Bebauungsplan von „Anno dazumal“ Warum eine Logistik-Ansiedlung nur Hilflosigkeit provoziert

Hillwood-Ansiedlung basiert auf einem Bebauungsplan von „Anno dazumal“
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Nur ein paar Wochen noch, dann rollen die ersten Lastzüge zum Logistikzentrum des US-Unternehmens Hilllwood in Lünen-Brambauer. Kaum ein Jahr ist dann vergangen seit dem Baubeginn an der 14.200 Quadratmeter großen Halle mit Großkühlhaus.

Aus Sicht des Logistikers ist die neue Niederlassung an der Stadtgrenze zu Dortmund einer seiner kleineren Standorte. Aus Sicht der Stadt Lünen ist es gewiss keine unerhebliche Ansiedlung. Schließlich sollen laut Betriebsbeschreibung im Bauantrag bis zu 180 Arbeitsplätze entstehen. Und es winken Einnahmen aus Gewerbesteuern.

Für die Menschen in Lünen-Brambauer sowie den Dortmunder Stadtteilen Schwieringhausen und Holthausen aber ist es eine Belastung. Denn egal über welche Route, durch welchen Stadtteil die Lastzüge fahren: Sie werden Lärm erzeugen, die Luft verschmutzen und Straßen(kreuzungen) verstopfen. Die Auffahrt auf die Autobahn A2: 9,9 Kilometer entfernt, der Dortmunder Containerhafen 8,7 Kilometer. So steht es in einem Imageflyer von Hillwood.

B-Plan aus einer anderen Zeit

Logistik an der Stadtgrenze – in einem kleinen Gewerbe- und Industriegebiet, zu dem schmale innerstädtische Straßen führen. Ob das die Lüner Politiker und Stadtplaner so auf dem Schirm hatten, als sie den Bebauungsplan verabschiedeten? Wohl kaum.

Der B-Plan ist von 1981, die bis heutige gültige Fassung aus dem Jahr 1989. Damals war die nahegelegene Zeche Minister Achenbach noch in Betrieb. Erst im November 1989 fiel langsam der Eiserne Vorhang, mit erst dann folgenden intensiven Warenverkehren zwischen Ost und West. Es war eine Zeit, als Logistik noch nicht die Branche mit den drittmeisten Beschäftigten in Deutschland war.

In den 80er/90er Jahren entstanden Gewerbegebiete, um Handwerk und Gewerbe zeitgemäßen Platz außerhalb von Hinterhöfen und dichter Bebauung anzubieten. Strukturwandel – als Zechen dicht machten. Und genau so sieht es rund um das Hillwood-Unternehmensgelände auch aus: Kfz-Handel, Werkstatt, eine kleine Spedition, ein Bordell, ein Gerüstbauer und ein Recyclingbetrieb für Mineralstoffe haben ihre Adresse an der Straße Alte Herrenthey.

Einigermaßen hilflos sind die Ratsvertreter: Mehr als Anfragen an ihre Stadtverwaltngen stellen können Torsten Heymann aus Dortmund und Hans-Michael Haustein aus Lünen nicht.
Einigermaßen hilflos sind die Ratsvertreter: Mehr als Anfragen an ihre Stadtverwaltngen stellen können Torsten Heymann aus Dortmund und Hans-Michael Haustein aus Lünen nicht. © Uwe von Schirp

Direkt am Anfang liegt das lange Zeit unbebaute 16.231 Quadratmeter große Grundstück. Hillwood habe es von einem Privateigentümer gekauft, heißt es. „Er ist wohl der einzige richtige Gewinner in diesem Projekt“, sagt Lünens SPD-Ratsherr Hans-Michael Haustein. Meint: Der Vorbesitzer hat die Scholle in einem Stück vermarktet – und ist wohl aller Folgeprobleme ledig.

Die Stadt Lünen erklärt, die Baugenehmigung auf Basis eines gültigen Bebauungsplans erteilt zu haben. Das Gewerbe- und Industriegebiet Alte Herrenthey ist schließlich seit Jahrzehnten im Landesentwicklungsplan und im Regionalplan Ruhr. Das ist ebenso richtig, wie juristisch unanfechtbar.

Über den 35 Jahre alten B-Plan hat es aktuell keinen politischen Diskurs gegeben. Keine frühzeitige Beteiligung nach dem Baugesetzbuch, bei der Anwohner Fragen und Bedenken hätten formulieren können. Bei der auch die Stadt Dortmund als Nachbarkommune hätte beteiligt werden müssen. All das ist vorgeschrieben, wenn ein Bebauungsplan neu aufgestellt oder geändert wird.

Es ist indes niemand auf die Idee gekommen, den B-Plan Alte Herrenthey an heutige Rahmenbedingungen anzupassen. Das ist nicht nur Aufgabe einer Stadtverwaltung. Der Impuls hätte durchaus auch aus der Politik kommen können. Erst als man gewusst habe, wer sich da ansiedele, sei klar geworden, dass es „doch zu enormen Problemen kommen kann“. Auch das sagt Ratsvertreter Haustein aus Brambauer.

Nun ist es zu spät. Anfragen wollen die Ratspolitiker an die Stadtverwaltungen von Lünen und Dortmund stellen. Mehr bleibt ihnen aktuell nicht – so stinksauer Bürger in Schwieringhausen, Holthausen und Brambauer auch sind.