
© Didi Stahlschmidt
Hunderte Meter lange Wand in Dortmund jetzt für Graffiti freigegeben
Innenstadt
Schon lange war eine lange Mauer in der Dortmunder Innenstadt reizvoll für Graffitisprayer. Jetzt ist das hier legal. Allerdings kann nicht einfach jeder loslegen - denn dafür gibt es eine Bedingung.
Eine der größten freien Wände für Graffiti steht nun in der Dortmunder Innenstadt - und das auf einigen hundert Metern.
Die Straße im Schatten des U-Turms am Robert-Schumann-Berufskolleg liegt etwas versteckt und unscheinbar am Bahndamm. Dabei dient sie der Zufahrt zum Parkhaus am U sowie zu den Berufskollegs und ist eine gut frequentierte Fußwegeverbindung von der Brinkhoffstraße zum FZW.
Entlang der gesamten Straße zieht sich eine lange Betonmauer, die von Anfang an für die Graffitiszene reizvoll war. So kamen schnell die ersten illegalen Graffiti und Schriftzüge zum Vorschein. Und bei einem Künstler die Idee, aus der Mauer mehr zu machen.
Ein Tandem und der Zufall haben geholfen
„Ich dachte mir, es wäre super, wenn die Mauer für die Szene und zugleich für die Stadtgesellschaft freigegeben wird“, so Graffitikünstler Artur Lioubarsky. Über acht Monate hat es dann gedauert, bis die Projektidee umgesetzt wurde.
Dabei kam dem Ganzen ein abendlicher Zufall zu Gute: „Ich habe anfänglich mit allen im Umfeld gesprochen und versucht, den Eigentümer der Wand ausfindig zu machen“, erklärt Lioubarsky. Eines Abends fragte er am U einen alleinfahrenden Tandemfahrer, ob er ihn ein Stück mitnehmen könnte – und überraschend willigte dieser ein.
Es stellte sich heraus, dass der freundliche Fahrradfahrer der Bezirksbürgermeister Innenstadt West, Friedrich Fuß, war. Und nach anfänglichen Schwierigkeiten um die Frage nach Zuständigkeiten nahm das Projekt dann neuen Schwung auf.

An dieser Stelle gibt es eine Erklärung zur Wand, die von Bezirksbürgermeister Friedrich Fuß mit der Sprühdose unterschrieben wurde (leider schon übermalt). © Didi Stahlschmidt
Ein Antrag an die Bezirksvertretung Innenstadt-West wurde positiv entschieden und mit 3000 Euro für Materialien für soziokulturelle, pädagogische und künstlerische Projekte an der Wand gefördert. „Die Wand dient nicht nur der freien Kunst- und Kulturentwicklung, sondern dient auch der Jugendarbeit durch Schulen oder andere soziale Träger und leistet Arbeit in puncto Prävention im näheren Umfeld", sagt Lioubarsky.
Interessierte für eine künstlerische oder projektbezogene Gestaltung können eine Genehmigung auf Zeit bekommen, in der man versichert, nichts Menschenfeindliches oder Radikales zu malen und keinen Müll zu hinterlassen.
Die Straße dient auch dem Gedenken an Otto Meinecke
Dabei haben der Standort und die Straße noch eine wichtige, stadt- und gesellschaftshistorische Relevanz. Die Otto-Meinecke-Straße erinnert an den ab 1884 in Dortmund ansässigen Fabrikanten, der 1942 im KZ Sachsenhausen wegen gleichgeschlechtlicher Liebe ermordet wurde.
Dieser Aspekt des Gedenkens und der Mahnung ist ebenfalls Teil des Projektes und kann bei künstlerischen Aktionen ein inhaltlicher Aufhänger sein.

Der Blick in die andere Richtig der Straße und der Mauer. Am Ende steht man vor dem FZW. © Didi Stahlschmidt
Die Mauer wird also zukünftig einer im mehrfachen Sinne neuen Nutzung zugeführt. Neben der Kunst im öffentlichen Raum und dem geschichtlichen Auftrag ist es auch die Jugendarbeit. Und sie hat noch einen doppelten Bildungsauftrag.
„Zum einen müssen die Leute Graffiti verstehen lernen und zum anderen ist das eine gute Möglichkeit für die nächste Generation von Graffiti-Künstlern“, so Lioubarsky.
Aktuell wird die Mauer schon von Künstlerinnen und Künstlern aus Dortmund und der Region bemalt und man kann über die lange Strecke viele kreative, farbefrohe und interessant gestaltete Graffiti vieler Facetten bewundern.
Seit Februar 2007 bin ich als freier Redakteur mit der Kolumne "quer gehört" für die Bereiche Musik/ Nightlife/ Kultur/ Creativ Industries bei den Ruhr Nachrichten aktiv. Parallel arbeite ich als freier Journalist für verschiedene Magazine, Gastronomie-Führer, als freier Fotograf und als Autor und Werbe-Texter.