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Ein „Lost Place“ in Bildern: Alter Hafenbahnhof soll neuem ICE-Werk weichen
Westfaliastraße
2007 gab die Bahn den Güterbahnhof am Hafen auf. Seitdem sprießen dort Bäume - und große Pläne für eine neue Nutzung. Wir zeigen in eindrucksvollen Bildern, wie es auf dem Gelände aussieht.
Ein stattlicher Birkenwald sprießt in die Höhe, soweit das Auge reicht. Man muss schon genau hinsehen, um zwischen dem üppigen Grün noch Signale und Schienenstränge zu erkennen. Seit 14 Jahren ist hier, auf einem der einst größten Güterbahnhöfe der Region, kein Zug mehr gefahren.
Die Ausmaße sind gewaltig. 27 Hektar umfasst das Areal, das damit etwas größer ist als der Phoenix-See. Über eine Länge von mehr als zwei Kilometern erstreckt sich das mittlerweile grüne Band des früheren Güterbahnhofs entlang der Westfaliastraße, direkt westlich des Hafens.

Zwei Kilometer lang ist die überwucherte Gleisharfe des alten Güterbahnhofs Westfaliastaße gleich neben dem Dortmunder Hafen. © Hans Blossey
Der 1899 eröffnete Hafen war auch der Grund für die Anlage des riesigen Güterbahnhofs, auf dem auf mehr als einem Dutzend Gleisen Züge rangiert und neu zusammengestellt wurden. Dazu schob man die Waggons über einen sogenannten Ablaufberg und ließ sie der Schwerkraft folgend auf die Gleise rollen, auf denen die Güterzüge je nach Ziel neu zusammengestellt wurden. Gleich mehrere Stellwerke regelten den Verkehr, deren Gebäude jetzt zum Teil ebenfalls im Birkendickicht untergehen.

Mehrere alte Gebäude liegen auf dem Gelände des alten Güterbahnhofs Westfaliastraße. © Sarah Rauch
Die Ursprünge um die Jahrhundertwende sind bei den Bahngebäuden auf dem Gelände noch zu erkennen, von denen allerdings nur noch Ruinen übrig sind. Vandalismus hat über die Jahre Spuren hinterlassen. Am alten Bahnhofsgebäude an der Westfaliastraße sprießt das Grün, rundherum liegen Müll, Kleidungsstücke und vor allem Sprühdosen.

Im alten Lokschuppen haben Graffiti-Sprayer ihre Spuren hinterlassen. © RN-Archiv
Graffiti-Sprayer haben an und in den verlassenen Gebäuden ihre Zeichen, teilweise auch richtige Kunstwerke hinterlassen. Bis hin zum Lokschuppen des „Betriebswerks Dortmund Gbf.“ an der Westfaliastraße direkt am Rande der Hafenbrücke. Zuletzt wurde er als Güterwagenwerkstatt genutzt, bevor er Ende Juni 2007 endgültig aufgegeben wurde. Inzwischen gibt es kaum noch eine Glasscheibe an der eindrucksvollen Halle. Der Zugang ist verriegelt, aber die Einzäunung offensichtlich nicht unüberwindbar.
Buhlen um die attraktive Fläche
Für die Bahn als Eigentümerin schien es lange Zeit ein wahrlich vergessener Ort zu sein. Nicht allerdings für die Hafen AG und die städtischen Wirtschaftsförderer. Seit Jahren buhlen sie um die Fläche in bester Lage direkt neben den Hafenbecken und mit kurzen Wegen zur Autobahn.
Das neue Verladeterminal für Container, das jetzt weiter nördlich entstanden ist, sollte eigentlich hier entstehen. Das Vorhaben scheiterte an der Bahn. Mal wurden, wie Teilnehmer berichten, unerschwingliche Preise aufgerufen, mal meldete die Bahn Eigenbedarf an. So wurde über den Neubau eines Bahnbetriebswerks auf der Fläche spekuliert.
Im Sommer 2017 hieß es aus der Bahn-Pressestelle noch, dass man verkaufsbereit sei. Allerdings nicht sofort. Man wolle das Gelände nutzen, um Baumaterial für den Umbau des Hauptbahnhofs zu lagern, erklärt ein Sprecher auf Anfrage. Der dauert bekanntlich mindestens bis 2023.
Und die Aussage ist inzwischen auch überholt. Inzwischen steht fest, dass die Bahn das Gelände selbst nutzen will, um hier ein weiteres Instandsetzungswerk für ICE und andere Fernverkehrszüge zu bauen. Die Ausschreibung ist schon raus, sogar Personal wird schon gesucht.
Es scheint, dass die Tage des üppigen Grüns und der alten Bauten an der Westfaliastraße gezählt sind.
Der Ursprungstext und die Bilder entstanden 2017 im Rahmen einer Serie über „Verlorene Orte - Lost places“ in Dortmund. Wir haben ihn mit Blick auf die neue Entwicklung aktualisiert. Am Zustand des Areals vor Ort hat sich kaum etwas geändert.
Oliver Volmerich, Jahrgang 1966, Ur-Dortmunder, Bergmannssohn, Diplom-Journalist, Buchautor und seit 1994 Redakteur in der Stadtredaktion Dortmund der Ruhr Nachrichten. Hier kümmert er sich vor allem um Kommunalpolitik, Stadtplanung, Stadtgeschichte und vieles andere, was die Stadt bewegt.
