Ansiedlung von Hillwood-Logistik in Lünen Dortmunder sind stinksauer – Politiker recht ratlos

Hillwood in Lünen: Schwieringhausener sind sauer – Politiker ratlos
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Der Unmut ist groß. Verlust an Lebensqualität droht. Dafür mehr Verkehr, mehr Lärm, mehr Gefahren. Rund 170 Menschen leben hier am Dortmunder Stadtrand. Drum herum: Felder, Weiden, Wald, Streuobstwiesen, ein Naturschutzgebiet, der Dortmund-Ems-Kanal – und ganz am Rand die Autobahn.

Die A2 indes ist nicht der Grund für den Unmut. Alteingesessene erzählen gar ein wenig stolz, dass hier die Autofahrer weiland die provisorische Abfahrt von der Autobahn genommen haben. Das war direkt nach dem 2. Weltkrieg, als die Autobahnbrücke über den Kanal noch zerstört war.

80 Jahre später droht ganz anderer Ärger – von jenseits der Autobahn und von jenseits der Stadtgrenze zu Lünen. Und der Ärger hat einen Namen: Hillwood, ein us-amerikanischer Spezialist für Gewerbeimmobilien. An der Ecke Elsa-Brändström-Straße und der Straße Alte Herrenthey hat Hillwood ein Logistikzentrum mit Großkühlhaus und einer Hallenfläche von 14.200 Quadratmetern errichtet.

Logistikhallen fertiggestellt

Nach knapp einem Jahr Bauzeit sind die Logistikhallen fertiggestellt. Noch im dritten Quartal 2024 will das Unternehmen mit rund 180 Arbeitskräften seinen Betrieb aufnehmen. Die Menschen in Lünen-Brambauer und den Dortmunder Stadtteilen Schwieringhausen und Holthausen müssen dann täglich mit 352 Lkw-Fahrten zwischen 6 und 22 Uhr sowie weiteren 32 in der Nacht leben. So steht es in der Verkehrsuntersuchung zum Bauantrag.

Deswegen treffen sich 40 Anwohner aus dem kleinen Schwieringhausen an diesem Freitagabend (9.8.2024) an der Alfred-Lange-Straße. Eingeladen zu dem Treffen hat Werner Locker – „als einer, der weiß, was man tun muss“. Der Schwieringhauser war bis 2013 Fraktionsvorsitzender der SPD in der Mengeder Bezirksvertretung und ist immer noch bestens vernetzt.

„Ich sehe genau, was für ein Mist auf uns zukommt“, erklärt er im Gespräch mit unserer Redaktion. „Es wird nicht weniger an Verkehr, sondern mehr. Und wen ich diesen Hillwood-Klotz sehe, muss ich fragen, warum.“

Hillwood-Logistikhalle an der Straße Alte Herrenthey in Lünen.
Die Logistikhalle von Hillwood ist 14.200 Quadratmeter groß. Noch in diesem Quartal soll sie in Betrieb gehen. © Uwe von Schirp

Eingeladen hat Locker nicht nur seine Mitbürgerinnen und Mitbürger, sondern auch SPD-Ratsmitglieder aus Dortmund und Lünen: Torsten Heymann aus Mengede sowie Hans-Michael Haustein und Peter Korte aus Brambauer.

„Wer ein bisschen Ahnung hat, der weiß, dass die 38-Tonner an der evangelischen Kirche in Brambauer nicht um die Kurve in Richtung Brechten kommen“, sagt Werner Locker. „Und dann ist das Theater, sie fahren hier über Schwieringhausen.“ Dort ist das Profil der Alfred-Lange-Straße und in südlicher Verlängerung der Holthauser Straße jedoch schmal. „In Holthausen haben Lastzüge schon im Graben gelegen“, erzählt Locker. „Das ist das Problem.“

Dass in ein paar Jahren die Schwieringhauser Brücke über den Dortmund-Ems-Kanal erneuert und für den motorisierten Verkehr wieder frei gegeben ist, ist keine Option. Auch die Schwieringhauser Straße und Altmengeder Straße sind schmal. Der Schwerlastverkehr würde durch die Bauernschaft und das angrenzende Naturschutzgebiet rollen – für die Anwohner des kleinen Stadtteils ein „No-Go“.

