Auf dem Südfriedhof kennt Gerda Menge jede Ecke. Seit vielen Jahren ist die 73-jährige Dortmunderin mindestens einmal die Woche auf dem Friedhof zwischen der Kreuzstraße und der B1 unterwegs. „Hier liegen meine Eltern und sieben Tanten“, erzählt sie.
Doch seit Langem gärt der Ärger in Menge. Der Grund: „Der Friedhof ist sehr ungepflegt“, sagt sie. Und die Stadt tue zu wenig dagegen. Daher hat sie sich an unsere Redaktion gewendet.
Ortstermin an einem Freitagmittag. Wir treffen uns am Nebeneingang des Südfriedhofs, gegenüber des Schulzentrums an der Kreuzstraße. Nur wenige Meter entfernt zeigt uns Menge Beweisstück A ihrer Kritik: Im metallenen Grenzzaun des Friedhofs klafft ein Loch. „Mal sehen, wie lange sie brauchen, um das zu reparieren“, kommentiert sie spöttisch.
Damit ist sie direkt bei einem zentralen Punkt ihrer Klage: Es dauere viel zu lange, bis Schäden im Südfriedhof repariert und beseitigt werden. Bei einem Sturm vor einigen Jahren sei eine Birke gegenüber des Grabes ihrer Eltern umgefallen, quer über das Grab und hinein in den Zaun dahinter. „Den Stamm haben sie zwar schnell zersägt und den Weg und das Grab freigeräumt“, erinnert sie sich, „aber es dauerte ein gutes Jahr, bis sie die Baumkrone aus dem Zaun holten.“ Ein anderer Zaun sei sogar mehrere Jahre kaputt gewesen, bis er geflickt wurde.

Auch Vandalismus-Schäden ärgern Menge: Das Schild mit den Friedhofsregeln nur ein paar Schritte hinter dem Nebeneingang sei seit Jahren beschmiert, so dass man die Regeln kaum lesen kann.
Das gilt etwa für die Regel, dass Hundebesitzer ihre Tiere auf dem Friedhof an der kurzen Leine halten müssen. Doch daran hält sich so gut wie niemand, berichtet Menge. Oft beobachte sie frei laufende Hunde. Mit ekelhaften Folgen: „Die Hunde pinkeln auf die Gräber.“ Ein Problem, von dem auch Barbara Jung berichtet, die ein Grab in der Nähe von Menges elterlichem Grab pflegt: „Es ist nicht lustig, wenn man beim Säubern in einen Hundehaufen fasst, der unter den Blättern verborgen ist.“
Gefährliche Wege auf dem Südfriedhof
Manchmal sei der Südfriedhof für Menschen wie sie sogar gefährlich, sagt Menge. Sie führt uns in den westlichsten Teil des Friedhofs, wo eine ihrer Tanten begraben liegt. Hier gibt es keine gepflasterten Wege, sondern nur solche aus verdichtetem Steinsplitt.
Im Laufe der Jahre seien diese Wege immer schlechter geworden, beklagt Menge: Inzwischen haben sich zahlreiche Steine aus dem Boden gelöst und seien nun Stolperfallen für Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind. „Der ist so steinig, dass man sich fast die Knochen bricht“, meint Menge, die selbst eine Schiene am Bein trägt. Oft gehe sie über die benachbarte Wiese, weil sie auf dem Weg Angst vorm Stolpern hat.

Der schlechte Zustand des Südfriedhofs sei Gesprächsstoff unter weiteren Besuchern, sagt Menge. So habe sie einmal eine alte Dame angesprochen. Sie wohne in der Nachbarschaft und gehe hier gerne spazieren. „Aber meinen Mann habe ich nicht hier hingelegt“, soll sie laut Menge gesagt haben. Der liege stattdessen auf dem Hauptfriedhof begraben, dieser sei viel gepflegter.
Vor zwei Jahren hatte Menge alle Mängel, die sie ärgerten, per E-Mail der Friedhofsverwaltung zukommen lassen. Dort bedankte man sich zwar höflich für die Mail und sagte, man wolle die angesprochenen Punkte prüfen. Doch auf die versprochene Rückmeldung zu den Ergebnissen der Prüfung wartet sie bis heute.
Kein Geld von Stadtteil-Politik
Stadtsprecherin Alexandra Schürmann bestätigt, dass Menge keine Antwort geschickt worden sei: „Leider können wir heute nicht mehr nachvollziehen, wo es damals gehakt hat.“ Man habe damals jedoch unmittelbar reagiert und „Kontakt zum zuständigen Meister und Vorarbeiter vor Ort aufgenommen.“ Man habe „die Mängel, so weit wie möglich, beseitigt“. Doch dabei handelte es eher um Kleinigkeiten wie einen falsch angebrachten Wasserhahn, nicht um die größeren Missstände.
Beim Steinweg, der Menge zu gefährlich ist, verweist die Stadtverwaltung auf die Stadtteil-Politik: „Bei der Bezirksvertretung Innenstadt-West wurden für das laufende Jahr Mittel für ausgewählte Wegebaumaßnahmen (80.000 Euro) auf dem Südfriedhof beantragt, welche allerdings nicht bewilligt wurden.“ Man nehme für 2024 einen neuen Anlauf.
Stadt: Südfriedhof ist nicht besonders ungepflegt
Insgesamt seien in den vergangenen Jahren rund 600.000 Euro pro Jahr in Wegebaumaßnahmen auf den 32 städtischen Friedhöfen in Dortmund gesteckt worden, schreibt Stadtsprecherin Schürmann: „Doch es kommen ständig neue Schäden hinzu, der Handlungsbedarf auf den vielen Kilometern Wegenetz ist teilweise hoch, und auch die personellen Ressourcen des Eigenbetriebs Friedhöfe sind limitiert - ebenso wie die Kapazitäten der Firmen, die im Auftrag des Eigenbetriebs arbeiten.“ Dies führe zu Verzögerungen bei den Sanierungsprojekten.
Für die Stadt ist der Südfriedhof nicht außergewöhnlich ungepflegt: „Der Zustand des Südfriedhofs ist vergleichbar mit denen der weiteren 31 städtischen Friedhöfe.“ Dennoch sieht man auch in der Stadtverwaltung, dass es „in den vergangenen Jahren vermehrt zu Schäden durch Vandalismus, Graffiti oder Ähnlichem gekommen“ sei.

„Seit der Coronazeit ist zu beobachten, dass viele Menschen aus dem Umfeld den Friedhof als grüne Oase für sich entdeckt haben“, schreibt Schürmann. „Das ist sehr erfreulich und absolut gewollt - jedoch hält sich ein kleiner Teil der Besucherinnen und Besucher nicht an die Regeln und schadet so dem Friedhof.“
Immer wieder sprechen Friedhofsmitarbeitende beispielsweise Friedhofsbesucher an, die ihre Hunde frei laufen lassen und verwiesen auf die Leinenpflicht, so Schürmann. „Teilweise reagieren die Angesprochenen aggressiv.“
Gerda Menge hofft, dass künftig alle Beteiligten besser auf den Südfriedhof achten: „Er ist ein Naherholungsgebiet, den muss man pflegen.“
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