
© Oliver Schaper (Archivbild)
Kämpft um den Westpark - Krawallmacher raus
Meinung
Am Westpark kam es zuletzt zu schweren Straftaten. Das macht einigen Menschen Angst. Und es bedroht ein Dortmunder Kulturgut. Alle müssen mithelfen, es zu retten, findet unser Autor.
Der Westpark ist Dortmunds einzige größere Grünfläche im unmittelbaren Einzugsgebiet der Innenstadt. Er ist gleichzeitig eine der letzten funktionierenden Utopien in Dortmund. Er steht seit Jahrzehnten für ein Miteinander ganz unterschiedlicher Menschen.
Hier findet der Normalo seine Ruhe und der Freak fühlt sich nicht allein. Hier koexistieren Sportler und Trinker, hier spielen Kinder und Senioren. Zu normalen Zeiten ist das einer der friedlichsten Orte, die man sich vorstellen kann. Trotz aller Grenzsituationen, die es über die Jahre gab, die der Park aber alle überstanden hat.
Der tödliche Schuss schockiert - und kann einiges ändern
Dass hier ein Mensch durch einen Schuss tödlich verletzt worden ist, ist auch mehrere Tage danach nicht ganz zu begreifen. Ein junger Mensch - aus dem Haus gegangen, um nach langer Zeit wieder zu feiern - kehrt nicht mehr zurück. Ein junger Mensch mit Eltern, vielleicht Geschwistern, mit Freunden.
Wie kann ein Streit so eskalieren und warum tragen Menschen Schusswaffen mit sich herum? Das sind Fragen, die in Gesprächen mit Dortmunderinnen und Dortmundern zu dem Thema immer wieder auftauchen.
Es sind dieselben Fragen, die auch nach der tödlichen Messerattacke unter Jugendlichen am Bahnhof Hörde 2018 aufkamen und bei anderen Tötungsdelikten in Dortmund. Die wie damals nur unbefriedigend beantwortet werden können.
In einer Großstadt passieren solche Dinge eben, entgegnen viele. Das ist wahr. Das sollte aber nicht ausblenden, dass die Hemmschwelle für extreme Gewalt insgesamt gesunken zu sein scheint.
Kontakt nach dem Lockdown fühlt sich ungewohnt an
Die lange Corona-Phase dürfte ihr Übriges dazu beigetragen haben. Es drängt viele nach zwischenmenschlichem Kontakt – dazu gehören allerdings auch Konflikte. An große Menschgruppen müssen sich alle nach der langen Lockdown-Phase ohnehin erst noch wieder gewöhnen.
Der Westpark ist nicht gefährlicher geworden, sagen die Polizei und auch viele Anwohnerinnen und Anwohner. Aber das soziale Gleichgewicht im Park und um ihn herum befindet sich in einer heiklen Phase. Kann der Park der offene Treffpunkt bleiben, der er ist? Oder benötigt es ein komplettes Umdenken? Mit strengen Regeln?
Die Entscheidung sollte aus meiner Sicht für die Utopie fallen. Aber dabei müssen alle mithelfen. Es muss ein deutliches Zeichen geben, dass der Westpark den friedlichen Menschen gehört. Die überhaupt kein Interesse an Konflikten haben oder daran, Nachbarn zu stören.
„Möllern“ ist nichts für Krawallmacher
Es müsste ein Selbstreinigungsprozess in Gang gesetzt werden, der klar macht, dass „Möllern“ oder im Westpark Sitzen nichts mit Krawall zu tun hat. Die Aufgabe ist nicht ganz einfach. Denn es handelt sich bei der Mehrheit der Menschen im Westpark nicht um eine feste, klar umrissene „Szene“, sondern um viele kleine Sub-Sub-Subkulturen und Cliquen.
Vielleicht helfen deutlich sichtbare Regeln, vielleicht eine Demo, vielleicht eine Art Park-Management - es gibt jedenfalls Ansatzpunkte, die diskutiert werden sollten.
In Dortmunds Innenstadt fehlt es an Freiraum
Einen weiteren Punkt macht die aktuelle Diskussion um den Westpark mehr als deutlich. Gerade in einer Zeit ohne echte Chance auf Aktivitäten im Inneren ist Freiraum in Dortmund ein so begehrtes wie begrenztes Gut.
Dortmund ist in Summe sehr grün, die Innenstadt aber ist stark verdichtet. Deshalb ballt sich vieles im Westpark, dem deutlich kleineren Tremoniapark oder aktuell auch auf dem wesentlich weitläufigeren Phoenix-West-Gelände.
Stadtplanung der Zukunft muss deshalb auch solche Freiräume stärker im Blick haben. Es braucht Alternativen zum Westpark. Die in dem Bewusstsein geplant werden, dass es hier Freiraum für Bewegung und Kreativität gibt. Möglicherweise auch in einer gewissen Lautstärke.
Seit 2010 Redakteur in Dortmund, davor im Sport- und Nachrichtengeschäft im gesamten Ruhrgebiet aktiv, Studienabschluss an der Ruhr-Universität Bochum. Ohne Ressortgrenzen immer auf der Suche nach den großen und kleinen Dingen, die Dortmund zu der Stadt machen, die sie ist.
