Plötzlich allein: Ohne Vorwarnung bricht der Partner von Joana den Kontakt zu ihr ab. Eine Erfahrung, die die Dortmunderin tief verletzt hat. © Oliver Schaper
Dating-Phänomen „Ghosting“
Ihr Freund brach plötzlich den Kontakt zu Joana (20) ab: „Muss meine Schuld sein“
Ohne Vorwarnung bricht Joanas Partner den Kontakt zu ihr ab - auf Anrufe und Nachrichten reagiert er nicht. Tief verletzt bleibt die Dortmunderin zurück. Wie sie diesen Schlag verarbeitet hat.
Erst war er ihr bester Freund, später sogar ihr Partner: „Wir waren ein Anker füreinander - in einer sehr harten Zeit, mit Depression, Trennung, Corona, waren wir uns gegenseitig eine wichtige Stütze.“
Der junge Mann, von dem Joana (20) aus Dortmund erzählt, war ein absoluter Vertrauter. Bis er eines Tages den Kontakt abbrach - von einem Tag auf den anderen. Ohne Erklärung.
Ghosting: Plötzlicher Kontaktabbruch
Joana musste die schmerzhafte Erfahrung machen, was sich hinter dem Begriff „Ghosting“ verbirgt: Ein plötzlicher Kontaktabbruch einer Beziehung oder Freundschaft - ohne jegliche Erklärung. Wie ein Geist (engl. „Ghost“) verschwindet derjenige und lässt in den allermeisten Fällen einen Menschen zurück, der tief verletzt ist und sich fragt, was er falsch gemacht hat.
So ging es auch Joana, die lange gebraucht hat, bis sie darüber hinweg war. Denn die Beziehung, die die beiden verband, war intensiv: Als Jugendliche werden die beiden beste Freunde. „Es hat einfach sofort gepasst, so, als hätte man sich schon ewig gekannt. Mit ihm, das war eine der besten Zeiten meines Lebens“, sagt die heute 20-Jährige.
Aus Freundschaft wird eine Partnerschaft
Damals sind beide noch mit anderen Partnern liiert, aber sie haben eine gemeinsame Clique. Verbringen unbeschwerte Tage miteinander, machen aber auch sehr schwere Momente miteinander durch. Beide leiden unter Depressionen, fangen einander in schweren Phasen mit viel Verständnis auf.
„Ihm hätte ich mein Leben anvertraut“, sagt die junge Frau. Doch die Beziehung ändert sich ausgerechnet ab dem Moment, in dem aus der Freundschaft eine Liebesbeziehung wird.
„Wir haben uns etwa zeitgleich von unseren damaligen Partnern getrennt.“ Für ihn ist wohl schnell klar: Nun möchte er eine Partnerschaft mit Joana. „Ich muss dir was beichten: Ich habe mich in dich verliebt“, gesteht er ihr irgendwann.
„Als hätte er eine Maske aufgesetzt.“
Joana sieht das zunächst anders. „Ich hatte ein schlechtes Bauchgefühl, wollte nichts überstürzt entscheiden.“ Nach einigen Wochen entschließt sie sich aber doch, es zu versuchen. Was als Freundschaft so perfekt funktioniert, das muss doch auch als Partnerschaft klappen?
Doch mit der Entscheidung für eine Partnerschaft kippt die Stimmung. „Unsere Verbindung hat sich verändert. Es war, als hätte er eine Maske aufgesetzt, eine Rolle gespielt.“
Zunächst sind es Kleinigkeiten: Er meldet sich weniger, schickt nicht mehr jeden Morgen einen kleinen Whatsapp-Text. „Irgendwas war komisch“, sagt Joana im Rückblick. Zwei Monate lang geht es so.
Die letzte Nachricht: „Ich muss nachdenken“
Dann steht seine Geburtstagsfeier an. Joana fährt zu ihm in den Märkischen Kreis, feiert gemeinsam mit seiner Familie. Er hält Abstand zu ihr: „Er hat den ganzen Abend nicht mit mir gesprochen, mich nicht geküsst. Auch am nächsten Morgen hat er fast nichts gesagt.“ Die Dortmunderin entschließt sich, recht schnell nach Hause zu fahren.
„Ich dachte, er braucht vielleicht einen Moment Abstand.“ Einen Tag lang lässt sie ihn in Ruhe, fragt dann nach, was los ist. „Ich muss mal nachdenken“, schreibt er. „Das war die letzte Nachricht von ihm.“
Joana schreibt Nachrichten, ruft an - nichts. „Ich bin aber nicht zu ihm nach Hause gefahren. Ich wollte nicht die Psychofreundin sein, die hinterherhechelt, die vielleicht als Stalkerin hingestellt wird.“
„Ich muss etwas falsch gemacht haben.“
Sie hört nie wieder etwas von ihm. Tief verletzt bleibt Joana alleine zurück. „Ich habe mich so extrem abgewiesen gefühlt von jemandem, dem ich alles anvertraut hatte.“ Sie sieht damals nur eine Erklärung: „Das ist meine Schuld. Ich muss etwas falsch gemacht haben.“
Die Dortmunderin verändert sich: „Eigentlich bin ich extrovertiert, aber da habe ich mich eine Zeitlang kleiner gemacht. Auch anderen Personen gegenüber bin ich wie auf Eierschalen gelaufen, weil ich nichts falsch machen wollte.“
In den Sitzungen mit ihrem Therapeuten, bei dem sie wegen der Depression in Behandlung ist, spricht sie den Kontaktabbruch an. „Sind Sie sicher, dass es Ihre Schuld ist? Kann es nicht auch sein, dass er ein Problem hat?“, fragt der Therapeut irgendwann. Alleine der Gedankengang überrascht Joana völlig. „Diese Möglichkeit bestand in meinem Kopf gar nicht.“
Wendepunkt: „Richtig wütend auf ihn“
Sechs Monate dauert es, bis die 20-Jährige genug Abstand hat, um bei der Verarbeitung des Kontaktabbruchs Fortschritte zu machen. Da gesteht sie sich ein, wie sehr sie ihren ehemals besten Freund vermisst. „Da konnte ich das erste Mal richtig wütend auf ihn sein.“ Ein Wendepunkt. „Egal, was ich gemacht habe, ein Gespräch hätte er mir geschuldet.“
Und so schreibt sie Monate später noch eine letzte lange Nachricht an ihn: Ohne mit einer Antwort zu rechnen, „aber für meinen Seelenfrieden brauchte ich das. Ich habe ihm geschrieben, wie sehr er mich verletzt hat. Ich fand es eine schreckliche Vorstellung, dass er meinen könnte, er sei da sauber herausgekommen, und ignorieren könnte, wie sehr er mir weh getan hat.“
Seine Reaktion: „Er hat mich geblockt.“
Das stört Joana aber nicht mehr. Ein gutes Jahr nach ihrer Ghosting-Erfahrung sagt sie: „Ich bin darüber hinweg, mittlerweile kann ich mit meinen Freundinnen darüber Jokes machen. Warum soll ich mir von dem mein Leben versauen lassen?“
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