Existenznot, Zahlungsunfähigkeit, Aufgabe von Gärten: Es waren drastische Szenarien, die Vertreter mehrerer Dortmunder Kleingartenvereine in der Vergangenheit geschildert hatten.
Viele waren mit beträchtlich gestiegenen Strompreisen konfrontiert. Sie mussten befürchten, diese nicht tragen zu können.
Fast 30.000 Euro mehr pro Jahr wären es etwa beim Kleingartenverein Hafenwiese in der Nordstadt gewesen. Als „verheerend“ hatte der Vorsitzende Shaban Idrizi dies im Dezember bezeichnet.
Mehrere „Energie-Gipfel“
Es gab mehrere „Gipfel“ mit Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) und anderen Verantwortlichen der Verwaltung zu dem Thema sowie Gespräche zwischen DEW21 und betroffenen Vereinen. Schließlich präsentierte der Stadtverband der Dortmunder Gartenvereine eine Lösung.
Demnach gilt die von der Bundesregierung beschlossene Strompreisbremse auch für Gartenanlagen. Der Strompreis wird also bis mindestens Ende 2023 bei 40 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt.
„Dies gilt für den Basisbedarf von 80 Prozent des historischen Verbrauchs – in der Regel gemessen am Vorjahr. Nur für den übrigen Verbrauch, der darüber hinausgeht, muss dann der reguläre Marktpreis gezahlt werden“, schreibt der Stadtverband in einer Information an Mitglieder.
Viele Probleme bleiben
Der Hafenwiese-Vorsitzenden Shaban Idrizi sagt: „Wir haben Glück, dass wir da mit aufgenommen worden sind.“ Zugleich bleiben aus seiner Sicht viele Probleme bestehen.
„Unsere größte Angst ist die Zahlungsunfähigkeit des Vereins. Denn wir strecken die gestiegenen Kosten vor“, sagt Idrizi. Ohne die Strompreisbremse hätte die monatliche Abschlagszahlung nach seiner Aussage 3600 Euro betragen. Mit „Bremse“ seien es immer noch 2000 Euro – doppelt so viel wie im Jahr zuvor.
Aufgrund unterschiedlicher Vertragslaufzeiten und der unsicheren Marktentwicklung haben mehrere Vereine unterschiedliche Preise von DEW21 angeboten bekommen.
Der Fall des Kleingartenvereins Hafenwiese war für die Dortmunder SPD-Landtagsabgeordnete Anja Butschkau im Dezember Anlass für eine Kleine Anfrage an die Landesregierung.
Das sagt die Landesregierung
Hierin betont sie, dass der Kleingartenverein im Dortmunder Stadtbezirk „mit der mit Abstand höchsten Armutsquote und der höchsten Bevölkerungsdichte“ eine umso wichtigere „soziale und ökologische Funktion“ erfülle.
Mittlerweile liegt eine Antwort der Landesregierung vor. Demnach gehe man nicht davon aus „dass allein durch Energiekostensteigerungen die Existenz von Kleingartenanlagen bedroht wird“, auch wenn entsprechende Fallkonstellationen nicht ausgeschlossen werden könnten.

Auswirkungen erst 2024
Maßnahmen für Gartenvereine oder Gartenpächterinnen und -pächter über das „Strompreisbremsegesetz“ seien derzeit nicht vorgesehen. Die Landesregierung verweist auf die Angebote der Verbraucherzentrale NRW zum Thema Preise und Rechnungen.
Anja Butschkau kritisiert die Haltung der schwarz-grünen Koalition. „Die Landesregierung lässt die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner im Stich“, sagt die SPD-Politikerinnen.
„Die aktuellen Abschläge sind jedoch bereits jetzt existenzgefährdend. Sie lassen sich kurzfristig auch nicht durch das Einsparen von Strom reduzieren, sondern frühestens nach der nächsten Jahresrechnung“, so Butschkau.
Shaban Idrizi vom Kleingartenverein Hafenwiese sagt: „Dieses Jahr wird entscheidend sein. Wie es auf Dauer sein wird, sehen wir erst 2024.“
Photovoltaik als Alternative
Zwischen Fredenbaum und Hafen möchte man versuchen, selbst etwas zur Lösung des Energieproblems beizutragen. Mit dem Bau einer Photovoltaikanlage plant man, in Zukunft einen Teil der Kosten abzufangen.
Den Extra-Kosten dafür müssen die Mitglieder aber noch zustimmen – ebenso wie einem erhöhten Jahresbeitrag.
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