"Ich gebe zu, dass wir keine Waisenknaben sind"
Feine Sahne Fischfilet
Die Punkband "Feine Sahne Fischfilet" tritt am Samstagabend beim Juicy-Beats-Festival auf. Beim letzten Auftritt der Gruppe in Dortmund hat der Sänger Jan "Monchi" Gorkow uns erzählt, was er von der Stadt hält, ob er sich selbst als linksextrem sieht und warum seine Eltern ihn mit 14 Jahren mal aus Dortmund abholen mussten.

Jan "Monchi" Gorkow trat mit seiner Band "Feine Sahne Fischfilet" Ende Januar im FZW auf.
Das Publikum sprang wild herum und schmiss volle Bierbecher durch die Gegend – und auf der Bühne sah es ähnlich aus. Ende Januar war "Feine Sahne Fischfilet" im FZW zu Gast und brachte Aussagen wie "Keine Zukunft für Deutschland und seine Nazis". Vor dem Konzert hatten wir mit dem Frontmann der Gruppe gesprochen.
Nasse Haare bei Feine Sahne Fischfilet im FZW
Monchi, wie beschreibst du eure Musik?
Wir machen Punkrock mit Trompeten. Mit politischen, aber auch ganz persönlichen Liedern. Wir wollen uns ganz bewusst politisch äußern, das will ich aber niemandem vorschreiben. Manchmal ist es viel peinlicher, wenn sich Leute mit irgendwelchen Aussagen schmücken, wo aber gar nix hinter steht.
Was fällt dir zuerst ein, wenn du an Dortmund denkst?
Zuerst denke ich an Borussia Dortmund, ich war früher oftmals mit Hansa Rostock dort. Und ich wurde zum ersten Mal mit 14 in Dortmund festgenommen. Das war auch bei einem Fußball-Auswärtsspiel – da mussten mich meine Eltern aus Mecklenburg-Vorpommern abholen kommen. Und das haben die auch gemacht. Ziemlich coole Eltern.
Für West-Deutschland nehme ich, was man so mitkriegt, Dortmund tatsächlich auch als Nazi-Hochburg wahr. In Dorstfeld scheinen die sehr organisiert zu sein, dazu gibt’s diese Partei "Die Rechte", die hier gegründet wurde.
Straßenabi-Tour Tag 16 DortmundOhne Worte...
Posted by
on
Seid ihr Linksextreme?
Ich glaube, dass der Begriff linksextrem nur eine Einschätzung des Verfassungsschutzes ist. Ich habe aber kein Problem mit dem Label. Ich glaube, die Leute brauchen immer irgendwelche Schubladen, um alles einzuordnen. Wie ich es in Europa mitbekomme, gibt es überall einen Rechtsruck. Die guten Menschen müssen sich zusammentun und sich dem rechten Gedankengut gegenüberstellen.
Bei unseren Konzerten kommen ganz viele verschiedene Leute zusammen, das feier' ich total. Die radikale Szene törnt mich auch oft ab, die Leute grenzen sich sehr ab und zeigen mit dem Finger auf andere. Da häng' ich lieber mit, in Anführungsstrichen, normalen Leuten ab. Ich gebe auch zu, dass wir keine Waisenknaben sind. Aber ich finde es affig, wenn Leute einen Mercedes-Benz anzünden, nur weil es ein Mercedes-Benz ist.
In einem Song singst du "Niemand muss Bulle sein".
Wenn du mal Musik gemacht und Texte geschrieben hast, weißt du, dass Texte ganz oft spontan aus dem Bauch heraus kommen und aus Gefühlen und Emotionen kommen. So denke ich, und ich bin fest davon überzeugt, dass niemand diesen Job tun und Leute abschieben muss.
Ein weiteres Zitat von euch: "Was bleibt, wenn immer nur die Guten gehen?"
Wir kommen aus einer provinziellen Gegend, und diese Frage trifft es auf den Punkt. In manchen Regionen wird es für Nazis zu einfach, Parallelgesellschaften zu gründen. Das hat etwas damit zu tun, Arbeit und ein gutes Leben zu haben. Ich habe den Song geschrieben, als ein guter Kumpel sehr viele Bewerbungen geschrieben hat, in Mecklenburg-Vorpommern aber nirgendwo genommen wurde. Also ist er nach Berlin gezogen. Das hat mich sehr beschäftigt.
Anfang des Sommers hat die Band eine Kampagne als "kulturelle Offensive in Mecklenburg-Vorpommern gegen den Rechtsruck" initiiert: "Die Kampagne soll die Menschen unterstützen, die Kultur in ländlichen Regionen schaffen und nicht danach schauen woher Menschen kommen, sondern darauf achten was sie im Herzen haben."