetterdienste

© Stephan Schuetze

Lichterfest-Fiasko: Es gab keine Unwetterwarnung der Stufe Rot – sagen die Wetterdienste

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Wie stark war die Unwetterwarnung wirklich, die für den Abbruch des Lichterfestes gesorgt hat? Die Westfalenpark-Leiterin sagt etwas anderes als die Wetterdienste. Und die Stadt schweigt.

Dortmund

, 04.09.2019, 04:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Annette Kulozik, Leiterin des Westfalenparks, bläst nach dem Lichterfest-Fiasko am vergangenen Samstag ein scharfer Wind entgegen. Nach dem Abbruch, der keiner war, und der Evakuierung des Parks folgten die Rechtfertigungsversuche für das Vorgehen. So verteidigte Kulozik am Sonntag die Entscheidung, das Fest gegen 21.30 Uhr abzubrechen, gegenüber dieser Redaktion mit den Worten: „Wir hatten 25 Minuten Zeit, nachdem wir eine Unwetterwarnung der Stufe Rot erhalten haben.“

Doch es gab keine Unwetterwarnung der Stufe Rot – weder vom Deutschen Wetterdienst noch von dessen Konkurrentin, der Unwetterzentrale. So gab es beim Deutschen Wetterdienst für den Abend nur eine Warnmeldung in Ockergelb, sprich eine „Warnung vor markantem Wetter“. Darunter fielen zwar auch Sturmböen, erklärte Markus Winkler, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst in Essen, „doch es gab eindeutig keine rote Warnung“.

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Auf Warnstufe Rot „verzichtet“

Ockergelb, so Winkler, bedeute Sturmböen bis 80 km/h sowie Starkregen mit Niederschlagsmengen zwischen 15 und 25 Litern pro Quadratmeter in einer Stunde und gegebenenfalls kleinkörnigen Hagel. Bei Warnstufe Rot erreichen orkanartige Sturmböen mehr als 105 km/h, verbunden mit heftigem Starkregen mit Niederschlagsmengen von mehr als 25 Litern pro Quadratmeter in einer Stunde. Es sei zwar eine Gewitterlinie aufgezogen, sagt Winkler, „doch auf die Warnstufe Rot hat man verzichtet“.

Gleicher Tenor auch bei der Unwetterzentrale. Der Meteorologe Dennis Dalter bestätigte am Dienstag, „dass von der Unwetterzentrale die Warnstufe Orange ausgegeben wurde.“ Orange bedeutet „Gewitter mit Starkregen (kleiner Hagel und Sturmböen sind möglich)“.

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Veranstalter ist für das Sicherheitskonzept zuständig

Auch die Warn-App Nina vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, für die auch der Deutsche Wetterdienst Daten liefert, hatte nur vor markantem Wetter gewarnt.

Woher also hatte Parkleiterin Annette Kulozik die Information über die Warnstufe Rot? Die Stadt sah sich bis zum Redaktionsschluss dieses Textes am Dienstag, 3. September, nicht in der Lage, eine Stellungnahme dazu abzugeben und weitere Fragen zum Lichterfest zu beantworten. Stadtsprecherin Anke Widow teilte mit, dass es am Dienstag von der Stadt „keine Antworten“ geben werde. Warum nicht, darüber kann man trefflich spekulieren.

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Auch die Dortmunder Feuerwehr wollte sich nicht zu den Vorgängen äußern. Solch eine Entscheidung liege in der Verantwortung des Veranstalters, in diesem Fall des Westfalenparks, der für das vom Ordnungsamt auferlegte Sicherheitskonzept zuständig sei.

Radio 91.2 war in Entscheidung nicht eingebunden

Radio 91.2 war, obwohl Mitveranstalter des Lichterfestes, laut Chefredakteur Martin Busch nicht in die Entscheidung zum Abbruch eingebunden. Das Lichterfest habe den Lokalsender knapp 100.000 Euro gekostet, davon etwa die Hälfte für das Bühnenprogramm und den Rest für Technik und die Organisation rundherum. Geld, das der Sender als Marketing-Maßnahme verbucht. In diesem Fall allerdings war der Schuss nach hinten losgegangen. Mit wie viel Geld die Stadt im Boot ist, war am Dienstag nicht zu erfahren.

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Patrick Arens, Vorsitzender des Schaustellervereins Rote Erde, der auch als Gastronom vor Ort war, hatte den ganzen Samstag auf das Regenradar gestarrt – und hätte bei allem Verständnis für die Parkleitung das Lichterfest nicht abgebrochen: „Es war relativ schnell zu sehen, dass das kein langer Schauer werden würde.“

Unbeantwortet von der Stadt blieb auch die Frage, wie viel Zeit das Sicherheitskonzept für eine Evakuierung des Westfalenparks vorgibt; denn möglicherweise wäre in dieser Zeit das Gewitter ohnehin vorbei gewesen.

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