Gar nicht untypisch für die 50er Jahre: Der Wirt, hier Wilhelm Klüting, zapfte, während (Ehe-)Frauen die Getränke zu den Gästen brachten

Gar nicht untypisch für die 50er Jahre: Der Wirt, hier Wilhelm Klüting, zapfte, während (Ehe-)Frauen die Getränke zu den Gästen brachten. © Archiv Geschichtsverein

Kneipengeschichte: Als sich das Getränk in den Betonboden ätzte - für immer

rnEvinger Geschichtsverein

Knapp 100 Kneipen gab es in Eving zu Zeiten der Zeche Minister Stein, als die Wirtschaft brummte. Mit den Wirts- und Schankhäusern verbinden sich viele Anekdoten.

Eving

, 16.09.2022, 16:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Als die Wirtschaft in Eving brummte, gab es knapp 100 Gaststätten und Kneipen rund um die Zeche Minister Stein in Eving, weiß Klaus Berger vom Geschichtsverein. Von kleinen Kneipen an der Ecke für das schnelle Bierchen nach der Schicht über das Werksgasthaus der Zeche Minister Stein bis hin zu Ausflugslokalen mit großen Biergärten war zwischen dem Fredenbaum und Brambauer alles vertreten.

Vor dem Haus Heuner, Bergstr. / Ecke Lindenhorster Str. traf sich der Männergesangsverein Eintracht zu einem Ausflug. Der Wirt Heuner stellte insofern eine Ausnahme dar, als dass er zwei Gaststätten betrieb. Die 2. Gaststätte, Haus Tüttelmann befand sich ebenfalls auf der Bergstraße.

Vor dem Haus Heuner, Bergstr. / Ecke Lindenhorster Str., traf sich der Männergesangsverein Eintracht zu einem Ausflug. Der Wirt Heuner stellte insofern eine Ausnahme dar, als dass er zwei Gaststätten betrieb. Die zweite Gaststätte, Haus Tüttelmann, befand sich ebenfalls auf der Bergstraße. © Archiv Geschichtsverein

Auf die Spurensuche nach verschollenen und noch bestehenden Kneipen hat sich der Verein begeben. „In den Wirtshäusern spielte sich lange Zeit ein Teil des gesellschaftlichen Lebens ab. Dort traf man sich aus vielerlei Gründen“, sagt der Vorsitzende Wolfgang Skorvanek.

Man traf sich dort nach der Schicht, ging in die großen Säle der Gaststätten tanzen, vielleicht auch, um jemanden kennenzulernen, besuchte Kinos, die einigen Lokalen wie dem Gasthaus Klüting angeschlossen waren, kegelte, gründete Sparclubs oder nahm sonntags mit der Familie in Ausflugslokalen Platz.

Treffpunkte - damals und heute

Treffpunkt für Vereine, Verbände und Parteien sind die Lokale bis heute. Auffallende Gemeinsamkeit der Evinger Wirtschaften und Kneipen war, dass hier lange Zeit nur Dortmunder Biere ausgeschenkt wurden. Fast alle Dortmunder Brauereien waren in Eving vertreten.

Die Gaststätte "Zur schönen Aussicht", Holthauser Str. 124, warb mit einer schönen Anzeige im Dortmunder Adressbuch von 1897

Die Gaststätte "Zur schönen Aussicht", Holthauser Str. 124, warb mit einer schönen Anzeige im Dortmunder Adressbuch von 1897. © Archiv Geschichtsverein

Der Geschichtsverein fand weiter heraus, dass viele Evinger Gaststätten eine lange Tradition haben. Die „Schankwirtschaft Benthaus“ am Peddenbrink in Holthausen wurde beispielsweise zwar erst 1869 gegründet, jedoch muss es hier schon vorher eine Gaststätte gegeben haben, denn den Namen Benthaus konnten die Evinger Hobbyhistoriker bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen.

„Benthaus“ hieß damals so viel wie „Tanzhaus“. Zwar besteht die Schankwirtschaft mit dem schönen Biergarten nicht mehr, aber die Anekdote lebt weiter: Als einmal der Behälter des Heißgetränks, das dort bei Tanzveranstaltungen vor der Währungsreform getrunken wurde, platzte, lief die Flüssigkeit auf den Boden und war so synthetisch, dass die Farbe nicht mehr aus dem Betonboden herausgewaschen werden konnte.

Auf der Postkarte ist zu erkennen, dass eine Baumreihe das Lokal "Zur Schönen Aussicht" vom Ems-Kanal trennte

Auf der Postkarte ist zu erkennen, dass eine Baumreihe das Lokal "Zur Schönen Aussicht" vom Ems-Kanal trennte. © Evinger Geschichtsverein

Die alten Kneipen entlang der heutigen Evinger Straße dienten etwa ab 1830 als Unterkunftsstätten für Wagenführer, die von hier aus ins Bergische oder ins Sauerland fuhren, um dort von den kleinen Eisen- und Schmiedewerken Waren zu holen oder auch um Kohle aus dem Ruhrtal ins Münsterland zu befördern. So sahen die Schankkonzessionen damals jeweils vor, dass neben der Schankwirtschaft auch Unterkunftsräume und Stallungen vorzuhalten waren.

Die Bedeutung als Unterkunftsstätte nahm gegen Ende des 19. Jahrhunderts ab, als sich der Transport von der Straße auf die Gronau-Enscheder-Eisenbahn verlagerte. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Gasstätte Hiddemann an der Evinger Str. 549, die auch als Poststation diente und wo sogar bis 1905 noch eine Schmiede betrieben wurde.

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Auch am Gasthaus Wortmann, Evinger Str. 387, bestand um 1850 neben einer kleinen Unterkunft eine Wiege- und Zollstation für Wagen und Waren, die vom Hafen in Lünen nach Dortmund kamen bzw. zum Lünener Hafen gebracht wurden.

„Bekannte ehemalige Wirtschaften kennen Evinger bis heute. Haus Heuner an der Bergstraße, Ecke Lindenhorster ist solch ein Lokal, das Treffpunkt vieler Vereine war. Nach dem Leerstand der Räume folgte der Abriss und Wohnungen entstanden hier“, erinnert sich Klaus Berger.

Abriss, ein Schicksal das vielen Kneipen nach dem Kneipensterben in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts wiederfuhr, so beispielsweise dem Stadtwaldrestaurant an der Evinger Straße, Haus Klüting oder der Grünen Tanne an der Bayrischen Straße.

Vortrag zur Kneipengeschichte in Eving

„Kneipen in Eving - damals und heute“ - so lautet das Thema des Evinger Geschichtsvereins am Montag (26.9.), 18 Uhr, im ehemaligen Wohlfahrtsgebäude, dem Evinger Schloss, am Nollendorfplatz. Der Eintritt ist frei, der Zugang barrierefrei.