Die Stadt Dortmund verwaltet noch immer über 1000 Dauerlegat-Grabverträge – seit 1998 für sie ein Minus-Geschäft.

© Dieter Menne (Archiv)

Grabpflege-Ärger: Erben kämpfen mit Friedhof um Geld

rnDauerlegat-Verträge

Von vier Prozent Zinsen können Sparer derzeit nur träumen. Die Stadt zahlt sie auf Guthaben von Grabpflegeverträgen. Doch in manchen Fällen wird das Geld nie aufgebraucht – zum Ärger der Erben.

Dortmund

, 05.04.2021, 06:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Uwe-Jürgen Hesse ist am Ziel. Elf Jahre lang lag er mit der Dortmunder Friedhofsverwaltung im Clinch über das Restguthaben von rund 1400 Euro aus einem Grabpflegevertrag mit der Stadt. Jetzt hat er die Zusage, dass er im Mai 2021 das Geld ausgezahlt bekommt. Andere mit ähnlichen Verträgen kämpfen weiter.

Bis zum Jahr 2006 gab es die Möglichkeit, zu Lebzeiten mit der Stadt Dortmund einen sogenannten Dauer(Legat-)Grabpflegevertrag auf städtischen Friedhöfen abzuschließen. In diesem Vertrag werden die Arten der Grabpflegeleistungen für einen bestimmten Zeitraum festgelegt.

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Der Auftraggeber zahlt einen einmaligen Geldbetrag im Voraus, der auch verzinst und von der Stadt treuhänderisch verwaltet wird. Die Höhe des Betrages richtet sich nach der Laufzeit des Vertrages und dem Umfang der gewünschten Grabpflegeleistungen, die von der Stadt an ortsansässige Gärtnereibetriebe vergeben und kontrolliert werden.

Ruhezeit ist kein Kriterium

Der Vater von Uwe-Jürgen Hesse hatte das Dauerlegat 1996 in Höhe von 5000 DM abgeschlossen mit vier Prozent Verzinsung jährlich. Im Jahr 2000 starb er, im Mai 2021 läuft der Nutzungsvertrag für die Grabstätte aus. Doch die Stadt wollte das Restguthaben des Dauerlegats zunächst nicht auszahlen.

Denn das Ende des Nutzungsvertrags ist dafür kein Kriterium. Er regelt nur die Ruhezeiten in dieser Grabstelle. Der Dauerlegat-Grabpflegevertrag läuft so lange, bis das Guthaben (Kapital und Zinsen) aufgebraucht ist. Das bedeutet, dass das Grab weiter gepflegt wird, auch wenn der Nutzungsvertrag längst erloschen ist.

Im Fall von Uwe-Jürgen Hesse wäre das Guthaben nach Berechnung der Stadt erst im Jahr 2031 aufgebraucht, doch die Friedhofsverwaltung hat in seinem Fall eingelenkt – wohl wegen Hesses anhaltender Hartnäckigkeit und der bereits aufgehäuften Aktenbergen mit Schriftwechseln. Allerdings gibt es noch mehr als 1000 weitere Dauer-Grabpflege-Legate, darunter welche mit deutlich höheren Guthaben.

Kein Anspruch auf vorzeitige Auszahlung

Wie beim Grabpflegevertrag der verstorbenen Tante von Margret Veith. Auch die Alleinerbin musste erfahren, dass es keinen Anspruch auf vorzeitige Auszahlung gibt; denn laut Stadt – durch Gerichtsurteile abgesichert – ist Sinn und Zweck eines Dauerlegat-Grabpflegvertrags die Unkündbarkeit durch Dritte, zum Beispiel durch Erben.

Die Tante von Margret Veith wurde 2002 auf dem Südfriedhof beigesetzt. Sie hatte den Dauerlegat-Vertrag 1991 abgeschlossen – in Höhe von 11.200 DM. Bis Ende 2020 war das Guthaben, aufgestockt durch die Zinsen, bereits auf 10.380 Euro, also fast das Doppelte angewachsen. Der Nutzungsvertrag für das Grab läuft bis 2028, die Pflege aber weiter.

„Es besteht keinerlei Aussicht, dass die Summe jemals aufgebraucht wird. Die Zinsen sind höher als das, was durch die Bepflanzung heruntergeht“, sagt Margret Veith.

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Deshalb hat sie bei der Stadt angefragt, ob sie die Grabpflege etwa durch eine neue gärtnerische Anlage aufstocken kann. Aber auch solche Änderungen sind – streng genommen – nachträglich nicht möglich. Sich einen Teil des Guthabens (5000 Euro) auszahlen zu lassen, wie Margret Veith der Friedhofsverwaltung auch vorgeschlagen hat, geht ebenso wenig.

Erbschein verlangt

Margret Veith ist selbst 73 Jahre alt und möchte zumindest sicherstellen, dass ihr Sohn im Fall des Falles ihre möglichen Ansprüche erbt. Dazu muss sie aber erst mal selbst einen Erbschein bei der Stadt vorlegen, den sie aber nicht hat und nach eigener Aussage bislang auch nicht brauchte, weil alles vorab geregelt gewesen sei.

Und bei dem Formular für den Dauerlegat-Grabpflegevertrag habe es keine Spalte für den Eintrag von Erben gegeben, sagt sie: „Sonst wäre ich eingetragen worden.“

Seit 1998 muss die Stadt zuschießen

Für die Stadt Dortmund sind die Legatkonten seit 1998 ein Minus-Posten. Seitdem reichen die Zinserträge der Finanzanlage nicht mehr aus, um die vereinbarte Verzinsung der Legatkonten und die Verwaltungskosten zu erwirtschaften.

Grund ist die anhaltende Niedrigzinsphase. Um weiterhin die vertraglichen Verpflichtungen aus den heute noch 1036 laufenden Verträgen erfüllen zu können, muss die Stadt jedes Jahr Geld zuschießen, im vergangenen Jahr 450.000 Euro.

Margret Veith hat nun versucht, nach fast 20 Jahren beim Amtsgericht an einen Erbschein zu kommen, in der Hoffnung, dass die Stadt dann auch in ihrem Fall einlenkt. Doch wegen Corona, sagt sie, komme sie auch bei Gericht zurzeit nicht weiter – und wartet deshalb erst mal ab, ob Uwe-Jürgen Hesse tatsächlich seinen Restbetrag von der Stadt ausgezahlt bekommt.