"Ist Deutsch eine Hautfarbe oder was?"
Gianni Jovanovic im Interview
Schwul, Großvater, verpartnert und Roma - Gianni Jovanovic erlebt als homosexueller Roma viel Diskriminierung. Beim Festival Djelem Djelem kommt er mit einem Theaterabend ins Depot. Im Interview erzählt er, warum er seine Lebensgeschichte öffentlich macht.

Gianni Jovanovic tritt bei Djelem Djelem in Dortmund im Depot und in der Auslandsgesellschaft auf und erzählt aus seinem Leben.
Mit 14 Jahren wurde Gianni Jovanovic verheiratet, mit 16 das erste, mit 18 das zweite Mal Vater. Dennoch hat er sich mit 21 vor seiner Familie als schwul geoutet – als Roma eine große Herausforderung, sagt er. Im Interview erzählt der 39-Jährige, wie und warum er sich öffentlich gegen doppelte Diskriminierung stellt.
Roma und homosexuell – so manch einer würde da vielleicht erst einmal sagen, na und? Was ist denn das Problem?
Naja, das Problem ist, dass ich dadurch, dass ich Roma bin, schon im Stereotypus lande: Die sind alle schmutzig, die klauen, die arbeiten nicht. Das andere ist, dass du, wenn du schwul bist, ein gewisses Bild für die Norm abgibst. Es wird assoziiert, dass du zum Beispiel mehr Frau bist. Das ist so ein ‚Pink Bashing‘, also dass du total kreativ bist und immer gut aussiehst. Das ist beides eine Form von Fremdbestimmung. Aber ich habe mir das nicht ausgesucht. Weder, dass ich Roma bin, noch dass ich schwul bin.
Und mit welchen Vorurteilen wurden Sie als homosexueller Roma konfrontiert?
Da gibt es selbst in der eigenen homosexuellen Szene viele rassistische Vorbehalte und Bemerkungen. Wir wären heißblutig, gut im Bett und immer der, der penetriert. Durch das südländische Aussehen entsteht eine Form von Sexismus in den Köpfen der Menschen.
Und wie reagieren Sie persönlich auf Vorbehalte?
Das kommt auf die Tagesform an. Manchmal ignoriere ich es, dann perlt es an mir ab. Manchmal erkläre ich, was es heißt, Roma zu sein. Manchmal ist es aber auch sehr flapsig.
Zum Beispiel?
Wenn mich jemand fragt, wo kommst Du her? Ich sage dann, ich bin Deutscher. Nein, heißt es dann, Du bist doch kein Deutscher, und ich sage, ach was, ist Deutsch eine Hautfarbe oder was?! Meine Mechanismen sind da sehr unterschiedlich.
Mit einem Theaterabend kommen Sie am Freitag nach Dortmund ins Theater im Depot. Wird dieser Abend eher zum Lachen, zum Weinen oder zum Nachdenken?
Das wird ein Abend mit Gianni, dem man zuhören wird, über den man lachen wird und der aus seinem Leben erzählen wird. Ein Abend mit Musik – ich habe das Lied „so schön ist das Zigeunerleben“ auf mein Leben umgedichtet, ein sarkastischer, satirischer Song – und mit Lesung – ich werde aus dem ersten Kapitel meines zweiten Buches lesen, an dem ich gerade schreibe. Da suche ich übrigens noch einen Verleger ... (lacht)
Um welche Themen wird es gehen?
Es geht um Rollenbilder, um die Rolle der Frau und des Mannes, darum, wer Roma sind, was ihre Kultur ausmacht und es wird viel um sozialpolitische Themen gehen. Es ist ein Abend für das Miteinander. Wir werden viel lachen, es wird sehr emotional und ich werde versuchen nicht zu weinen. Aber ich weiß nicht, ob mir das gelingt. Und es ist kein klassisches Theaterstück.
Also geht es viel um persönlich Erlebtes?
Klar. Weil das Leben die besten Theatergeschichten schreibt.
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