
Christian Hecker, Vorsitzender des Gutachterausschusses Dortmund, hat alle Kaufabschlüsse für Immobilien von Januar bis Juli 2022 untersucht. Jetzt legte er den Halbjahresbericht vor. © Bauerfeld/Wulle
Fallen jetzt die Immobilienpreise? Chef-Gutachter gibt Antworten
Halbjahresanalyse
Sind mit den steigenden Zinsen und den explodierende Baukosten die Immobilienpreise in Dortmund gefallen? Eine Antwort auf diese Frage gibt jetzt eine Halbjahresbilanz.
Im ersten Halbjahr wurden in Dortmund 2350 Immobilien verkauft. Das ist in etwa die gleiche Anzahl an Grundstückstransaktionen wie im Vorjahr. Der Geldumsatz ist, entgegen dem Trend der vergangenen Jahre, zwar leicht um rund 8 Prozent zurückgegangen und lag bei rund 973 Millionen Euro.
„Der leichte Umsatzrückgang ist allerdings ausschließlich auf gewerblich genutzte Grundstücke zurückzuführen, ansonsten ist der Umsatz bei Wohnimmobilien bei nahezu gleicher Anzahl an Kaufverträgen gestiegen“, so Christian Hecker, Vorsitzender des Gutachterausschusses Dortmund.
„Dieses findet sich auch in der Preisentwicklung wieder“, führt Christian Hecker weiter aus. „Wir haben im ersten Halbjahr durchgehend, teils deutlich steigende Preise zu verzeichnen. Die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (u.a. gestiegene Finanzierungs-, Energie- und Baukosten) finden hierbei nur bedingt Berücksichtigung, da diese nicht prägend für das gesamte erste Halbjahr waren,“ fasst Christian Hecker mit Blick auf aktuelle Entwicklungen die Lage auf dem Grundstücksmarkt zusammen.
Eigentumswohnungen sind 19 Prozent teurer
„Bei Bestandsimmobilien liegt das Preisniveau beispielsweise im Segment der Eigentumswohnungen bzw. Reihen- und Doppelhaushälften bei bis zu 19 Prozent über dem des Vorjahres“, erläutert Ulf Meyer-Dietrich, stellvertretender Vorsitzender des Gutachterausschusses. Eine ähnliche Tendenz stellt sich im Neubausegment für Eigentumswohnungen dar. So ist der durchschnittliche Kaufpreis deutlich von rund 3.800 auf 4.460 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche gestiegen.
Hinsichtlich der (halb-)jährlichen Preisentwicklung unbebauter Wohnbaugrundstücke zeichnet sich ein ähnlicher Trend wie bei den Bestandsimmobilien ab. „Auch hier zeichnet sich ein konjunktureller Preisanstieg für Wohnungsbaugrundstücke ab. So sind die Bodenpreisindices im ersten Halbjahr 2022 um rund 10 Prozent gestiegen“, führt Ulf Meyer-Dietrich aus.
Wie bei bebauten Grundstücken spiegeln sich auch hier nur bedingt die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wieder. Die Anzahl der veräußerten unbebauten Baugrundstücke liegt in etwa auf dem Niveau des Vorjahres.
Auswirkungen des Ukraine-Kriegs schlugen nicht durch
Der deutliche Zinsanstieg seit Jahresbeginn und auch der Ukraine-Krieg und die Inflation führen also in Dortmund nicht zu sinkenden Immobilienpreisen. Dr. Thomas Bach, der Hauptgeschäftsführer von Haus & Grund Dortmund, erklärt das so: „Ausschlaggebend ist im Wesentlichen, dass weder die Ukraine-Krise noch die steigenden Zinsen im ersten Halbjahr bereits voll durchgeschlagen sind. Viele Anleger haben – auch in Anbetracht der drohenden Verschlechterung der Rahmenbedingungen – im ersten Halbjahr an ihren Investitionsvorhaben zur Vermögenssicherung und Geldanlage festgehalten.“

Dr. Thomas Bach, Hauptgeschäftsführer von Haus & Grund Dortmund, sagt: - „Dortmund ist als Wohnstandort und als Ort für wohnungswirtschaftliche Investitionen nach wie vor attraktiv.“ © (A) Schaper
Und weil Dortmund im Vergleich zu anderen Großstädten auf dem Immobilienmarkt lange Zeit unterbewertet gewesen sei, sei Dortmund als Wohnstandort und als Ort für wohnungswirtschaftliche Investitionen nach wie vor attraktiv.
