Kranke Dortmunderin kämpft um mehr Lebenszeit
Online-Petition für Behandlung
Julia Goyer aus Dortmund ist unheilbar erkrankt an Mukoviszidose. Ihr Arzt ist Spezialist für die tödliche Krankheit und kann ihr etwas mehr Lebenszeit schenken - aber weil er ein Kinderarzt ist, untersagt ihm die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die Behandlung. Die 24-Jährige hat in ihrer Not eine Petition im Internet gestartet.

Die unheilbar erkrankte Julia Goyer lebt alleine, aber ihr treuer Gefährte Theo ist immer an ihrer Seite.
Kinderärzte dürfen nur Kinder behandeln, Frauenärzte nur Frauen. So steht es in der Berufsordnung für Mediziner. Aber es gibt Ausnahmen. Ausnahmen, die die KV Westfalen-Lippe im Fall der Dortmunderin Julia Goyer (24) aber nicht durchgehen lässt. „Ich wünsche mir hier keine Schönheits-OP, ich wünsche mir mehr Lebenszeit“, sagt sie.
Und das ist die ganze Geschichte: Die Studentin leidet an der chronischen, angeborenen und zu einem frühen Tod führenden Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose. Das Leiden verursacht unter anderem massive Atemprobleme und Verdauungsstörungen. Mit einer konsequenten, individuellen Therapie kann der Krankheitsverlauf verlangsamt werden, dennoch bleibt die Lebenserwartung deutlich verkürzt. Erkrankte werden kaum älter als 35 Jahre.
Spezialisten sitzen in Kinderkrankenhäusern
Betroffene wie Julia benötigen viel Therapie, Medikamente und vor allem einen hoch spezialisierten Arzt. Es gibt eigene Mukoviszidose- Ambulanzen, die sich größtenteils in Kinderkrankenhäusern befinden, da es erst dem medizinischen Fortschritt zu verdanken ist, dass Erkrankte überhaupt das Erwachsenenalter erreichen. Das Vertrauensverhältnis zum Arzt ist dabei extrem wichtig, die Behandlung Mukoviszidose-Erkrankter erfolgt ja ein Leben lang.
Die rechtliche Situation: Hinter Julia Goyer liegt seit Feststellung der Krankheit mit vier Jahren eine Odyssee durch Ambulanzen und Krankenhäuser in Bochum. Auf Empfehlung kam die Schwerstkranke schließlich ins Clemenshospital Münster, das ebenfalls eine Kinderklinik hat, in der aber auch Erwachsene Mukoviszidose-Patienten behandelt werden.
Standard-Therapien schlugen nicht an
Von der Aufnahme durch den Spezialisten dort war Julia sofort begeistert: „Er hat als erster Arzt verstanden, dass ich mit den bisherigen Standard-Therapien, die ich jahrelang über mich hab‘ ergehen lassen, nicht weiterkomme“, sagt sie. In den letzten vier Jahren büßte sie über 30 Prozent ihrer Lungenfunktion ein, weil die Therapien nicht angeschlagen haben, stattdessen ihr Immunsystem so zerstörten, dass Julia ständig unter Infekten litt.
Die Kassenärztliche Vereinigung aber will, dass sie sich in die Mukoviszidose-Ambulanz der Uniklinik Münster begibt. Dort aber, das erfuhr die Betroffene, würden wieder die Standard-Therapien durchgeführt, die ihr nicht halfen. Julias Pech: Sie kam erst im Erwachsenen-Alter zum Spezialisten in die Kinderklinik des Clemenskrankenhaus. Der wiederum darf erwachsene Mukoviszidose-Erkrankte nur behandeln, wenn sie schon als unter 18-Jährige seine Patienten waren.
Patientin startet Online-Petition
Soweit die rechtliche Seite. Die sieht auch Dr. Prosper Rodewyk, Bezirksstellenleiter der KV in Dortmund. Der niedergelassene Internist hat sich aber den Blick auf die menschliche Seite bewahrt und befürwortet eine Ausnahmeregelung. Deshalb empfiehlt er Julia Goyer, sich mit einer medizinischen Begründung für ihren Therapie-Favoriten direkt an den Vorstand der KV zu wenden. Ihre Online-Petition hatte am Donnerstag (bis 14.50 Uhr) 7324 Unterstützer.