Seit Jahren werden Berichte über Kriminalität von der Diskussion begleitet, woher die Täterinnen und Täter kommen. In der Meinungs-Umfrage „Alles sagen! Der Streit um die freie Meinung“ haben fast zwei Drittel der mehr als 3300 Teilnehmenden angegeben, dass die Nationalität von Tatverdächtigen immer genannt werden sollte.
Dazu muss man anmerken: Unsere Umfrage erhebt nicht den Anspruch, repräsentativ zu sein, sondern es ging darum, ein Stimmungsbild unter unseren Abonnenten zu erheben, Print und Online. Von den Teilnehmern waren überdurchschnittlich viele männlich und im Rentenalter. Nichtsdestotrotz: Das Thema bewegt.
Dieser von der großen Mehrheit unserer Befragten geforderten Vorgehensweite entgegen steht der Pressekodex, der besagt, dass die Zugehörigkeit von Verdächtigen oder Tätern zu Minderheiten nur erwähnt werden soll, wenn ein begründetes öffentliches Interesse besteht. Das ist laut Presserat etwa der Fall, wenn eine Staatsangehörigkeit im direkten Kontext einer Tat steht. Zum Beispiel weil Diebesbanden ins Ausland fliehen oder Tätergruppen durch entsprechende gemeinsame Merkmale verbunden sind.
Das heißt aber nicht, dass die Thematik verschwiegen werden soll. Statistiken der Polizei und der Stadtverwaltung bieten einen Einblick, wie es darum in Dortmund bestellt ist.
Die Dortmunder Bevölkerung:
In der Stadt leben der Verwaltung zufolge 129.589 Menschen ohne deutschen Pass (Stand 31.12.2022). Das sind 21,3 Prozent der Bevölkerung. Dieser Anteil ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. 2010 waren es noch 12,6 Prozent.
Tatverdächtige bei Straftaten:
Laut Polizei Dortmund sind im vergangenen Jahr 45,7 Prozent der ermittelten Tatverdächtigen von Straftaten in der Stadt Ausländer gewesen. Das deutet darauf hin, dass Menschen ohne deutschen Pass statistisch gesehen also häufiger als Verdächtige registriert werden als Deutsche.
Wichtig ist aber, dass in einer Großstadt wie Dortmund auch Menschen Straftaten verüben, die nicht hier wohnen. Wer von ihnen später schuldig gesprochen wurde und gegen wen Ermittlungen eingestellt wurden, ist aus dieser Statistik ebenfalls nicht zu lesen.
Was man dabei beachten muss: Die 62.761 Straftaten, die im vergangenen Jahr registriert wurden, sind 23.662 Verdächtigen zugeordnet. Mehr als die Hälfte aller Taten (34.515) geht den polizeilichen Ermittlungen zufolge auf das Konto von nur 1001 Mehrfachtätern. Von ihnen sind 558 Personen Deutsche, 443 haben andere Nationalitäten.
Sehr viele Delikte werden also einer sehr kleinen Gruppe zugeordnet. Und dann gibt es da noch die Straftaten, die deutsche Staatsbürger gar nicht begehen können.
Taten, die nur Ausländer verüben können:
Darunter fallen etwa Verstöße gegen Asyl-, Aufenthalts- und Freizügigkeitsgesetze. 4,8 Prozent aller Dortmunder Straftaten sind solche, die nur Ausländer begehen können - etwa „unerlaubter Aufenthalt“. Die Ausländer, die zu diesen Delikten registriert sind, machen fast ein Viertel (22,6 Prozent) aller nicht-deutschen Verdächtigen Dortmunds aus.
Weil eine Person mehrere Taten verüben kann, ohne als Mehrfachtäter zu gelten (dies ist erst ab fünf Fällen so), kann man die Zahlen jedoch nicht einfach voneinander abziehen.
Gründe für kriminelle „Karrieren“:
Die Frage, wie viele der ausländischen Verdächtigen tatsächlich schuldig gesprochen werden, bleibt nach den Recherchen unserer Redaktion leider offen. Dazu könne man keine Angaben machen, antwortet die Staatsanwaltschaft Dortmund. Eine eigene Einschätzung zur Rolle von Nationalitäten möchte man ebenfalls nicht abgeben: „Dies wäre sicherlich nicht in seriöser Weise möglich“, sagt Staatsanwältin Sonja Frodermann.
Polizei-Sprecherin Nina Kupferschmidt sagt zum Thema: „Es ist nicht die Herkunft, die einen Menschen kriminell werden lässt.“ Erwiesenermaßen seien es aus kriminologischer Sicht verschiedene Faktoren, die dazu führen können. „Prekäre Lebensbedingungen, eine fehlende Zukunftsperspektive, fehlende Bildung oder auch Suchtkrankheiten“ fördern „eine solche Karriere“.
Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange sei wichtig zu betonen, dass die registrierte Kriminalität in Dortmund in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen ist. Im Jahr 2014 waren noch 86.549 Straftaten verzeichnet - inzwischen ist diese Zahl um mehr als ein Viertel gesunken.
Die Kennzahl, die Straftaten pro Einwohner bemisst, zeigt, dass in Dortmund 2022 erstmals seit vielen Jahren weniger Kriminalität verzeichnet wurde als in Düsseldorf.
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