Landesunterkunft für Flüchtlinge in Dortmund? Vorstoß von OB Westphal löst heftige Debatte aus

Landesunterkunft in Dortmund? Vorstoß von Westphal löst Debatte aus
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Die Reaktionen reichen von „in der Sache richtig“, über „ziemlicher Knaller“ bis hin zu „unanständiges Angebot“. Die Mitteilung von Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD), die Stadt Dortmund habe sich als Standort für eine zentrale, landeseigene Flüchtlingseinrichtung angeboten, stieß bei den Ratsfraktionen auf unterschiedliche Resonanz.

Das Angebot hatte Westphal an die Bedingung geknüpft, dass die üblichen Qualitätsstandards in den drei städtischen Unterkünften auch in der Landeseinrichtung gewährleistet sein müssen. Die Redaktion hat bei den Ratsfraktionen nachgefragt, wie sie zu dem Angebot stehen.

SPD: Dortmund geeignet

Die SPD-Fraktion begrüßt die Initiative des Oberbürgermeisters. „Dortmund hat eine gut funktionierende Hilfestruktur im Bereich der Flüchtlingsarbeit, bestehend aus städtischen und ehrenamtlichen Elementen. Dies macht Dortmund für eine solche Landesunterkunft besonders geeignet“, heißt es in der Stellungnahme.

Gleichzeitig pocht die SPD darauf, dass, wie vom Land angekündigt, die Zahl der Flüchtlinge in der zentralen Einrichtung voll auf die verpflichtende Aufnahmequote angerechnet wird. Außerdem fordern die Genossen Lösungen für die Migration auf Bundes- und europäischer Ebene. Vom Land erwarten sie endlich eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen – und das schnell.

Grüne: Ausdrücklich begrüßt

Man wisse seit Längerem „vom Angebot an das Land, in Dortmund eine Zentrale Unterbringungseinrichtung für Flüchtlinge (ZUE) einzurichten“, teilt die Fraktion der Grünen mit. „Wir begrüßen das Angebot ausdrücklich, auch vor dem Hintergrund der aktuell hohen Zahl von Schutzsuchenden.“

Schon in der Vergangenheit habe man die Einrichtung der damaligen Erstaufnahmeeinrichtung in Hacheney mitgetragen, so die Fraktionssprecher Ingrid Reuter und Christoph Neumann.

Sie weisen darauf hin, dass die schwarz-grüne Landesregierung vor Kurzem beschlossen hat, dass Schutzsuchende in Landeseinrichtungen künftig zu 100 Prozent auf die Aufnahmeverpflichtung der jeweiligen Stadt angerechnet wird. Außerdem trage das Land für die landeseigene Sammelunterkunft sämtliche Kosten.

„Dass eine solche Einrichtung eine entsprechende Qualität für die Unterbringung der Menschen haben muss, versteht sich für uns von selbst“, so die grünen Fraktionsspitzen. Allerdings erwarten sie vor einer definitiven Zusage an das Land von OB Westphal, dass der Rat über mögliche Standorte beraten kann.

CDU: Alleingang des OB

Das ist ein Punkt, der auch die CDU-Fraktion umtreibt. „Wir halten es für einen ziemlichen Knaller, die Bereitschaft für eine zentrale Flüchtlingsunterkunft zu erklären, ohne das mit den Ratsfraktionen zu besprechen und Transparenz zu schaffen, welche Standorte infrage kommen“, kritisierte Fraktionschef Dr. Jendrick Suck.

Wie die Fraktion zur Sache selbst stehe, könne er nicht sagen, so Suck, weil zu wenig über Standorte und Kosten bekannt sei. Er erinnerte daran, dass es auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise im September 2015 eigens eine Sondersitzung des Rates gegeben habe, um über die geprüften Standorte für die geplante Außenstelle der damaligen überfüllten Erstaufnahmeeinrichtung in Hacheney zu beraten. Sie entstand schließlich an der Buschmühle am Hotel Radisson Blu.

Die Außenstelle für die Erstaufnahmeeinrichtung in Hacheney.
Die Außenstelle für die Erstaufnahmeeinrichtung in Hacheney wurde an der Buschmühle errichtet und im Mai 2017 wieder geschlossen. © Stephan Schütze (Archiv)

Solch eine Einrichtung müsse mit all dem, was dran hänge, stadtgesellschaftlich getragen werden, sagte Suck. Dieser Vorgang sei ein weiteres Beispiel für die Alleingänge des OB. Zum wiederholten Mal sei Westphal nicht in der Lage, „sich mit dem Rat abzustimmen – und das bei einem solch zentralen und polarisierenden Thema. Damals haben wir das gemeinsam gelöst.“

Linke+: In der Sache richtig

Wie die Grünen führt auch Utz Kowalewski als Fraktionschef für Die Linke+ an, dass Dortmund mit der früheren Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Hacheney gute Erfahrungen gemacht habe. In der Sache sei Westphals Angebot an das Land richtig. „Aus unserer Sicht kann man das machen. Wir finden wichtig, das der OB darauf drängt, dass unsere üblichen kommunalen Standards eingehalten werden.“

Gerade die beiden schwarz-grün regierten Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Hessen hätten in ihren Flüchtlingseinrichtungen die niedrigsten Standards, sagte Kowalewski. Da die Flüchtlinge in der zentralen Landesunterkunft eins zu eins auf die Aufnahmeverpflichtung angerechnet würden, habe dies auch einen entlastenden Effekt auf den Dortmund Wohnungsmarkt.

FDP/Bürgerliste: Denkbar

Michael Kauch, Fraktionschef der FDP/Bürgerliste, hält es für notwendig, „dass die Bundesregierung wie von der FDP vorgeschlagen die irreguläre Migration begrenzt und die kommunalen Ausländerbehörden unrechtmäßige Aufenthalte auch konsequent beenden“ Für die Zwischenzeit müsse das Land endlich mehr Verantwortung für die Unterbringung übernehmen. Kauch: „Eine Landeseinrichtung in Dortmund ist denkbar, wenn ein Standort mit möglichst geringem Konfliktpotenzial ausgesucht wird.“

AfD: Massive Proteste erwartet

Ablehnung kommt von der AfD für das „unanständige Angebot Westphals an die Landesregierung“. Gerade Dortmund mit seiner sogar übererfüllten Flüchtlingsaufnahmequote „kann es nicht zugemutet werden, dass die Stadt nunmehr auch noch Standort eines zuwanderungsstützendes Flüchtlingsverteilsystems wird“, stellte Fraktionschef Heiner Garbe fest. Er erwartet, dass wie in Arnsberg und Soest, eine solche Einrichtung „mit erheblichem Delikt- und Gefährdungspotenzial“ auf massive Proteste stoßen werde.

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