Durch die seit vier Jahren gesperrte Kanalbrücke ist der Busverkehr eingeschränkt. Mit Folgen für Schulkinder: Von Sonderfahrten am frühen Morgen und Mittag abgesehen, müssen sie zumindest einmal am Tag die Alfred-Lange-Straße überqueren. „Hier ist jetzt schon so viel Verkehr“, erklärt ein Vater verärgert. „Das ist gefährlich.“ Mehr noch: Elsa-Brändström-Straße und Alfred-Lange-Straße haben im Bereich der Autobahnbrücke nicht auf beiden Seiten durchgehende Fußwege.

Werner Locker mit Anwohnern vor einem Feld in Schwieringhausen.
Werner Locker hatte das Anwohner-Treffen in Schwieringhausen initiiert. © Uwe von Schirp

Initiator Werner Locker fordert, auf Lüner Stadtgebiet für verkehrliche Entlastung zu sorgen: etwa durch eine Verbindungsstraße zwischen Elsa-Brändström-Straße und Zechenstraße im Gewerbegebiet Achenbach. Eine solche Stichstraßenlösung haben ähnlich bereits die CDU-Ortsunion Lünen-Brambauer sowie die Grünen aus Eving und Mengede bei einer Anwohnerversammlung zu gleichem Anliegen in Holthausen gefordert.

Das Lüner Ratsmitglied Hans-Michael Haustein zeigt durchaus Verständnis für die Sorgen der Schwieringhauser, insbesondere mit Blick auf die Verkehrsgefahren für Kinder. Er sieht Politiker in beiden Städten gefordert. Sie könnten nur mit Anfragen in den Stadtverwaltungen versuchen, „die Verkehrsführung sowohl für Schwieringhausen als auch für Brambauer anders zu lösen“, erklärt er im Gespräch mit unserer Redaktion.

Keine Königslösung

Den gesamten Verkehr zu entzerren sei wichtig und vor allem „den LKW-Verkehr so zu leiten, dass er die Anwohner nicht stärker belästigt, als es unbedingt sein muss“. Eine Königslösung gebe es indes nicht. Der Bebauungsplan, auf dessen Basis Hillwood die Baugenehmigung erhalten hat, ist seit 1981 in Kraft. Zuletzt hat ihn der Lüner Stadtrat 1989 geändert.

Die Ansiedlung ist quasi ohne Diskussion in der Politik erfolgt. „Erst im Nachhinein ist klar geworden, dass es zu enormen Belastungen kommen kann, als man wusste, welches Unternehmen sich da ansiedelt“, sagt Hans-Michael Haustein. Die anderen Unternehmen – Handwerksbetriebe, Gewerbetreibende und ein Bordell – seien „relativ unproblematisch“.

Hans-Michael Haustein und Peter Korte
Die Lüner Ratsmitglieder Hans-Michael Haustein (li.) und Peter Korte diskutierten mit den Dortmunder Anwohnern. © Uwe von Schirp

Dortmunds Ratsvertreter Torsten Heymann will ebenfalls im Ratsausschuss eine Anfrage stellen, „in welcher Form wir noch eingreifen können, eine Verkehrsführung gescheit hinzubekommen“, die die Anlieger „möglichst entlaste“. Aus seiner Sicht habe die Stadt Lünen baurechtlich „nichts verkehrt gemacht“, aber die Entwicklung „ein wenig verschlafen“.

Zuversichtlich wirken die Ratsmitglieder nicht – eher ratlos. Wie auch? Ihre Handlungsmöglichkeiten, das wird den Schwieringhauser Anwohnern an diesem Abend schnell klar, sind begrenzt.

Initiator Werner Locker ist dennoch zufrieden. Das Treffen habe „erstmal Betroffenheit hergestellt“ und die Schwieringhauser „auf Stand gebracht“. Mit ein paar Bürgern werde er in absehbarer Zeit in einer „Bezirksvertretungssitzung aufschlagen. Und dann wollen wir mal gucken, was sie sagen“.