„Die Preisentwicklung von Bestandsimmobilien zeigt, dass der Preiszuwachs im ersten Halbjahr bei frei stehenden Ein- und Zweifamilienhäusern mit rund 12 Prozent und circa 19 Prozent bei Reihenhäusern, Doppelhaushälften und Wohnungseigentum deutlich höher ausfällt, als im Geschosswohnungsbau mit rund 8 Prozent. Ein Anzeichen dafür, dass es gerade in diesen Segmenten kein ausreichendes Angebot gibt“, sagt Thomas Bach weiter.
Angebot an Immobilien in Dortmund wird größer
Der Immobilienmakler Marvin Mikosch aus Brechten (Union Immobilien) erwartet, dass die Preise im zweiten Halbjahr nachgeben werden. „Im ersten Quartal konnte man sich noch Zinsen in Höhe von 1 bis 2 Prozent sichern. Im zweiten Quartal sah das schon anders aus. Die Zinsen stiegen auf 3 bis 3,5 Prozent sagt er.

Makler Marvin Mikosch beobachtet ein wachsendes Immobilienangebot in Dortmund. Das führe allerdings nicht zu sinkenden Preisen: „Denn die Nachfrage ist weiterhin hoch.“ © Union Immobilien
Damit, so Marvin Mikosch, werden die Preise nun sinken, da Verkäufer ihre Immobilien ja nur noch verkaufen können, wenn Kaufinteressierte sie sich auch leisten können und eine Finanzierungszusage ihrer Bank bekommen. „Vor allem Randlagen“, sagt der Makler, „werden von sinkenden Preisen betroffen sein.“
Im Moment stellt er ein größer werdendes Immobilienangebot fest. „Viele Immobilienbesitzer möchten noch von den aktuellen Preisen profitieren. Ein höheres Angebot am Markt bedeutet, dass die Auswahl an Immobilien für Kaufinteressenten immer größer wird“, sagt Marvin Mikosch. Auf den Preis wirke sich dies allerdings kaum aus: „Denn die Nachfrage ist in Dortmund weiterhin sehr hoch.“
Thomas Bach von Haus & Grund geht davon aus, dass sich im zweiten Halbjahr die Preise auf dem aktuellen Niveau einpendeln werden. In Abhängigkeit von der weiteren Zinsentwicklung und steigender Baukosten könne eine leichte Korrektur nach unten erfolgen. „Auch für 2023“, sagt Bach, „gehen wir aktuell nicht von einem Preiseinbruch auf dem Dortmunder Immobilienmarkt aus.“
Amtliche Kaufpreissammlung
- Der Gutachterausschuss hat die gesetzliche Aufgabe zur Führung der amtlichen Kaufpreissammlung. Daher verfügt er als selbstständige und keinerlei Weisung unterworfene Landesbehörde als einzige Stelle über eine vollständige Abbildung des Grundstücksmarktes. Alle Kauffälle – und somit alle tatsächlich gezahlten Kaufpreise – werden dazu von den Notaren zur Verfügung gestellt und von der Geschäftsstelle ausgewertet.
- Für die Analyse des ersten Halbjahres 2022 wurden sämtliche zum Zeitpunkt der Erstellung vorliegenden und notariell beurkundeten Grundstückskauffälle des Zeitraums vom 1.1. bis 30.6.2022 berücksichtigt.
Nach mehreren Stationen in Redaktionen rund um Dortmund bin ich seit dem 1. Juni 2015 in der Stadtredaktion Dortmund tätig. Als gebürtigem Dortmunder liegt mir die Stadt am Herzen. Hier interessieren mich nicht nur der Fußball, sondern auch die Kultur und die Wirtschaft. Seit dem 1. April 2020 arbeite ich in der Stadtredaktion als Wirtschaftsredakteur. In meiner Freizeit treibe ich gern Sport: Laufen, Mountainbike-Fahren, Tischtennis, Badminton. Außerdem bin ich Jazz-Fan, höre aber gerne auch Rockmusik (Springsteen, Clapton, Santana etc.).
