Hilferuf aus dem Kreuzviertel: „Es ist ein Drogen- und Saufplatz“

© Felix Guth

Hilferuf aus dem Kreuzviertel: „Es ist ein Drogen- und Saufplatz“

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Sonnenplatz, Möllerbrücke und Westpark sind ein Dortmunder Party-Dreieck. Für Menschen, die im Umfeld wohnen, ist das belastend. Ein Gespräch mit Anwohnern, die die Nase voll haben.

Dortmund

, 13.07.2021, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Es ist Juli und es regnet in Dortmund. Für die Bewohner eines Hauses direkt am Sonnenplatz ist das ein guter Tag.

„Das hätte ich nie gedacht, dass ich mich da mal drüber freuen würde“, sagt Herr K. Er sitzt mit sechs anderen Bewohnerinnen und Bewohnern des Hauses in einem Gemeinschaftsraum. Regen bedeutet, dass sie für einige Stunden ihre Ruhe haben.

Nachbarn befürchten Ärger mit den Leuten vor der Tür

Herr K. möchte wie alle am Tisch nicht identifizierbar sein, denn er befürchtet Ärger mit den Menschen vor seiner Haustür. Zu viele Situationen hätten alle hier schon erlebt, in der aus dem Ärgernis eine Gefahr geworden sei.

Das Treffen mit den Sonnenplatz-Bewohnern gleicht einer Therapiestunde. Hier ist zwar niemand krank. Aber sie alle brauchen jemanden, der ihnen zuhört. So reden sie über eine Stunde lang über das, was sie bewegt hat in den vergangenen Wochen, Monaten, Jahren.

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Die Menschen, die hier sitzen sind, zwischen Anfang 20 und Ende 80. Ein Mann ist hier geboren, die Familie einer Frau lebt in dritter Generation am Sonnenplatz.

Eine Teilnehmerin, Frau R., nennt das Gespräch einen „Hilferuf“ und wünscht sich „systemische Lösungen“. Die Gruppe benennt mehrere Probleme. Sie sind unterschiedlichen Ursprungs.

Unterschiedliche „Szenen“ treffen sich am Sonnenplatz

Laut K. beginnen viele Tage schon mit unangenehmen Erlebnissen. „Die Bänke sind hier schon reserviert wie die Liegen auf Mallorca“, sagt er. Am Sonnenplatz sitzen dann Menschen, die der sogenannten Trinker-Szene zugeordnet werden könnten.

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Im Laufe des Tages wechsle die Szene dann zu trinkenden Jugendlichen und zu offenem Drogenhandel an der Laderampe des Rewe-Supermarkts. „Es ist ein Drogen- und Saufplatz“, sagt Herr K.

Den Platz unter Erdgeschoss-Balkonen nutzten viele Besucher des Platzes zur Verrichtung der Notdurft. Die, die man anspreche, verhielten sich respektlos und rücksichtslos.

Warum wegziehen für viele keine Option ist

„Dann zieht doch weg“ – das ist ein Argument, dass die Anwesenden hier häufig zu hören bekommen.

„Aber du kannst ja jetzt nicht das Feld räumen. Hier hat man doch auch die gesamte Struktur fürs hohe Alter“, sagt K., Anfang 60. Er gönne den jungen Menschen ihr Vergnügen. Aber er fragt sich, warum das nicht mit mehr Rücksicht auf das Wohnumfeld möglich sei.

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Frau R. betont: „Wir alle wussten, dass wir in ein Viertel mit Ausgehcharakter gezogen sind.“ Aber beginnend mit den Silvesterfeiern an der Möllerbrücke vor einigen Jahren habe sich eine Feierkultur entwickelt, die außer Kontrolle geraten sei.

Nächtliches Dauer-Schreien, überlaute Musik und eine mit Glas übersäte Möllerbrücke am Sonntagmorgen seien Ausdruck davon.

„Die meisten, die Theater machen, sind nicht hier aus dem Viertel.“

Dabei stelle sie einen Austausch des Publikums zwischen Westpark, Möllerbrücke und Sonnenplatz fest, auch wenn hier ganz unterschiedliche Szenen zusammenfänden. „Die meisten, die Theater machen, sind nicht hier aus dem Viertel“, sagt R..

Die „Therapiestunde“, bei der die Anwohnerinnen und Anwohner ein nachvollziehbares Unwohlsein mit gewissen Situationen schildern, hat viele konstruktive Elemente. Unter der Sonnenplatz-Nachbarschaft gibt es durchaus Ideen, was helfen könnte.

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Einige halten etwa eine Art Nachtwächter und einen Park-Verantwortlichen für eine Lösung. Mehr Licht, mehr Polizeipräsenz, ein Alkoholverbot und Videoüberwachung sind andere, mutmaßlich schwieriger umzusetzende Vorschläge.

Große Hoffnung darauf, dass sie realisiert werden, haben die Nachbarn nicht. „Es dreht sich seit Jahren im Kreis“, sagt Frau R. und fügt hinzu: „Es wird sich nichts ändern.“

Dieser Pessimismus ist das letzte Anzeichen dafür, dass es am Sonnenplatz ein Problem gibt.

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