Ein illegaler Rave in einem Naturschutzgebiet, es ist ein leichtes, da draufzuhauen. Wie wär‘s aber stattdessen mal mit ein bisschen Verständnis, fragt unser Autor.

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Illegaler Rave in Dortmund: Draufhauen ist leicht – wo ist euer Verständnis?

rnMeinung

Ein Rave mit 150 Menschen im Naturschutzgebiet – es wäre ein leichtes, draufzuhauen und über rücksichtlose, junge Menschen zu schreiben. Unser Autor probiert es mal anders.

Dortmund

, 09.07.2021, 08:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Etwa 150 Menschen haben am vergangenen Wochenende eine illegale Party in einem Naturschutzgebiet im Dortmunder Nordosten gefeiert.

Bei dieser Nachricht zuckt man mindestens zweimal zusammen: Zum einen, weil wir so eine Zahl nach einem Jahr Pandemie nicht mehr gewöhnt sind, zum anderen, weil... klar, Naturschutzgebiet. Da müssen wir nicht lange drüber reden: Das ist nun wirklich keine herausragend gute Idee.

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Der Drang nach Freiheit treibt die Menschen nach draußen

Es wäre nun ein leichtes, einen Meinungsbeitrag über unbelehrbare und rücksichtlose, junge Menschen zu schreiben. Denn dieses Bild haben viele bei solchen Nachrichten im Kopf. Aber legen wir diese Empörung kurz mal ab und blicken auf das, was dahinter steckt und in jedem von uns schlummert.

Es ist ein Drang nach Normalität, nach Freiheit, nach Geselligkeit. Eigentlich nach allem, dessen uns die Pandemie beraubt hat.

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Die Einschränkungen haben uns alle hart getroffen – zweifelsfrei. Und es wäre Quatsch, eine Rechnung aufzustellen, welche Gruppe denn nun härter unter der Pandemie zu leiden hatte, dennoch sollte man auch für die Belange der jungen Generation werben.

Die Freiheiten der jungen Generation sind ausradiert worden

Es ist eine Generation, die tendenziell weniger Verpflichtungen hat. Viele haben wahrscheinlich noch keine Kinder, sicherlich sind auch noch nicht alle fest im Berufsalltag angekommen. Das bringt Freiheiten mit sich, die in der Pandemie praktisch ausradiert worden sind, denn – das muss man festhalten – viele junge Menschen haben sich solidarisch verhalten und an die Maßnahmen gehalten.

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Dass es sie nun, wo die Inzidenz niedrig ist, heraustreibt, ist verständlich. Denn es treibt gerade alle Menschen nach draußen. Während Cafés, Restaurants und Kneipen öffnen, sind die Clubs weiterhin geschlossen. Dass sich das aufgrund der neuen Corona-Schutzverordnung von NRW bald ändern könnte, konnten die Teilnehmer des Raves am Wochenende noch nicht ahnen.

Die legalen Alternativen fehlen

Zum Tanzen in Clubs, zum Feiern, gab es lange keine Corona-konforme Alternative, da die Discotheken, in denen negative Tests oder Impfnachweise überprüft werden könnten, bislang nicht öffnen durften. Wo sollen diese Menschen also hin? Nicht in ein Naturschutzgebiet – keine Frage. Es gibt sicherlich bessere Alternativen. Die legalen fehlen aber.

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Rausgehen und neue Menschen kennenlernen, gehört zu einer Jugendkultur dazu. Wie viele Eltern dieser Generation haben sich wohl so kennengelernt?

Man muss ihn sicherlich nicht gut heißen und kritisieren kann man diesen Rave zurecht. Manchmal hilft aber auch ein Perspektivwechsel und dann sieht man vielleicht nicht nur junge, rücksichtlose Menschen, sondern Menschen, die auch irgendwie versuchen, mit dieser aufreibenden Pandemie klarzukommen.

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